Pressespiegel 1999

Westfälische Rundschau, 23.12.1999

Friedensplenum bescherte Flüchtlingskinder

WR-Bild: Bod-(aw) Alina versteckte sich verschämt hinter ihrer Mama. Aber als der bunte Plastik-Laster vor ihr stand, wagte sie sich doch hervor - und strahlte. Frühzeitig Christkind spielten nämlich gestern Sabine Patze und Sabine Greune vom Friedensplenum (Foto). Die beiden engagierten Frauen bescherten die Kinder der Familien Hyseni und Prevetica - sieben Mädels und vier Jungs zwischen drei und 16 Jahren - in der Wiemer mit Spielzeug, Obst und Süssigkeiten. Seit '93 wohnen die Familien aus dem Kosovo in dem Haus. Auf der Namensliste des Friedensplenums standen sie bereits zum zweiten Mal. Die Initiative, die die Familien auch übers Jahr besucht und betreut, zwackt einen Teil des Geldes vom Friedensfest für solche Weihnachtsbescherungen ab. Am Abend war auch für Flüchtlingskinder am Junkernufer Bescherung.


Westfälische Rundschau, 16.12.1999

FriedensPlenum fordert Unternehmen zur Zahlung auf

"Die Bereicherung an den Zwangsarbeitern war Unrecht"

Iserlohn. (WR) Einen "angemessenen Beitrag in den Fonds der deutschen Wirtschaft" zur Entschädigung der Zwangsarbeiter zu zahlen, fordern die Mitglieder des FriedensPlenums von vier Iserlohner Unternehmen.

Die vier Unternehmen, namentlich Witte GmbH & Co. KG, J. D. von Hagen, Niebecker & Schumacher GmbH sowie Sudhaus GmbH, produzierten wie andere Betriebe in der Stadt auch, während der Kriegsjahre ihre Waren durch den Einsatz von Zwangsarbeitern. Doch an dem Fonds zur Entschädigung der Männer und Frauen, die in Lagern kaserniert waren, nur einen Bruchteil des Lohnes deutscher Arbeiter kassierten, nach Zeitzeugen-Erinnerungen mit minderwertigen Lebensmitteln nur unzureichend verpflegt wurden, wollen sich diese Firmen nicht beteiligen (siehe WR vom 11. Dezember).

Die Frauen und Männer des FriedensPlenums schreiben in ihren Briefen an die genannten Betriebe, dass sie "betroffen davon" seien, "dass Iserlohner Unternehmen, die in der Zeit des Nationalsozialismusses Zwangsarbeiter/innen ausgebeutet haben, sich nicht selbstverständlich an dem Fonds" beteiligen. Die Firmen werden aufgefordert, zu zahlen und diese Zahlung auch öffentlich zu machen.

"Die Bereicherung an Zwangsarbeitern war Unrecht und muss wenigsten durch die jetzt geforderten Zahlungen abgetragen werden. Dem dürfen sich die Iserlohner Unternehmen nicht durch angebliche Unzuständigkeit und Unwissen zu entziehen versuchen", wird dazu in einer Pressemitteilung Detlev Paul, Mitglied im FriedensPlenum zitiert.


Westfälische Rundschau, 11.12.1999

In Iserlohn haben alle Firmen, die produziert haben, Zwangsarbeiter beschäftigt - Vier auf der Liste

Fonds anonym: Stephan Witte wird nicht einzahlen

Iserlohn. (sus) In den Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter wird aus der Firma Stephan Witte GmbH & Co. KG kein Geld fließen. Wie Geschäftsführer Dr. Jochen Kirchhoff der WR sagte, sei ihm der Fonds „so anonym" und zudem sei unklar, was mit dem Geld passieren werde.

Kirchhoffs Firma, die er von seinem Vater übernahm, wird mit 266 weiteren aus ganz Deutschland in der Liste des American Jewish Committee (AJC) genannt, die „Die Tageszeitung" aus Berlin komplett abdruckte. In dieser Liste stehen aus Iserlohn auch die Unternehmen J.D. von Hagen GmbH, Niebecker & Schumacher GmbH & Co. sowie Sudhaus GmbH & Go. Doch sind das nicht die einzigen Firmen in der Stadt die Zwangsarbeiter beschäftigten. Wie Stadtarchivär Götz Bettge sagte, kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass alle Betriebe, die weiter produzieren wollten oder mussten, dieses mit Zwangsarbeitern taten. Und in Iserlohn gibt es viele Unternehmen, die stolz auf ihre Jahrhunderte alte Geschichte zurückblicken.

Drei der vier genannten Unternehmen kamen offensichtlich in die Liste, weil sie Zwangsarbeiterlager auf dem Betriebsgelände hatten. Denn das AJC nahm als Grundlage für die Aufstellung das Buch „Catalogue of Camps and Prisons in Germany and the German-Ocupied Territories", das 1949 erschien und 1990 unter dem Titel „Das nationalsozialistische Lagersystem'' erneut aufgelegt wurde. Weitere Quellen für das AJC-Team waren die Verzeichnisse „Mittelständische Unternehmen" und das „Handbuch der Großunternehmen".

Dr. Jochen Kirchhoff, Präsident des Metall-Arbeitgeber-Verbandes in Nordrhein-Westfalen, hat die Entschädigung für Zwangsarbeiter nie zu einem Thema im Verband gemacht: „Das ist keine Aufgabe des Arbeitgeber-Verbandes." Wer von seinen Kollegen meine, betroffen zu sein, solle aus eigenem Antrieb handeln. Doch betroffen scheinen sich auch die anderen Firmenchefs nicht zu fühlen. Geschäftsführer Schulte von Sudhaus, seit drei Jahren im Unternehmen, war „mit dem Thema noch nie konfrontiert", und Geschäftsführer Niebecker von Niebecker und Schumacher „kann im Moment gar nichts dazu sagen".

Nur unter einer Voraussetzung würde Kirchhoff zahlen: „Wenn sich ehemalige Witte-Beschäftigte melden, bin ich überzeugt davon, dass wir helfen würden."


Westfälische Rundschau, 11.11.1999

Friedensplenum verurteilt den Tschetschenien-Krieg scharf

Zivilbevölkerung leidet massiv

Iserlohn. (WR) Mit einem Protestbrief an die Botschaft der Russischen Förderation in Berlin wendet sich das lserlohner Friedensplenum in aller Schärfe gegen den erneuten Krieg Russlands gegen die tschetschenische Bevölkerung.

Mit der gleichen Entschiedenheit verurteilt das Plenum die Terroranschläge gegen die Zivilbevölkerung russischer Städte. Wie es in dem Schreiben weiter heisst rechtfertigen diese Anschläge aber keinesfalls einen zweiten, grossen Krieg. Die Begründungen, dass die territoriale Integrität der russischen Föderation hergestellt werden soll und Terroristen bekämpft werden sollen und es sich um eine innere Angelegenheit Russlands handelt, können das Friedensplenum nicht überzeugen: "Die Befriedung von inneren Unruhen rechtfertigt nicht die Führung von Krieg, bei dem die Zivilbevölkerung massiv leidet."

Das Plenum wirft der russischen Regierung vor, den von ihr zu Recht verurteilten NATO-Luftkrieg heute zu kopieren und die Lebensgrundlagen der tschetschenischen Zivilbevölkerung zu zerstören. Derart Militäraktionen seien "das denkbar ungeeignetste Mittel, ein dauerhaftes friedliches Zusammenleben der Völker in der krisengeschüttelten Region herbeizuführen."

Das Friedensplenum fordert die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen, einen Rückzug aller Truppen und die Rückkehr zu zivilen Mitteln. "Die Konflikte mit der tschetschenischen Regierung und islamischen Rebellen können nur auf friedlichem Weg durch Verhandlungen und nichtmilitärische Mittel beigelegt werden. Die bestmögliche Versorgung der Flüchtlinge und ihre Chance auf Rückkehr muss sofort sichergestellt werden", erklärt das Friedensplenum.


