Die Reden zum Ostermarsch Hemer - Iserlohn 16.04.2022

Redebeitrag Katja Schönenberg

We still have a dream – unter diesem Motto möchte ich sie alle im Namen des FriedensPlenums Iserlohn und des Friedensbündnisses Hemer zum Ostermarsch am Karsamstag herzlich Willkommen heißen. Ebenso freuen wir uns auf alle, die sich auf dem Weg befinden, um zu uns zu stoßen.

Am Ende werden wir gegen 12.45h auf dem alten Rathausplatz in Iserlohn mit einer Kundgebung mit mehreren Redebeiträgen enden. Jede und jeder, der gerne etwas sagen möchte, kann dies dann in Iserlohn tun. Ich möchte mich vorab bei allen Helfern bedanken sowie bei der Polizei, die uns sichern und begleiten wird. Wir wollen gemeinsam ein Zeichen für den Frieden und gegen Krieg und Terror setzen. Wir haben noch einen Traum von einer friedlicheren und gerechteren Welt.

Angelehnt an das weltberühmte Zitat von Martin Luther King „I have a dream“ aus seiner Rede von 1963 in Washington DC , wo er über seinen Traum und sein Ziel einer freien und gerechten Gesellschaft für alle Menschen – egal welcher Hautfarbe und Herkunft- sprach, möchte ich von damals ins jetzt mit Ihnen gehen. Martin Luther King war Baptistenpastor und vertrat neben seiner Glaubensüberzeugung der gelebten Nächstenliebe die gewaltfreie Lehre von Mahatma Gandhi. 100Tausende Inder maschierten durch seinen Aufruf der gewaltlosen Revolution 1930 über 200 km an das Meer, um selbst Salz zu gewinnen und haben so gegen die überhöhte Salzsteuer der der Briten ihren friedlichen Ungehorsam gezeigt- mit Erfolg. Mahatma Gandhi führte Indien so nach dem Prinzip der Gewaltlosigkeit auf den Weg in die Unabhängigkeit von GB.

Einen Satz, den Mahatma Gandhi lebte, möchte ich hier vorlesen : „ Es gibt keinen Weg zum Frieden, Frieden ist der Weg.“ Diese Haltung war Grundgedanke des Zusammenschluss von Staaten dieser Welt, die nach den beiden schrecklichen Weltkriegen im Juni 1945 durch die Unterzeichnung der „Charta der Vereinten Nationen“ eine internationale Organisation zum Erhalt des Weltfriedens schaffen wollten.

Die UN – Charta stetzte sich folgende Ziele: ich lese Ausschnitte vor:

den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu bewahren und ...um Bedrohungen des Friedens zu beseitigen, Angriffshandlungen oder Streitigkeiten durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechtes zu bereinigen oder beizulegen.

Friedliche Mittel sind keine Waffen! Aber was ist das Papier heute noch wert, was die vielen Unterschriften von Ländern, die wie selbstverständlich diese Grundsätze der Gerechtigkeit und des Völkerrechtes unterwandern und brechen?

Durch die Geschichte wissen wir alle -und nicht nur seit dem Angriffskrieg vom 24.02.2022 , dass die Bedrohung durch Kriege und Waffen ein stetiger Begleiter für die Menschen auf dieser Welt war und ist.