Westfälische Rundschau, 10.11.1999

Eindringliche Mahnstunde für Opfer des Nationalsozialismus an der Synagoge

Demonstration gegen das Vergessen

Iserlohn. (aw) Anni Boppard sind die schrecklichen Szenen vom 9. November 1938 noch allzu lebhaft in Erinnerung. Die 79-jährige Iserlohnerin musste miterleben, wie auch in ihrer Heimatstadt die Synagoge in Flammen aufging, unter anderem das jüdische Geschäft Weidenbaum zerstört wurde. Um gegen das Vergessen zu demonstrieren, gedachte auch sie gestern der Opfer der Pogromnacht.

"In Iserlohn herscht keine Kultur des Wegschauens und Vergessens", bekräftigte Peter Felsberg, Stadtverbandsvorsitzender der SPD vor dem Mahnstein der ehemaligen Betstätte. "Wir tun gut daran, wachsam zu sein und zu bleiben." In ihrer Rede arbeitete Uta Mayer von Pax Christi Iserlohn ihre Familiengeschichte auf und bekannte: "Mein Vater gehört zu den Tätern." Vor diesem Hintergrund warnte sie davor, der Versuchung zu widerstehen, andere für eigenes Versagen verantwortlich zu machen.

Später zog die Menge zum Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus, an dem Detlev Paul vom FriedensPlenum Entschädigungen für Zwangsarbeiter forderte: "Auch in Iserlohn gab es Zwangsarbeiter. Dieses Kapitel ist allerdings noch völlig unzureichend aufgearbeitet."

Niemals wegschauen und vergessen können wird Anni Boppard. Daran, das Nachbarn "verschwanden", sie für den Einakuf bei Weidenbaum schikaniert wurde, wird sie sich stets erinnern. Auch wieder am 9. November 2000.


Westfälische Rundschau, 06.11.1999

Mahnstunde für die Opfer des Nationalsozialismus

"Antisemitismus ist wieder trauriger Alltag geworden"

Iserlohn. (WR) Zur Teilnahme an einer Mahnstunde für die Opfer des Nationalsozialismus rufen am kommenden Dienstag die SPD, Pax Christi und das Friedensplenum auf.

Die Veranstaltung, die an die Pogromnacht vor 61 Jahren erinnert, beginnt um 18.30 Uhr am Mahnstein für die Iserlohner Synagoge an der Mendener Straße/Ecke Kamacksweg. Es sprechen Uta Meyer von Pax Christi, der SPD-Stadtverbandsvorsitzende Peter Felsberg und Detlev Paul vom Friedensplenum. In dem Aufruf zur Teilnahme an der Mahnstunde heißt es:

"Als vor einundsechzig Jahren auch in Iserlohn die Synagoge brannte, war ein Befehl von Berlin vorausgegangen. Damals wurde das zentral organisierte Verbrechen als spontane Äußerung des Volkes dargestellt. Für die Zerstörungen in der ,Reichskristallnacht', wie man dieses Pogrom beschönigend nannte, erlegte man damals den Juden in Deutschland sogar eine Zwangsabgabe auf. Die nationalsozialistischen Machthaber erweckten damit den Eindruck, dass die Opfer die Täter gewesen wären und vollzogen das Eintreiben der Mittel und die Verdrängung der Juden aus dem öffentlichen Leben mit bürokratischer und direkter Gewalt.

"Vorbereitung von Auschwitz"

Dies war für alle Menschen in Deutschland wahrnehmbar. Es war die Vorbereitung für den Schrecken von Auschwitz. Wer angesichts der Pogromnacht nicht widersprach, der widersetzte sich auch in aller Regel weiteren Übergriffen gegen die Mitmenschen jüdischen Glaubens nicht mehr.

Die Mitmenschlichkeit gebietet es, die damalige Perversion nicht aus den Augen und aus dem Gedächtnis zu verlieren. Nur ein an dem Vergangenen geschulter Blick ist scharf genug für Gegenwart und Zukunft. Wem das Erinnern zur Last wird, der hat nicht die Kraft, dem Geschehen eine menschliche Richtung zu geben.

In der Bundesrepublik von 1999 ist Antisemitismus trauriger Alltag. In den letzten 22 Monaten wurden allein in Berlin fast 150 antisemitische Straftaten verübt. Das Grab von Heinz Galinski, dem ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, wurde geschändet. Auf dem jüdischen Friedhof in Weißensee wurden 103 Grabsteine umgestoßen und zerstört.

Das muss uns die Augen öffnen. Das sind nicht zufällige Taten von Rowdys. Das hinter diesen Taten stehende Denken ist nicht auf die Hauptstadt beschränkt.

"Auch in Iserlohn wachsam bleiben"

Auch hier in Iserlohn und im Märkischen Kreis müssen wir wachsam bleiben und widersprechen, wenn Minderheiten verächtlich gemacht werden, wenn der ,alltägliche' Rassismus hochkommt: Wir müssen in den Opfern die Opfer sehen und die Taten der Täter verurteilen. Das heisst für uns, uns zu der Vergangenheit zu bekennen.

Darum rufen wir alle Menschen in Iserlohn auf, an der Gedenkstunde zur Reichspogromnacht in der Iserlohner Innenstadt teilzunehmen."


Westfälische Rundschau, 01.11.1999

FriedensPlenum kritisiert Waffenlieferungen an die Türkei

"Völliges Unverständnis"

Iserlohn. (WR) Mit "völligem Unverständnis" reagierte gestern das örtliche FriedensPlenum auf den Beschluss der rot-grünen Bundesregierung, der Türkei beim Aufbau einer Anlage von chemischen Kampfstoffen zu helfen und der türkischen Armee einen "Testpanzer" modernster Ausführung zu liefern.

Obwohl die türkische Regierung seit Jahren einen blutigen Krieg gegen die Kurden führe und bis heute alle Verhandlungen mit den demokratischen Repräsentanten dieser Bevölkerungsgruppe ablehne, wolle die Bundesregierung nun mitten in diese Krisenregion Waffen liefern. "Gegen wen die türkische Regierung diese Panzer und Chemiewaffen früher oder später einsetzen wird, dürfte allen Beteiligten klar sein." Die Bundesregierung habe damit erneut bewiesen, dass sie Nato-Interessen über Menschenrechte stelle und dass von ihren friedenspolitischen Wahlkampfversprechen nichts zu halten sei.


Westfälische Rundschau, 27.10.1999

Hoffmeister berichtete auf Einladung des FriedensPlenums von Reise durch Jugoslawien

"Getroffen ist das Volk, nicht Milosevic"

Iserlohn. (sus) Auf Jugoslawien lässt die NATO zwar keine Bomben mehr fallen, doch ist das Elend vieler Menschen gross, von den Umwelt- und Gesundheitsschäden ganz zu schweigen.

Dies sind jedenfalls die Eindrücke, die Willi Hoffmeister vom Dortmunder Friedensforum während einer sechstägigen Reise im August durch "Rest Jugoslawien" bekam und die er gestern Abend auf Einladung der FriedensPlenums Iserlohn den rund 20 Menschen im Publikum weitergab.

Weil viele Unternehmen zerbombt wurden, gibt es keine bezahlte Arbeit, die Familien haben in vielen Orten kaum etwas zu essen. Weil viele Heizkraftwerke zerbombt wurden, steht Hunderttausende ein fürchterlicher Winter bevor. Von diesem Krieg könne man wirklich nicht als "humanitäre Aktion" reden, so Hoffmeister, der rund 100 Dias von den Zerstörungen zeigte.

Auch kleine Ortschaften, weit entfernt von Einrichtungen militärischer Bedeutung, seien zerbombt worden. Das seit 1992 bestehende Embargo gegen Jugoslawien verschlimmere die Lage noch. Denn eine deutsche Firma habe ein Heizkraftwerk in Belgrad gebaut, dürfe aber nun keine Ersatzteile liefern. Nicht nur deshalb setzt sich die Initiative "Kasseler Friedensratschlag" für eine Aufhebung des Embargos ein und sammelt dafür Unterschriften. Außerdem ist für den kommenden Samstag in Berlin ein europäisches Tribunal geplant, während dem die Rolle vor allem der Bundesrepublik bei den Angriffen auf Jugoslawien kritisch diskutiert werden soll, informierte Hoffmeister. Denn "getroffen von den Angriffen ist nicht Milosevic, sondern das Volk", betonte er. Die gesammelten Unterschriftenlisten gegen das Embargo sollen am Samstag dem Petitionsausschuss des Bundestages übergeben werden, kündigte er an.


Westfälische Rundschau, 25.10.1999

Brisantes Thema im FriedensPlenum - Willi Hoffmeister Referent

Die Folgen des Kriegs im Kosovo: Diavortrag im JuZ

Iserlohn. (rat) "Der stille Krieg nach dem Krieg" ist der Titel eines Diavortrages zu dem das FriedensPlenum für morgen Dienstag, in das Jugendzentrum einlädt.

Der Mann, der die Bilder machte, ist Willi Hoffmeister vom Dortmunder Friedensforum. Er reiste in der ersten Augustwoche durch das sogenannte Rest-Jugoslawien und fotografierte in den Städten Belgrad, Kragujewac, Cuprija, Pancevo und Novi Sad.

Das Iserlohner FriedensPlenum möchte mit dieser Veranstaltung seine Meinung deutlich machen, dass es sich bei dem NATO-Bombardement um Krieg und nicht um eine "humanitäre Intervention" gehandelt habe, heisst es dazu in der Ankündigung zu dem Diavortrag. 77 Tage und Nächte seien Bomben auf das Land geworfen worden. Man wolIe darauf hinweisen, "dass auch weiter Hilfe für die Zivilbevölkerung in Jugoslawien erforderlich ist und die leidende Zivilbevölkerung nicht für die Entwicklung der politischen Verhältnisse als Geisel genommen werden darf." Krieg sei für das FriedensPlenum kein Mittel zur Durchsetzung von Menschenrechten. Statt Militär müssten zivile Mittel der Konfliktlösung und die humanitäre Unterstützung auf- und ausgebaut werden, fordert die Gruppe.

Der Vortrag im Jugendzentrum Karnacksweg beginnt morgen um 20 Uhr. Die Teilnahme ist kostenlos.


Westfälische Rundschau, 02.09.1999

Kundgebung des FriedensPlenums auf dem Alten Rathausplatz

"Kriegslogik kennt keine Menschenrechte"

Iserlohn. (-is-) Mit einer kleinen Kundgebung auf dem Alten Rathausplatz erinnerten gestern Mitglieder des FriedensPlenums an den 60. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, der den Beginn des 2. Weltkriegs bedeutete.

Viele Passanten blieben stehen, um sich aus diesem Anlass über die aktuellen Forderungen des FriesensPlenums zu informieren. Die sind geprägt von der deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg und, so das Plenum, einer zunehmenden Militarisierung der Aussenpolitik. Zum ersten Mal seit 60 Jahren sei die Lehre aus dem 2. Weltkrieg ("Nie wieder Krieg - Nie wieder Faschismus") verworfen worden. Mit deutscher Beteiligung seien Cluster-Bomben und Uran-Geschosse verwendet, Zivilisten bombardiert und zivile Ziele zerstört worden. "Kriegslogik kennt keine Menschenrechte."

Das FriedensPlenum wies gestern auch darauf hin, dass an den Folgen dieses Krieges heute noch die Menschen in ganz Jugoslawien leiden. Minen und Blingänger seien eine ständige Gefahr; die winterfeste Unterbringung der Menschen im Kosovo sei nicht sichergestellt. Zudem erweise sich die Nato als unfähig, der "umgekehrten Vertreibung von Serben und Roma durch Kosovo-Albaner, Einhalt zu gebieten und die Einhaltung der Menschenrechte zu garantieren."

Parallel dazu meldete sich gestern auch der Verein "Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung" zu Wort und erinnerte daran, dass der 1. September 1939 auch der Beginn des "Krieges nach innen" war, bei dem Hunderttausende von geistig und psychisch behinderter Menschen von den Nazis systematisch ermordet wurden. Und kaum einer der Täter sei später zur Rechenschaft gezogen wurden - weder in der Bundesrepublik noch in der DDR.


Westfälische Rundschau, 04.07.1999

Vorwurf der "Volksverhetzung"

Plenum kritisiert IBSV-Oberst scharf

Iserlohn. (AR) Für herbe Kritik sorgte am Freitag bei der Nachbesprechung des FriedensPlenums zum im Juni stattgefundenen Friedensfestival der Bericht von Schützenoberst Horst Fischer in der IBSV-Vereinszeitschrift "Die Bürgerschützen".

Darin schreibt das Schützenoberhaupt, wie das Plenum gestern zitierte, in einer Passage wie folgt: "Ganze Strassenzüge in der Innenstadt sind von unseren ausländischen Mitbürgern Haus nach Haus gekauft worden. Da tickt eine Zeitbombe, wenn nicht über kulturpolitische Engstirnigkeit hinweg Lösungen zwischenmenschlciher Beziehung gefunden werden. Auch konsequenter."

Für die Aktiven des FriedensPlenums ist es unabdingbar, dass dieser Artikel nicht unwiedersprochen hingenommen werden kann: "Das ist Volksverhetzung und Aufforderung zum Rassenhass", äussert man ganz klar Kritik an den Aussagen des IBSV-Chefs. Und glaubt, die Gründe zu kennen: "Wir vermuten, dass Fischer, der ebenfalls zahlreiche Häuser aufkauft, in den ausländiscehn Mitbürgern eine starke Konkurenz sieht."

Hoffnung hegen die Mitglieder jedoch in die "vielen vernünftigen Personen" aus dem IBSV: "Sie sollten sich Gedanken über die Führung ihres Vereins machen und überlegen, ob es so überhaupt weitergehen kann." Im Moment könne es jedenfalls "eine tiefe Freundschaft" zwischen IBSV und FriedensPlenum nicht geben.


Iserlohner Kreisanzeiger, 14.06.1999

Buntes Festival für den Frieden

FriedensPlenum bot dreitägigen Musik-Marathon an der Bauernkirche

Iserlohn. (stef) Können wir überhaupt ein Friedensfest feiern, wenn Krieg ist? Diese Frage, so Jörg Jung vom FriedensPlenum, wurde im Vorfeld der grössten Veranstaltung dieser Artin Südwestfalen mehr als einmal diskutiert. Doch nachdem nun im Kosovo die Waffen ruhen, konnte der (vorläufige) Frieden tatsächlich gefeiert werden. Natürlich nicht, ohne an die vielen Flüchtlinge zu denken. Und so wurde auch beim 9. Friedensfestival an der Bauernkirche Asylanten, die in Iserlohn leben, zum Essen und Trinken eingeladen.

Mehrere tausend Besucher erlebten an drei Tagen ein buntes Festival mit viel Musik. Alle Bands, ob nun aus Iserlohn, Hamburg, Berlin oder Bayern, spielten für ein paar Mark Spritgeld, um die Open-Air-Party überhaupt zu ermöglichen. Und schliesslich ist das Friedensfestival, wie zahlreiche Beispiele beweisen, auch ein Sprungbrett zu noch grösseren Festivals. Einen Dank sprach Jörg Jung auch der Stadtverwaltung aus. Sie hatte dafür gesorgt, dass der vorher arg ramponierte Platz mit Sand bestreut und damit überhaupt erst bespielbar gemacht worden war.

Neben den Bands und dem gemeinsamen Feiern standen natürlich auch politische Themen im Mittelpunkt des Friedensfestes. In seiner Eröffnungsrede sprach Detlev Paul sowohl über die Kurden-Problematik und das Erlassjahr 2000 als auch über die aktuelle Situation im Kosovo. Gar nicht glücklich waren die Leute vom FriedensPlenum über die Punks, die am Freitag zum Fest gekommen waren. "Sie verstehen überhaupt nicht, um was es hier geht", so Jörg Jung vom FriedensPlenum. Und für die Planung und Organisation des 10. Friedensfestival hofft Jung auf neue Aktivisten aus den Reihen des Plenums.