Das Europa nun so bedroht ist, holt vor allem in Deutschland alte Bilder ins Gedächnis. Die Friedensbewegung, die jede Gewaltanwendung ablehrt, ist besonders aktiv geworden, als der Nato- Doppelbeschluss das Wettrüsten anheizte und im „ Kalten Krieg “ die Angst vor Atomwaffenkonflikten spürbar war. Die Grundhaltung der Gewaltfreiheit hat sich auch bei der Gründung das Friedensbündnis Hemer zur Bedingung gemacht. Ich stehe jetzt hier als Vertreterin dieses Bündnisse – wir sind für ein friedvolles , tolerantes Zusammenleben in unserer Stadt und gegen Krieg , Terror , Rassismus- überall auf der Welt. Aber gerade aus aktuellem
Anlass solidarisieren wir uns besonders deutlich gegen den Krieg in der Ukraine – der Krieg muss sofort beendet werden! Stoppt das Töten! Wir haben alle weltweit einen anderen Krieg zu führen, eine Verantwortung, den Klimawandel zu bekämpfen und der Menschheit und vor allem der Jugend eine Lebensperspektive zu ermöglichen. Dafür sollten wir kämpfen und nicht Menschen gegen Menschen! Kriege müssen enden – überall und sofort in der Ukraine. Da sind wir uns einig. Ich möchte aber auch sagen, dass mich persönlich die Bilder und Tasachenberichte von Zeugen , von Menschen, die unfassbare Grausamkeiten erlebt und überlebt haben, spalten in meiner Meinung von Gewaltlosigkeit. Ich kann nachvollziehen, dass Menschen, das ein Volk sich verteidigen will, um für seine Freiheit zu kämpfen. Das ist auch ein Völkerrecht. Wenn ich mir vorstelle, dass ich neben meiner Tochter und meine Tochter neben mir von Soldatenvergewaltigt werden würde und wir beide diesem Kriegsverbrechen ausgefiefert wärenhätte ich die Möglichkeit, uns davor zu schützen, zu schießen, würde ich es wohl tun? Ich denke ja. Ich habe diese oder andere Gräultaten nicht mit ansehen müssen.Wenn ich darüber sinne, könnte ich nur weinen. Wo geht es hin mit der Menschheit? Wieviel Hass und Zerstörung muss noch erduldet werden? Kann ich mich anmaßen zu urteilen über die Menschen in der Ukraine, die soetwas erleben und daher um Waffen betteln, um sich verteidigen zu können? Nur wo soll das hinführen – auf den Weg des Friedens? Wenn ich über Gandhi nachdenke, wohl nicht. Darf ich überhaupt urteilen in meiner noch sicheren Lebensweise? Wer verteidtig hier die Freiheit von dem Gedanken der freien und gerechten Gesellschaft ?… die ich noch nutzen kann in unserem freiheitlichem Deutschland. Was kostet uns der Frieden in Europa, wenn wir auf fossile Energien vom Kriegstreiber verzichten würden? Es muss ein Energieembargo her! Könnte dieser Krieg dann überleben, ohne Geldquelle? Vielleicht sollten wir zeigen, wie wertvoll uns der Frieden und die Menschenrechte, ja die Menschenwürde sind, und unsere Wohlstandspantoffeln ausziehen, Energie einsparen und ja, auch die Wirtschaftleistung reduzieren. Wäre das ein Mittel der Gewaltlosigkeit, den Krieg zu verkürzen? Oder braucht es Waffenexporte? Ich bin doch gegen Gewalt-ja, ich bin auch gegen wahrloses Erschießen von Zivilisten und andere nachweisliche Kriegsverbrechen. Und ich bin auch für die Werte von MLK . Von Gleichheit und Freiheit und Geschwisterlichkeit. Diese hören bei mir auch nicht bei Hautfarbe und Herkunft auf. Für mich sind alle Geflüchteten gleich – egal, an welcher europäischen Außengrenze sie stehen- sie sind Menschen!

Ich kenne viele Lebensgeschichten von Geflüchteten, die aus Kriegs-und Terrorgebieten fliehen mussten,um nicht noch das letzte, was sie hatten, zu verlieren: ihr Leben. Da ist der Kurdische Nordiraker, der von dem eigenen Vater zwangsrekrutiert wurde und gegen den Islamischen Staat kämpfen musste, um in seinem Land ( aber ja auch weltweit) den Terror dieser fanatischen Glaubenseinstellung zu verhindern. Der Syrer, der aus dem völlig zerstörten Aleppo mit seiner Familie floh, weil er nicht wie seine Nachbarn, erschossen werden wollte; der Afghane, der sich über Jahre für Demokratie im Land einsetzte und nun Angst um Familienmitglieder in der alten Heimat hat und nicht weiß, wie diese noch überleben können. Ein anderer wollte hier nicht seine Geschichte der Flucht erzählen, weil er Angst hat, das seine Familie in Tadschikistan dadurch Probleme bekommen könnte. Angst und Gedanken um Angehörige, die nie aufhören , Tag und Nacht durch Erinnerungen und Träume zu wandern, sind das Erbe einer Flucht. Diese Beispiele und unzählige andere Meschen, die alles verlassen mussten, um sicherer leben zu können, wie jetzt auch die Geflüchteten aus der Ukraine, wurden Opfer von Krieg und Terror – und egal woher sie kommen:Sie alle haben eine Sehnsucht : Frieden.