Westfälische Rundschau, 11.06.1999

Gedenkstunde für die Ofer des Nationalsozialismus: Hans Frankenthal kritisiert Aufschrift am örtlichen Mahnmal

"Jeder, der nur wollte, konnte vom Mord an den Juden wissen"

Iserlohn. (-is-) "Frieden ohne Erinnerung ist wie ganz dünnes Eis." Das betonte Hans Frankenthal, stellvertretender Vorsitzender des Ausschwitz-Komitees, gestern abend bei der traditionellen Gedenkstunde des FriedensPlenums am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Poth.

Vor einer erschreckend kleinen Zuhörerschar nahm Frankenthal - einer der wenigen Juden, die Ausschwitz überlebt haben - die Aufschrift auf dem Mahnmal zum Anlass, um über die Einstellung der Menschen zum Völkermord nachzudenken. Denn die Juden wurden nicht, wie es dort zu lesen ist, "gemeuchelt" - so als ob das geheim und hinterrücks geschehen sei. Nein: "Der Judenmord war alles andere als geheim. Jeder, der nur wollte, konnte es wissen."

Denn als er als 15-jähriger Junge, der nicht mehr die Volksschule besuchen durfte, in seiner Schmallenberger Heimat zusammen mit anderen Kindern zur Zwangsarbeit verpflichtet wurde, "da waren wir nicht unsichtbar." Als er 1943 mit Tausenden anderer Juden auf dem Dortmunder Südbahnhof in Viehwaggons zum Abtransport nach Ausschwitz gepfercht wurde, "da wurden wir von ganz normalen Polizisten bewacht." Und auch "die Flammen und der Rauch der Vernichtungslager" waren weithin sichtbar. "Die Judenverfolgung war offen geplanter und systematischer Mord."

Die Erinnerung, das Aussprechen der Wahrheit, ist nach Frankenthals Meinung die wichtigste Voraussetzung für den Frieden. Das gelte auch, wenn man über die aktuellen schrecklichen Ereignisse im Kosovo rede. Krieg sei sicher keine Lösung, "aber wieviele Menschen könnten heute noch leben, wenn die Alliierten Hitler rechtzeitig in die Schranken gewiesen hätten?"


Westfälische Rundschau, 01.06.1999

Theaterprojekt des FriedensPlenum recht gut besucht

Auf den Spuren der Revolution

Iserlohn. (sam) Die Revolution von 1848/49, ihre Hintergründe und ihr Verlauf waren am Samstag- und am Sonntag-Abend Gegenstand einber ungewöhnlichen Inszenierung des Theaterprojektes des FriedensPlenums.

"Ein Gespenst geht um in Europa" war der Titel, den die Akteure an meheren Stationen - unter anderem am Posrmuseum auf dem Fritz-Kühn-Platz, im Parkhaus Altstadt und an der Obersten Stadtkirche - wirkungsvoll sowohl klanglich als auch visuell umsetzten. Rund 120 Besucher erlebten jeweil das geschichtsträchtige Ereignis und begleiteten die verblüffend echt kostümierten Theaterspieler auf den Spuren der bewegten Revolutionstage.


Iserlohner Kreisanzeiger, 31.05.1999

Der Aufstand in fünf Bildern

"FriedensPlenum" zeigte seine Revolutions-Interpretation

Vor dem Masteschen Haus: Arbeiter fordern gerechten Lohn ...Iserlohn. Mit ohrenbetäubenden Lärm begann die Aufführung "Ein Gespenst geht um in Europa. Mitglieder des lserlohner "FriedensPlenums", die das Stück zur Erinnerung an die Revolution von 1848/49 in Iserlohn mit Hilfe von Autor und Regisseur Peter Treudt realisiert hatten, wählten ein Parkhausdeck in der Altstadt als Startpunkt der mobilen Aufführung. Hier dröhnten Metallklänge durchs Betongemäuer, die einem fast die Ohren wegfliegen liessen. Die eisernen Schläge sollten die Unterdrückung und Ausbeutung der Arbeiter symbolisieren, die später zu den Aufständen geführt hatten. Gleichzeitig waren die Monologe nur schwer zu verstehen. Doch wer sich davon nicht irritieren liess, erlebte ein spannendes Schauspiel, das sich entlang historischer Stätten durch die Stadt zog und dabei auch Fingerzeige in die Gegenwart richtete So der Trabifahrer, der nach dem Weg zur Montags-Demo fragte.

Mit großem Aufwand und einer städtischen Unterstützung in Höhe von 6000 Mark, einem Bruchteil der Kosten für die Revolutions-Ausstellung in der "welle", rea1isierten die rund 30 Beteiligten ihre Idee. In nur viermonatiger Vorbereitungszeit erarbeiteten die Laien-Darsteller unter der Leitung von Peter Treudt das Stück. Kurzfristige Um- und Mehrfachbesetzungen waren nötig, um am vergangenen Wochenende tatsächlich auf die Strassenbühne ziehen zu können. Die wenigen und bei dieser Komplexität kaum zu vermeidenden Pannen wurden vom Publikum der Samstags-Aufführung mit Sympathie getragen, bevor am Sonntag das Stück zum zweiten Mal gezeigt wurde.


Iserlohner Kreisanzeiger, 31.05.1999

IBSV sollte auf Böllerschüsse verzichten

Zur Wahl von Dr. Peter Liese als Festredner beim Traditionsessen des IBSV äussert sich für das FriedensPlenum Sabine Greune aus Hagen.

Mit der Entscheidung, Dr. Peter Liese, örtlicher CDU-Abgeordneter im Europaparlament und aktiver Wahlkämpfer, im laufenden Europawahlkampf für die Rede beim Traditionsessen auszuwählen, hat sich der IBSV-Vorstand eindeutig parteipolitisch festgelegt. Damit müssen sich alle Mitglieder und Unterstützer anderer Parteien, die dem Schützenverein nahestehen, vor den Kopf gestossen fühlen. Das FriedensPlenum ist gespannt, ob die Bürgermeisterkandidaten der anderen Parteien unter diesem Vorzeichen das Traditionsessen besuchen werden.

Bisher hat sich der IBSV immer wieder als Sprecher der Iserlohner bezeichnet. Durch diese Rednerwahl hat der IBSV erneut verdeutlicht, dass er nicht zuerst ein kultureller Traditionsverein ist, sondern der verlängerte volkstümliche Arm der CDU. Der IBSV wird Probleme haben, weiter den Anspruch aufrecht zu erhalten, ein Fest für alle Bürger dieser Stadt zu machen. Das FriedensPlenum lädt alle, denen diese Parteinahme nicht passt, zu seinem zeitgleich stattfindenen politischen Fest gegen den Krieg um den Kosovo ein. Vom IBSV erwartet das FriedensPlenum darüber hinaus, dass er sein diesjähriges Fest nicht mit Artillerieschüssen beginnt, sondern stattdessen der Opfer der Kriege gedenkt. Schliesslich gab es zu Zeiten des Golf-Krieges ernsthafte Überlegungen, das Schützenfest ganz ausfallen zu lassen. Das FriedensPlenum wird den Krieg um den Kosovo in den Mittelpunkt seiner Veranstaltung stellen.


Westfälische Rundschau, 29.05.1999

"Ein Gespenst geht um in Europa"

Die Proben waren anstrengend, aber sie machten Spass. Heute und morgen, jeweils ab 20.30 Uhr am Parkhaus Altstadt, wird das Theater-Projekt des Friedensplenums zu sehen sein. "Ein Gespenst geht um in Europa" das ist der Titel der szenischen Darstellung der revolutionären Ereignisse von 1848/49, deren trauriges Ende vor Ort mindestens 41 Menschen das Leben kostete. Lebendig wollen die Akteure diese Geschehnisse dadurch werden lassen, daß sie auch Passanten und Zuschauer mit einbeziehen wollen Die Generalprobe fand am Donnerstag statt.