Diese Sehnsucht teilen sie mit uns allen.

Deshalb wollen wir jetzt losziehen, Schritt für Schritt, in Solidarität zu den Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, Schritt für Schritt aus einem gewohnten Umfeld in die Fremde zu gehen, um Frieden zu finden.

Wir gedenken dabei auch den vielen Opfern und Toten von Krieg und Terror. Wir erinnern uns an unzählige, die schlimmes Leid erfahren mussten.

Die Christenheit feiert ihr höchstes Glaubensfest.

Christen stehen heute genau zwischen Karfreitag , dem Tag des Todes Jesu, der Trauer und der Verzweifelung und dem morgigen Osterfest – dem Tag der Auferstehung von den Toten, das Leben siegt durch die Liebe und erweckt neue Freude.

Das ist meine Hoffnung, die ich mit MLK und seinem Traum von gelebter Nächstenliebe teile.

Liebe ist die größte Macht der Menschen und kann zu Frieden führen. Das ist mein Traum!

Als Hemeranerin möchte ich allen noch folgende Info mit auf den Weg geben:

Den ersten Wegabschnitt, den wir gehen werden bis zum Duloh, ist ein besonderer Weg. Hier wurden während des zweiten Weltkrieges vom Frühjahr 1943 bis 1945 die Leichen von Kriegsgefangenen aus dem Stalag 6 A durch die Stadt mit Pferdefuhrwerken und Karren zu den Massengräbern auf den Duloh transportiert. 19.979 Leichen von überwiegend sowjertischen Kriegsgefangenen. Nach dem Krieg vergrößerte sich die Zahl durch Umbettungen und Überführungen auf 20.470. Auch diese Toten Kriegsopfer wurden über den Mühlenweg zum Friedhof im Duloh gebracht. Der Weg, der ab dem Mühlenweg zum Kriegsgräber-Friedhof führt , heißt Versöhnungsweg. Auf dem Straßennamenschild steht: Die Erinnerung an das Leiden und Sterben der Gefangenen steht im Zeichen der Versöhnung der Völker und des Friedens. We still have a dream
Wir haben den Traum nach Frieden und Versöhnung. In diesem Sinnen starten wir den Ostermarsch von Hemer nach Iserlohn und setzen damit gemeinsam ein Zeichen für den Frieden.

Redebeitrag Detlev Paul

Es sind bittere Zeiten. Ich habe gehofft, dass es nicht mehr dringend einen Ostermarsch für den Frieden geben müsste. Ich habe gehofft, dass es nie wieder Krieg in Europa geben würde. Das ist leider aktuell ganz und gar nicht so. Die russische Führung überzieht die Ukraine mit einem furchtbaren Angriffskrieg. Trotzdem sollten wir dieser düsteren Realität unseren Traum von einer friedlicheren Welt entgegen setzen.

Als Zivilgesellschaft setzen sich viele Menschen bei uns für humanitäre Hilfe und Spenden für die Ukraine sowie die bereitwillige Aufnahme von Flüchtlingen besonders aus der Ukraine aber eben auch von Deserteuren und gefährdeten Demonstrant*innen aus Russland ein. Dafür gibt es derzeit in Iserlohn eine große Bereitschaft und viel Solidarität. Das ist toll. Dafür werden wir aber noch einen sehr langen Atem und viel Geld brauchen. Wenn die Waffen hoffentlich bald wieder schweigen, muss die Rückkehr der Flüchtlinge und der Wiederaufbau in ihrer Heimat unterstützt werden. Diese Solidarität soll lange halten.

Gleichzeitig mit dem heißen Krieg in der Ukraine gibt es auch eine Verbindung zu uns allen durch die Bezahlung von Lieferungen von Kohle, Öl und Gas aus Russland. Jede*r von uns hat die Möglichkeit durch aktives Energiesparen einen Beitrag zu leisten, die Kriegsmaschinerie Russlands wirtschaftlich auszutrocknen, ohne die Wirtschaftskraft in Deutschland zu schädigen. Jede Form der bei uns eingesparten fossilen Energie ist ein Beitrag gegen den Krieg Russlands. Gleichzeitig leisten wir dabei ein Beitrag zur Abwendung der Klimakatastrophe.