Westfälische Rundschau, 28.05.1999

Friedensplenum:

IBSV macht Wahlkampf für die CDU

Iserlohn. (WR) Durch die Wahl des CDU-Europaabgeordneten und Wahlkämpfers Dr. Peter Liese als Redner beim Traditionsessen anläßlich des Schützenfestes habe sich der IBSV-Vorstand eindeutig parteipolitisch festgelegt, stellte gestern das FriedensPlenum fest. Der IBSV habe erneut verdeutlicht, daß er nicht zuerst ein kultureller Traditionsverein sei, sondern lediglich der verlängerte Arm der CDU. Er werde künftig Probleme haben, weiter den Anspruch aufrechtzuerhalten, ein Fest für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu veranstalten. Das Plenum lädt alle, denen die Parteinahme nicht passt, zum zeitgleich stattfindenden politischen Fest gegen den Krieg im Kosovo ein. Es erwartet ferner, dass der IBSV sein Fest nicht mit Artillerieschüssen beginnt, sondern stattdessen der Opfer des Krieges gedenkt.


Stadtspiegel, 26.05.1999

Ein Gespenst geht um in Europa

Friedensplenum führt Theaterprojekt auf

Iserlohn. "Ein Gespenst geht um in Europa" ist der Titel eines Theaterprojektes des Iserlohner Friedensplenums. Seit vielen Wochen sind die Laiendarsteller am Proben. Am kommenden Wochenende wird es nun ernst, denn das Theaterstück über die Mairevolution 1849 in Iserlohn wird am Samstag und Sonntag 29./30. Mai, jeweils ab 20.30 Uhr, aufgeführt. Gespielt wird an fünf verschiedenen Orten, das Spektakel startet jeweils am Parkhaus Altstadt.

Neben dem Anliegen ein Stück verdrängter Stadtgeschichte in Erinnerung zu rufen, geht es bei dem Projekt darum, Parallelen bis in die Gegenwart aufzuzeigen.


Westfälische Rundschau, 13.05.1999

Nebenbei bemerkt

Flurschaden

Mit ihrer Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft hat die CDU zwar die Landtagswahlen in Hessen gewonnen, sie hat gleichzeitig aber auch immensen Flurschaden bei den Ausländern angerichtet.

Auch vor Ort ist das so; und deshalb dürfte sich eigentlich niemand in der Union wundern, dass insbesondere in dem zuständigen parlamentarischen Gremium - dem Ausländerbeirat - sehr sensibel reagiert wird. So war es in der letzten Woche; und die Prognose sei gestattet, dass es diese Probleme auch in Zukunft geben wird.

Wer die Integration der Ausländer will, darf eben nicht gleichzeitig an den dumpfen Nationalismus vieler Deutscher appellieren.

Hans-Jürgen Friske


Westfälische Rundschau, 08.05.1999

"Krieg ist keine Lösung" neues Motto für Veranstaltung an der Bauernkirche - Kosovo-Konflikt im Blickpunkt - NATO-Angriffe verurteilt

Plenum befürchtet: Im Juni "erstes Friedensfest im Krieg"

Iserlohn. (WR) Vor dem Hintergrund der fortdauerenden blutigen Auseinandersetzungen auf dem Balkan rechnet das FriedensPlenum damit, dass das 9. Iserlohner Friedensfest "das erste im Krieg" sein wird. Diese Einschätzung vertrat gestern Plenums-Sprecher Jörg Jung im ALZ bei der Vorstellung des Programms für die vom 11. bis 13. Juni an der Bauernkirche stattfindene Veranstaltung. Daher, so Jung, habe man sich entschlossen, das Motto von "In Tradition zur Revolution" in "Krieg ist keine Lösung" umzuändern. Die Ereignisse in Jugoslawien und im Kosovo sollen "inhaltlich behandelt" werden, etwa in einer Rede des Dortmunder Pfarrers Haumann.

In seiner neuen Festschrift hat das Plenum bereits klar Position bezogen und die NATO-Luftschläge scharf verurteilt. Durch "die Jagd auf serbische Heizkraftwerke" und andere zivile Ziele werde den Menschen im Kososvo "nicht geholfen", erklärte Jung dazu.

Auch in diesem Jahr werden wieder Flüchtlinge Gäste des Veranstalters sein. Dabei will sich das Plenum auf die in Iserlohn lebenden Asylbewerber beschränken und die in Deilinghofen untergebrachten Vertriebenden aus dem Kosovo nicht berücksichtigen. Jung: "Wir sind nicht in der Lage, 500 Leute zusätzlich einzuladen." Gleichwohl, so der Sprecher, bestünden enge Kontakte zu Kosovo-Albanern.

Der Erlös der Veranstaltung fliesst wieder der Flüchtlingsarbeit zu. Im Vorjahr kamen nach Angaben von Frank Herzberg 10325 Mark zusammen. Die restlichen 600 Mark will das Plenum der Stadt Dortmund überlassen, zur Verbesserung der schlechten Versorgungslage der vom Krieg betroffenden Bevölkerung in deren Partnerstadt Novi Sad.

Eröffnet wird das Fest am 11. Juni mit der "Stürmung" des Zeughauses, bei der Akteure "statt Waffen Waffeln rausholen" wollen. Bereits am Vorabend erinnert das Plenum am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus an die Verfolgung der Juden im Sauerland. Die Rede hält Hans Frankenthal, der in Ausschwitz fast seine gesamte Familie verloren hat.


Westfälische Rundschau, 06.04.1999

Krieg im Kosovo löste kontroverse Diskussionen aus

150 Unterschriften gegen Luftangriffe

WR-Bild: AltendörferIserlohn. (All) Die Nato-Luftangriffe im Kosovo riefen am Samstag erneut das Friedensplenum Iserlohn auf den Plan: Ausgerüstet mit Flugblättern und einem Transparent "Bomben helfen den Menschen im Kosovo nicht" forderten sie, den Krieg in Jugoslawien umgehend zu beenden.

Wie bereits am vergangenen Wochenende löste die Aktion in der Fussgängerzone heftige, emotionale Reaktionen bei den Passanten aus. "Es gab viel Diskussionsbedarf", betonte Jörg Jung, der sich über "fruchtbare Gespräche" mit Passanten aus allen Generationen freute.

"Ganz so schwachsinnig scheinen unsere Forderungen nicht zu sein", blickte das Mitglied des Friedensplenums auf die aktuelle Entwicklung im Krieg auf dem Balkan. So laufe derzeit - wenn auch schleppend - die finanzielle Hilfe für die Länder an, die die Flüchtlingsströme aus den umkämpften Gebieten aufnehmen. Auch diskutiere man darüber, das neutrale Montenegro nicht mehr zu bombardieren und möglicherweise die Russen in die Verhandlungen miteinzubeziehen.

Der Forderung, den Konflikt diplomatisch zu lösen, schlossen sich insgesamt 150 Bürger an, die sich in die ausgelegten Unterschriftenlisten eintrugen. In den kommenden Tagen soll dieser Protest der Bundesregierung übermittelt werden. Heute treffen sich die Aktiven des Friedensplenums wieder im Jugendzentrum Karnacksweg, um weitere Aktivitäten abzusprechen.


Westfälische Rundschau, 01.04.1999

Protestaktion am Ostersamstag auf dem Alten Rathausplatz

FriedensPlenum sammelt Unterschriften gegen den Krieg

Iserlohn. (WR) Das FriedensPlenum Iserlohn weitet seinen Protest gegen den Krieg auf dem Balkan aus. Am Ostersamstag stehen die Aktiven des Plenums nicht nur mit Plakaten vor dem alten Rathaus, sondern sammeln auch Unterschriften gegen die Luftangriffe der Nato.

Nach Meinung der Frauen und Männer im FriedensPlenum verstößt die Bundeswehr mit ihrer Beteiligung an den Luftangriffen gegen das Völkerrecht "Weder ist die Bundesrepublik oder ein verbündeter Staat angegriffen worden, noch liegt ein UNO-Mandat für diesen Militärschlag vor", kritisiert die Iserlohner Gruppe.

Darüberhinaus werde den Menschen im Kosovo durch diesen Krieg nicht geholfen, meint das FriedensPlenum. Das Gegenteil sei der Fall. Infolge der Luftangriffe hätten die internationalen Beobachter und Hilfsorganisationen das Land verlassen müssen. Die Gewalt gegen die Menschen sei immer mehr eskaliert und immer mehr müßten nun flüchten.

Die Unterschriften, die am Samstag gesammelt werden, schickt das FriedensPlenum an die Bundesregierung. Mit ihrem Namen setzen sich die Iserlohner dafür ein, die Bombardierung sofort zu stoppen sowie unter Einbeziehung der russischen Regierung erneut Verhandlungen aufzunehmen, um einen für alle tragbaren Kompromiß zu erreichen.