Mir ist es auch sehr wichtig, dass wir uns von Vorurteilen fern halten. Das die notwendig ist, beobachte ich auch im Alltag in der Schule. Wer russisch spricht oder russische Wurzeln hat, ist allein deshalb kein Befürworter des russischen Angriffskriegs. Es darf in unserer Stadt bei aller Empathie für das Leid der Menschen in der Ukraine keine russenfeindlichen Reflexe geben. Alle bei uns lebenden Menschen sollen im friedlichen Gespräch bleiben. Dazu kann jede*r von uns einen Beitrag leisten.

Fake-News müssen als solche entlarvt werden. Die Behauptung der russischen Führung, dass der Spezialoperation genannte Angriffskrieg geführt würde, um die Ukraine zu denazifizieren, ist als eine bewusste Irreführung. Es gibt zwar auch in der Ukraine rechtsradikale Nationalisten aber von den bewaffneten Ukrainern unter Waffen sind es etwa 1 - 2 % und bei den Wahlen 2019 bekamen die drei rechtsextremen Parteien zusammen 2,15% und keinen einzigen Abgeordneten in das Parlament. Westeuropäische Länder wären froh über ein solches Wahlergebnis. In der Ukraine haben seit 1990 mehrere demokratische Wahlen stattgefunden, in denen ein/e neue/r Präsident*in gewählt und Regierungswechsel vollzogen werden konnten. Die Wahl in der Ukraine von 2019 ist von internationalen Beobachtern der OSZE als frei und fair bewertet worden. Das sind sichere Zeichen wie absurd die behauptete Nazi-Herrschaft ist. Wer weiter den Krieg rechtfertigt oder der Ukraine das Existenzrecht mit angeblichen historischen Begründungen abzusprechen versucht der muss klaren Widerspruch erfahren.

Fakt ist: Russland unter Präsident Putin ist zum dritten mal der Aggressor gegen die Ukraine. Erst die Einverleibung der Krim, dann die Unterstützung der Separatisten im Osten der Ukraine nun der große Überfall auf das ganze Land aus drei Richtungen. Im Vorfeld dieses Überfalls auf die Ukraine haben zahlreiche Repräsentant *innen der westlichen Länder durch Appelle und der Drohung mit wirtschaftlichen Sanktionen versucht diesen Krieg zu verhindern. Leider wurden alle von der russischen Führung unter Präsident Putin getäuscht, der erklärt hat, dass er diesen Krieg nicht wolle. Auch ich hatte die Hoffnung, dass der Aufmarsch der Truppen rund um die Ukraine ein Drohszenario von Seiten Russlands wäre, um Verhandlungen mit der US-Regierung und der NATO zu erzwingen. Als von russischer Seite von Rückzug gesprochen wurde, habe ich meinen Schüler*innen gesagt, dass es wohl doch keinen schlimmen Krieg geben würde. Auch habe ich gehofft, dass die russische Führung prinzipiell rational handeln würde und nicht versuchen würde ein ein großes Nachbarland zu besetzen. Wie soll bei der Ukraine gelingen, was schon in Afghanistan nicht geklappt hat?

Seit über sieben Wochen wird von der russischen Führung ein furchtbarer Angriffskrieg mit immer mehr Toten und Verletzten, Millionen von Flüchtlingen und massiver Zerstörung geführt. Eigentlich hätten die USA und Großbritannien die Unverletzlichkeit der der Ukraine absichern müssen. Dies passiert nicht, weil keine Macht den 3. Weltkrieg mit dem möglichen Einsatz von Atomwaffen riskieren möchte. 1994 war die Ukraine die drittstärkste Nuklearmacht auf der Erde. Sie hatte viele Atomwaffen aus der zerfallenen Sowjetunion übernommen. Es ist bitter, dass Russland – der jetzige Aggressor - neben den USA und Großbritannien die Garantie dafür übernommen haben, dass das Staatsgebiet der Ukraine nicht angegriffen wird. Auf der Grundlage dieses Budapester Memorandums wurden von der Ukraine, Belarus und Kasachstan alle Atomwaffen bis 1996 an Russland abgegeben. Als Atommacht wäre die Ukraine vermutlich nicht angegriffen worden. Jedes Land, das Atomwaffen besitzt, wird sich nun vielmals überlegen, ob es diese ultimativen Waffen für irgendwelche Garantien abgibt oder verschrottet. Das Vertrauen in Verträge ist durch Russland massiv verspielt worden. Trotzdem müssen sobald die Waffen schweigen schnell wieder Verhandlungen gerade auch über Atomwaffen aufgenommen werden. Der Atomwaffenverbotsvertrag wird von immer mehr Ländern und Städten unterstützt. Iserlohn hat dem auch zugestimmt. Die Großmächte USA und Russland müssen sich bald um ein NEW START-Abkommen zur Verminderung und Begrenzung von atomare Langstreckenraketen bemühen. Die Wiederaufnahme von Verhandlungen zum von Russland verletzten und der Trump-Administration aufgekündigten INF-Vertrag über landgestützte Mittelstreckenatomraketen in Europa ist weiter dringend erforderlich. Auch für die atomare Zukunft gilt weiterhin verhandeln statt schießen.

Auch im Krieg gilt das Humanitäre Völkerrecht. Absichtliche Angriffe, bewusste Strafmaßnahmen oder Übergriffe zur Zermürbung gegen die Zivilbevölkerung sind verboten. Ich haben die Hoffnung, dass möglichst viele Misshandlungen und Tötungen von Zivilisten in diesem Krieg intensiv dokumentiert und die Verantwortlichen vor dem Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden, auch wenn das viele Jahre dauern kann.

Die von der neuen Bundesregierung betonte Zeitenwende mit 100 Mrd. € zusätzlich für die Bundeswehr, der Bewaffnung von Drohnen, den Aufbau eines Iron-Dome-Abwehrsystems und immer mehr Waffenexporte möchte ich auch angesichts dieses Krieges weiterhin hinterfragen.
Bei der Bundeswehr muss es bei Ausrüstung mit aktuell mangelhafter Ausstattung bleiben und keine massive Aufrüstung betrieben werden.
Kampfdrohnen führen zu einer immer stärkeren Automatisierung des Krieges.
Luftabwehrsysteme sind zwar prinzipiell defensiv, müssen aber auch einer realen Bedrohung begegnen.
Waffenlieferungen in Krisengebiete sind grundsätzlich abzulehnen. Ich kann aber nicht widersprechen, wenn aktuell Waffen in die Ukraine geliefert werden, denn auch nach diesem Krieg sollte es noch eine Ukraine geben, deren Bevölkerung über ihre Zukunft selbst frei entscheiden kann.
Gleichgültig wie der Krieg endet, wird Russland nicht von der Landkarte verschwinden und ein großer Teil der Bevölkerung wird der jeweiligen Führung in Russland folgen, da sich eine relevante Opposition ist auch wegen der Repression gegen jede Kritik an den Entscheidungen der russischen Regierung nicht entwickeln kann.
Die Sanktionen dürfen nicht das Ziel der völligen ökonomischen Vernichtung der russischen Volkswirtschaft verfolgen, denn dies träfe auch den armen Teil der russischen Bevölkerung.
Es müssen immer wieder Verhandlungsangebote nach Russland ausgesandt werden, auch wenn das vorläufig nicht aussichtsreich erscheint.
Eine Bewältigung der Klimakatastrophe ist ohne Russland nicht zu erreichen. Bei der ökologischen Modernisierung müsste es gemeinsame Interessen geben.
Bei der Ernährung von vielen Menschen in der Welt haben Russland und die Ukraine eine wichtige Bedeutung.
Ich habe weiter die Hoffnung, dass bald die Waffen wieder schweigen und akzeptable Lösungen nach dem Krieg gefunden werden können.
Um Leiden und Tod zu beenden muss schnell ein Waffenstillstand vereinbart werden.
Die Waffen nieder!