Westfälische Rundschau, 29.03.1999

Friedensplenum Iserlohn verteilte Flugblätter: "Bombardierung Jugoslawiens soll gestoppt werden"

Krieg im Kosovo erregt Gemüter

Iserlohn. (WR) "Bomben helfen den Menschen im Kosovo nicht". Gleichlautender Titel zierte die Flugblätter, die das Friedensplenum Iserlohn am Samstag in der Stadt verteilte und damit erhitzte Reaktionen auslöste.

"Die Menschen haben sehr emotional reagiert", so Jörg Jung vom Friedensplenum. Zum Teil habe das Plenum für seine Forderung, die Bombardierung Jugoslawiens sofort zu stoppen, "wüste Beschimpfungen" erhalten. Andere hingegen unterstützen die Organisation, die sich für die Stärkung der demokratischen Kräfte Jugoslawiens ausspricht. Ältere Menschen hätten aus ihrer Angst keinen Hehl gemacht, daß sie eine Eskalation des Krieges befürchteten. "Dieses Thema beschäftigt. Es ist völlig ungewöhnlich, dass fremde Leute miteinander diskutieren", so Jörg Jung. Doch bei dieser Flugblattaktion will es das Friedensplenum nicht belassen. Am Dienstag, 30. März, treffen sich die Mitglieder um 20 Uhr im Jugendzentrum, um weitere Massnahmen zu planen.


Westfälische Rundschau, 26.03.1999

FriedensPlenum plant morgen Aktionen

Iserlohn. (-is-) Vermutlich schon morgen wird das örtliche FriedensPlenum mit einer Aktion in der Innenstadt gegen die Luftangriffe der Nato auf Ziele in Jugoslawien demonstrieren.

Wie der Sprecher des Plenums Jörg Jung, gestern auf Anfrage mitteilte. haben die Mitglieder des Plenums bereits am Dienstag über dieses Thema gesprochen. Das einmütige Ergebnis sei gewesen, dass Luftangriffe der falsche Weg seien, im Kosovo Frieden zu schaffen. Zu dem Zeitpunkt allerdings habe man noch gehofft, dass es in letzter Minute auf denn Verhandlungsweg zu einer Lösung komme.

Nachdem sich diese Hoffnung als vergeblich erwiesen habe, werde es das FriedensPlenum "nicht unkommentiert hinnehmen", dass "zum ersten Mal seit 1945 deutsche Truppen im Kriegseinsatz sind." Deshalb werde man kurzfristig "in die Öffentlichkeit gehen".

Wer über dieses Thema reden und sich beteiligen möchte, ist heute abend um 20 Uhr ins Jugendzentrum am Karnacksweg eingeladen.


Stadtspiegel, 21.03.1999

"Ein Gespenst geht um in Europa"

FriedensPlenum probt Revolutionstheater

Iserlohn. (Fa) "Ein Gespenst geht um in Europa": In diesem Jahr jährt sich im Mai zum 150. Mal der Jahrestag des Iserlohner Aufstandes im Zusammenhang mit der Revolution von 1848/49 in Deutschland. Diese historische Situation nimmt das Iserlohner FriedensPlenum zum Anlass, am 15. und 16. Mai ein Theaterstück aufzuführen, das an die damaligen Ereignisse erinnert und zugleich versucht, die damaligen Ziele und Hoffnungen auch für die heutige Zeit sichtbar werden zu lassen.

"Wir wollen nicht das Geschehen von damals 1:1 abbilden, sondern die historischen Ereignisse thematisieren und Verhaltensweisen und Strukturen aufweisen", sagt Peter Treudt, Regisseur und Textbuchschreiber. An fünf historischen Orten in Iserlohn werden einzelne Szenen aufgeführt, die auf bestimmte Ereignisse Bezug nehmen.

Das ganze Unternehmen wird von Iserlohner Laienschauspielern realisiert. Seit Ende Februar probt das Ensemble jeden Donnerstag um 18 Uhr im Jugendzentrum Karnacksweg. "Wir brauchen für die Aufführung mindestens 30 Schauspieler", berichtet Peter Treudt. Die Resonanz bei den Kindern und Jugendlichen war sehr gut, jedoch werden noch Erwachsene gesucht, die sich einmal auf der Bühne versuchen wollen. "Nicht jeder muss Text lernen", so Treudt, "auch Statisten werden noch gesucht."


Westfälische Rundschau, 20.03.1999

Theater, Musik, Anarchogewerkschaft

FriedensPlenum ganz im Zeichen der Revolution

Iserlohn. (gp) Ganz im Zeichen der Revolution 1848/49 stehen die Aktivitäten des FriedensPlenums in diesem Jahr.

In ihrer heissen Phase befinden sich derzeit die Proben für das Revolutionstheater, das am 15. und 16. Mai an fünf historischen Schauplätzen im Stadtgebiet aufgeführt wird. Dennoch sucht das Plenum noch Männer und Frauen, die eine kleinere Sprechrolle übernehmen oder als Statisten mitwirken möchten. Nähere Auskünfte gibt es bei den Proben, jeweils Donnerstags, 18 Uhr, im Jugendzentrum.

Lange Schatten wirft bereits das Friedensfest, das - zeitgleich mit dem IBSV-Schützenfest - vom 11. bis 13. Juni stattfindet. Es wird diesmal, in Anlehnung ans Iserlohner Revolutionsgeschehen, mit einem "Sturm" aufs Zeughaus eröffnet. Dort finden die "Eindringlinge" dann Freibier und Gebäck - "Ran an die Waffe(l)n" - vor. Der Gerstensaft soll diesmal, versprachen die Organistoren gestern, durchaus gekühlt dargeboten werden. Und auch die Probleme mit der Bühne seien beseitigt, unterstrich Sabine Greune, Hauptverantwortliche für das Friedensfest '99.

Auf der Bühne werden sich insgesamt 13 Gruppen tummeln, die aus einer Zahl von immerhin 70 Bewerbungen ("Unser Fest ist zum Selbstläufer geworden") ausgesucht wurden und das gesamte Spektrum "hörbarer Musik" abdecken sollen.

Einige Fixpunkte, wie das Kleinfeldturnier eine Woche vor dem Friedensfest und die Gedenkveranstaltung am Mahnmal Poth, stehen bereits fest, andere Programmelemente befinden sich noch in der Planung. So ist derzeit beispielsweise noch offen, ob am Festsamstag ab 24 Uhr eine Techno-Party an anderer Stelle angeboten wird.

Was ausser Musik und Reden (Schwerpunkte: Atomenergie, Erlassjahr, Kurden, Europawahl) noch stattfinden wird, erfahren potentielle Festbesucher ab April auch im Internet: www.friedensfestival.de lautet die Adresse. Dort wird wohl auch die Abrechnung des Friedensfestes '98 nachzulesen sein, das einen Reinerlös von 10000 Mark für die Flüchtlingshilfe erbrachte.

Gespannt dürfen die Freunde des FriedensPlenums übrigens auf den zweiten Tag des Festes sein. Dann gründet sich auf den Fritz-Kühn-Platz eine "anarchistische Gewerkschaft", die angeblich weltweit operieren wird. Über Ziele und Absichten konnten die Plenumsmitglieder gestern nur unzulänglich berichten. Wie das bei anarchistischen Gewerkschaften halt so ist ...


Westfälische Rundschau, 13.03.1999

Spende vom Plenum

Iserlohn. (WR) Eine Spende in Höhe von 1500 Mark überreichten gestern Sabine Patze, Detlev Paul und Michael Siethoff vom FriedensPlenum Iserlohn an den Hemeraner Arzt Dr. Hussein Kiki. Der Betrag stellt eine Teilerlös des Friedensfestes 1998 dar. Der Mediziner fährt noch Ende diesen Monats nach Damaskus, wo er das Geld an ein Komitee übergibt, das sich um die Unterstützung des kurdischen Volkes kümmert. Die Spende des FriedensPlenum soll in erster Linie für die medizinische Versorgung eingesetzt werden.


Westfälische Rundschau, 26.02.1999

Friedensplenum: Keine Partei

Iserlohn. Zu der gestrigen Veröffentlichung über den Parteiaustritt der bündnisgrünen Politikerin Christa Belabbes und ihre Begründung reagiert jetzt Jörg Jung für das Friedensplenum Iserlohn.

Es bedarf schon einer ziemlich gestörten Wahrnehmungsgabe, um dem Friedensplenum die innerparteilichen Streitigkeiten der Grünen anzulasten. Das Plenum war, ist und bleibt ein überparteilicher Zusammenschluß von Menschen, die sich aus den verschiedensten Gründen außerparlamentarisch engagieren.

Voraussetzung dafür, daß bei uns seit vielen Jahren Grüne, Anarchisten, Sozialdemokraten, Kommunisten, Sozialisten, Mitglieder verschiedener kirchlicher Gruppen und vor allem parteilose Bürger konstruktiv zusammenarbeiten, ist der Umstand, dass Parteipolitik und Glaubensfragen bei uns außen vor bleiben.

Wenn jemand im Friedensplenum mitarbeiten möchte und bereit ist, sich für Frieden, soziale Gerechtigkeit, Toleranz, Freiheit und den Schutz der Umwelt zu engagieren, tut er dies nicht nur als Vertreter einer Partei oder Organisation, sondern einzig und allein als Mitarbeiter des Plenums.

Umgekehrt schließt es die Vielfältigkeit unserer Gruppe aus, sie als Fraktion in einer bestimmten Partei zu benutzen. Wenn sich nun einige bis dahin parteilose Mitarbeiter des Plenums entschlossen haben, den Grünen beizutreten, ist dies ihre private Angelegenheit. Einen Auftrag, in irgendeiner Weise Einfluß auf die Entscheidung einer Partei zu nehmen, gab es nicht und wird es auch nicht geben.

Natürlich wurde im Friedensplenum auch nicht beschlossen, eine bestimmte Person innerhalb der Grünen abzuservieren, weil die lieber zum Schützenfest ging, als auf dem Friedenfestival eine zugesagte Rede zu halten. Ihre Haltung zum Plenum und dessen Fest müssen die Parteien und deren Kandidaten allein vor dem Wähler rechtfertigen.

Und selbst wenn man voraussetzt, daß das Friedenplenum wirklich die Macht und die Absicht besässe, bei den Grünen Wahlen zu entscheiden, dann fragt es sich doch, warum auf den vorderen Listenplätzen der Partei kein einziger Mitarbeiter des Plenums zu finden ist. Hätte das FriedenPlenum wirklich das Ziel gehabt, die Macht bei den Grünen an sich zu reissen, wäre dies auch gelungen. Die Zahl der aktiven Mitarbeiter des Plenums übersteigt die Zahl der aktiven und passiven Mitarbeiter der örtlichen Grünen immer noch erheblich - selbst wenn diese ihre Kinder zur Abstimmung mitbringen.

Jörg Jung, Hohenlimburg


Westfälische Rundschau, 19.02.1999

Briefe an die WR

Gorges: SPD will „sachliche Debatte" ohne „ausländerfeindliche Mißtöne"

Iserlohn. (WR) Auf den Leserbrief von Renate Brunswicker, in dem sie die Unterschriften-Kampagne der CDU gegen die doppelte Staatsbürgerschaft verteidigte („Meinung des Volkes klarmachen", WR vom 16. Februar) reagiert Christian Gorges / Mitglied des SPD-Stadtverbandsvorstands.

In ihrem Leserbrief irrt Frau Brunswicker gleich mehrfach. Die Resolution der Iserlohner SPD, die wir auf dem Stadtverbandsparteitag vor knapp zwei Wochen einstimmig verabschiedet haben, hat ja gar nicht die Unterschriftenaktion der CDU zum Thema, sondern die von der Bundesregierung beabsichtigte Reform des Staatsbürgerschaftsrechts. Wir begrüßen diese Reform, weil nur sie eine wirkliche Integration der oft in der dritten Generation in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger ermöglichen kann.

In der Resolution rufen wir dazu auf, auch in Iserlohn eine sachliche, nicht voll ausländerfeindlichen Mißtönen gestörte Debatte über dieses komplizierte Thema zu führen. Frau Brunswicker scheint nicht willens oder in dir Lage zu solchen Gesprächen zu sein, bei denen es schließlich um vernünftige Lösungen und um Argumente gehen würde und nicht um populistische Stimmungsmache auf dem Rücken unserer ausländischen Mitbürger.

Unsere Aufforderung an die CDU, ihre Unterschriftensammlung zu beenden, steht also nicht im Mittelpunkt der Resolution. Frau Brunswicker sollte ihre zweifelhaften Verdienste um das Verhältnis zwischen Ausländern und Deutschen in Iserlohn an dieser Stelle nicht zu wichtig nehmen.

In der Tat werfen wir Sozialdemokraten den CDU-Funktionären, die wie Frau Brunswicker die Unterschriftenaktion vorantreiben oder sich daran beteiligen, Populismus vor. Frau Brunswicker irrt, wenn sie das als Lob auffaßt und allen Ernstes glaubt, Populismus sei „nichts weiter, als daß man sich die Meinung der Allgemeinheit, des Volkes (!), zu eigen macht und diese Meinung kundtut".

Ein Blick ins Duden-Fremdwörterbuch hätte Frau Brunswicker aufgeklärt: „Populismus: von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik mit dem Ziel, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen". Dem ist nichts hinzuzufügen.

Christian Gorges, Iserlohn

CDU-Aktion: Stimmungsmache gegen Regierung - „Böse Saat geht schon auf!"

Iserlohn. (WR) Mit der Verlautbarungen von Renate Brunswicker setzt sich auch Ernst Geitmann kritisch auseinander:

Der Leser verwundert es schon sehr, daß die CDU die doppelte Staatsbürgerschaft mit einem Mal als großes Problem erkennt, hat sie doch in den 16 Jahren ihrer Regierung hunderttausende Doppelpässe zugelassen. Mag der vorliegende Gesetzentwurf auch seine Schwächen haben, so wäre es der CDU gewiß möglich gewesen, Änderungsvorschläge einzubringen und durchzusetzen. Innenminister Schily hat immer versichert, auf konstruktive Vorschläge eingehen zu wollen. Man erkennt die Absicht, welche hinter der Unterschriftenaktion steckt: Die CDU möchte die im Volk vorhandene Fremdenfeindlichkeit nutzen, um Stimmung gegen die Regierung zu machen, gleichgültig was dabei geschieht. Die böse Saat geht schon auf!

Erschreckend ist für mich besonders, daß sich Menschen wie Frau MdL Brunswicker, die darüber hinaus auch noch stellvertretende Bürgermeisterin ist, so weit aus dem Fenster lehnen und sich nicht „beirren" lassen wollen. Die Dame müßte eigentlich für alle Bürger da sein, stattdessen hetzt sie an herausgehobener Stelle. Als Leser, der auch die jüngere Vergangenheit kennt, wundere ich mich allerdings nicht. Von jemandem, der wie Frau Brunswicker mit Trillerpfeifen gegen einen Friedensnobelpreisträger vorging, erwartet man nicht allzuviel. Das Niveau der politischen Auseinandersetzung wurde also über 20 Jahre gehalten. Stramme Leistung. Der Weg zu Einsicht und Umkehr ist aber niemals verbaut.

Ernst Geitmann, Iserlohn-Oestrich


Westfälische Rundschau, 18.02.1999

Iserlohner Kurden zu friedlichen Aktionen motivieren

"Besorgnis": Friedensplenum schreibt an Joschka Fischer

Iserlohn. (WR) Mit "großer Besorgnis" wendet sich das Friedensplenum Iserlohn nach der Inhaftierung des PKK-Führers Abdullah Öcalan an Aussenminister Fischer und die im Bundestag vertretenen Parteien.