Redebeitrag Gottfried Abrath

Nein, das ist nicht mein Traum. Ein jähes Erwachen in einer grausamen Wirklichkeit gegen all meine bisherige Überzeugung. Und ich bin, wie viele, diesen Weg mitgegangen: ein friedliches Land wird überfallen von Verbrechern. Es schreit um Hilfe. Da mussten wir beistehen. Es entwickelt sich eine Logik: hier muss gekämpft werden! Das Land muss sich verteidigen. Wir müssen Waffen liefern. Erst mal zur Verteidigung. Jetzt sollen auch Angriffswaffen kommen. Jetzt soll wieder aufgerüstet werden und zwar massiv. 150 Milliarden für die Rüstung. Abschreckung und Drohung. Nein, das ist nicht mein Traum.

Und ich sage Euch: es wird hohe Zeit, diese Logik wieder zu beenden. Denn sie wird uns auffressen. Stell dir vor, der Krieg dauert, vielleicht ein Jahr, vielleicht 11, wie in Syrien. Niemand kann mehr aufhören. Waffen um Waffen, Sterben um Sterben. Zerstörung. Verwüstetes Land. Verlorene Heimat.

Ist das richtig, dass Männer, die nicht kämpfen wollen, nicht herausdürfen?

Die äußere Notwendigkeit, der Zwang, die Logik des Krieges.

Und ich nehme es mir raus zu sagen: Niemals nehme ich eine Waffe in die Hand. Niemals werde ich auf einen Menschen schießen. Niemals werde ich meinen Kindern den Segen dazu geben, dass sie Krieg führen. Wie kann ich Krieg fordern und mich selbst verweigern?

Es wird Zeit für unseren Traum. Zemfira, die Sängerin aus Russland von eben hat ihn auf eine simple Formel gebracht: „Schießt nicht!“

Davon lasst uns träumen, das lasst uns immer wieder rufen: Hört auf zu töten!

Der Krieg kann sich wenden und die Logik des Krieges sagt dann: jetzt dürft ihr euch rächen, tötet, wen ihr könnt, macht sie fertig! Und viele sagen: das ist Gerechtigkeit.

Das ist nicht mein Traum. Ich träume davon, dass mehr und mehr, dass schließlich alle sich dem Töten verweigern. Illusion? Jetzt und dort sicher. Sie stecken fest in der alten Logik. Aber jetzt und hier unter uns schon Realität und fester Wille. Lasst uns Gegenlogik entwickeln, eine Mission starten für Frieden. Lasst euch nicht einwickeln in die Argumente, dass mehr Waffen uns retten.

Beim besten Willen: habt ihr erwartet, dass ich anders spreche am Tag zwischen Karfreitag und Ostern?! Die Worte Jesu sind klar, sein Sterben eindeutig: er wehrte sich nicht, in keiner Weise, er ließ es geschehen. Weil er wusste, dass seine Macht mächtiger ist als alle Gewalt. Es wird der Aggressor stürzen! Es wird die Tyrannei zusammenbrechen. Nicht durch Kampf und Krieg, sondern durch gewaltfreies Widerstehen. Und dann, nur dann wird es gut, kann es heilen.

Leipzig 1989, Gandhis Kampagne der Nichtkooperation, Martin Luther Kings Protestmarsch in Selma, die Mütter der plaza de mayo in Argentinien, Nelson Mandelas beharrliche Gefangenschaft, die Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi und die Maidan-Revolution 2014 weisen den Weg. Es braucht Zeit, es braucht Geduld, es wird viele Opfer kosten. Aber dieser Weg ist geheiligt, weil er gewaltlos und friedlich ist.

Wir wissen es in Deutschland, was Diktatur heißt. Bis heute leiden Menschen am letzten Weltkrieg. Und wir haben gesagt: nie wieder! Vom deutschen Boden soll kein Krieg mehr ausgehen! Es ist schmerzhaft zu sehen, dass deutsche Waffenexporte haufenweise auch nach Russland gingen (Zeit 11.04.2014; T-online 17.03.22: 122 Millionen trotz Waffenembargos 2015-2019), dass Deutschland an Kriegen gut verdient, verdient auf beiden Seiten.

Mein Traum, meine Hoffnung ist, dass es gelingen wird, auf friedlichem Weg und ohne Gewalt zusammenzuleben. Darum stehen wir hier zusammen. Denn das braucht unsere Welt dringender als je. Krieg ist Schwachsinn.

Hören wir nicht auf, diesen Traum zu leben!

Hewenu shalom alejchem!