In dem von Detlev Paul unterzeichneten Schreiben, fordert das Friedensplenum den deutschen Bundestag auf, zu seiner Verantwortung zu stehen und sich für die Einhaltung der Menschenrechte und die friedliche Lösung der Kurdenproblematik einzusetzen. Dabei müsse der türkischen Regierung unmissverständlich klargemacht werden, dass weder die Hinrichtung des PKK-Führers, noch die Fortsetzung eines Krieges gegen die Kurden zu einer Lösung führten. Diese könne nur darin bestehen, dem kurdischen Volk zur Verwirklichung seines Selbstbestimmungsrechts zu verhelfen.

"Sollte sich die Bundesregierung in dieser Frage erneut aus der Verantwortung stehlen", schreibt das Friedensplenum weiter, "wären die Konsequenzen nicht abzusehen. Unabhängig davon, wie man zu der Politik der PKK und der Person Öcalans steht, ist vorhersehbar, daß die Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit der Kurden zwangsläufig zu einer Stärkung der radikalen Kräfte führen würde. Dies kann nicht Ziel der deutschen Innen- und Außenpolitik sein."

Nicht nur mit Schreiben nach Bonn, sondern auch vor Ort wird das Friedensplenum aktiv. Dessen Mitglieder beschlossen am Dienstag abend, in Iserlohn lebende Kurden anzusprechen und auf sie einzuwirken, friedlich auf Öcalans Festnahme zu reagieren.


Westfälische Rundschau, 16.02.1999

Diözesantag fordert die CDU zu einem Ende der Unterschriftenaktion auf

„Nicht von Parolen beeindrucken lassen"

Iserlohn/Paderborn. (WR) Eine differenzierte und sachliche Auseinandersetzung mit den Problemen nichtdeutscher Zuwanderer fordert die Vertretung des Diözesantages im Erzbistum Paderborn.

Der Ständige Ausschuß dieses Gremiums sprach sich jetzt für eine Verbesserung der sozialen Integration ausländischer Mitbürger aus; er erwarte zudem ein baldiges Ende der kürzlich gestarteten Unterschriftenaktion.

Die Vertretung des Laienka-tholizismus verstehe sich und ihre Mitchristen im Erzbistum als weltoffene und selbstbewußte Bürgerinnen und Bürger. Sie alle seien aufgerufen, die schwierige innenpolitische Frage der Staatsbürgerschaft nicht auf der Straße lösen zu wollen. Gefordert seien Toleranz und Offenheit; der Diözesantag bittet deshalb alle Wählerinnen und Wähler, sich nicht von Stammtischängsten oder bloßen Parolen beeindrucken zu lassen, sondern sich beispielsweise um Hintergrundinformationen zu bemühen und Kontakte zu suchen.

Der Diözesantag, so heißt es weiter, habe sich in den vergangenen Jahren mehrfach gegen Fremdenhaß ausgesprochen und dabei wiederholt: „Wer sich mutig ohne Rücksicht auf seine Person vor die Fremden in unserem Land stellt, bekennt seinen Glauben an den Schöpfer aller Menschen und den friedenstiftenden Gott."


Westfälische Rundschau, 29.01.1999

FriedensPlenum kritisiert CDU

Iserlohn. Das FriedensPlenum kritisiert die CDU-Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Bei dieser Aktion handele es sich um eine "mediengerechte Stimmungsmache auf dem Rücken der hier seit vielen Jahren ohne deutschen Pass lebenden Menschen", schreibt das FriedensPlenum in seiner Stellungsnahme. Dabei würde die Spaltung der Gesellschaft bewusst in Kauf genommen. Die CDU knüpfe damit an ihre "Sündenbockpolitik" an. Man fordere die CDU auf, diese "gefährliche Stimmungsmache" zu stoppen und sich in Iserlohn aktiv für die Integration der ausländischen Mitbürger einzusetzen.


Westfälische Rundschau, 28.01.1999

Demo angekündigt:

Plenum und Jusos gegen CDU-Aktion

Iserlohn. (WR) Gemeinsam mit den Jungsozialisten vor Ort will das Friedensplenum der bereits laufenden Kampagne der Iserlohner CDU gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Widerstand entgegensetzen. Darauf verständigten sich am Dienstagabend die Teilnehmer einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung im JuZ. Geplant ist demnach eine spontane Demonstration bei einer der nächsten öffentlichen Unterschriften-Aktionen der Union. Dabei, liess das Plenum gestern weiter verlauten, werde jedoch auch das Gespräch mit Christdemokraten und Bürgern gesucht.

Das Friedensplenum hatte der CDU kürzlich in einer Mitteilung "geistige Brandstiftung" vorgeworfen.


Westfälische Rundschau, 27.01.1999

Stadtverband: "Legitimes demokratisches Mittel"

CDU: Aktion geht weiter

Iserlohn. (WR) Trotz heftiger Kritik von Bündnisgrünen und Friedensplenum will die Iserlohner CDU ihre Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft fortsetzen. Diesen Entschluss fasste jetzt der geschäftsführende Vorstand des Stadtverbands.

Einstimmig stellte sich der Vorstand der Union hinter die Aktion, die am vergangenen Samstag in der Innenstadt begann (WR berichtete). Dabei kamen bereits über 1100 Unterschriften zusammen.

Nach Darstellung ihres Pressesprechers Hartmut Bogatzki betrachtet die CDU Iserlohn die Aktion als "ein legitimes, demokratisches Mittel zur Beeinflussung der Entscheidung im Parlament." In diesem Zusammenhang verweist die Erklärung auf den Begleittext der Unterschriftenlisten, in dem die CDU versichert, den hier lebenden Ausländern und ihren Kindern "die Integration und den Erwerb der deutscher Staatsangehörigkeit erleichtern" zu wollen.

Nach eigenen Angaben plant die CDU am kommenden Samstag in der Letmather Innenstadt den nächsten von weiteren Informationsständen. Daneben bestehe die Möglichkeit, Unterschriften in der CDU-Geschäftsstelle an der Wermingser Straße 48 zu leisten, montags bis mittwochs von 9 bis 12 Uhr sowie Donnerstags von 14 bis 18 Uhr Zusätzlich ist die Geschäftsstelle am heutigen Mittwoch nachmittag geöffnet.


Westfälische Rundschau, 26.01.1999

Heute Treffen - FriedensPlenum kritisiert CDU

Aktion "geistige Brandstiftung"

Iserlohn. (WR) Im JuZ am Karnacksweg steht heute um 20 Uhr das erste Vorbereitungstreffen für das 9. Friedensfestival auf dem Programm.

Nach Angaben des FriedensPlenum wird dabei nicht nur traditionell das Motto der Großveranstaltung im Frühsommer festgelegt, sondern auch der Ablauf im Detail abgeklärt. Dazu gehört unter anderen die Gestaltung des Musik- und Kulturprogramms, die Diskussion über politische Inhalte und die Einbindung der Flüchtlinge in das Fest. Weiterhin gefragt sind noch Ideen zur Verbesserung der Infrastruktur, Bühne, Zelte, Info und Essenstände Überdies sucht das Plenum, das ausdrücklich auch die Kritiker des Festivals im vergangenen Jahr einlädt, freiwillige Helfer und Helferinnen.

Bereits um 19 Uhr tritt das Plenum an gleicher Stelle zu einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung, die sich mit der CDU-Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft befasst, zusammen. Nachdem bereits in der vergangenen Woche Einigkeit darüber bestanden habe, "dass diese Form der geistigen Brandstiftung nicht widerspruchslos hingenommen werden darf", heisst es dazu in der Mitteilung, sollten jetzt "konkrete Gegenmassnahmen vorbereitet werden".


Westfälische Rundschau, 25.01.1999

Nebenbei bemerkt

Hörenswert

Was letztlich die Iserlohner Christdemokraten dazu brachte, die Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft binnen 36 Stunden und; noch vor der für heute abend geplanten Beratung im Stadtverbandsvorstand auf die Beine zu stellen, darüber kann man spekulieren. War es wirklich das festgestellte "Bedürfnis" in der Bevölkerung? Oder haben sie vielleicht Wind bekommen von den Veranstaltungen "Ja zur Integration - Ja zur doppelten Staatsbürgerschaft", die die Iserlohner Jungsozialisten und das Friedensplenum für den kommenden Samstag geplant haben?

Initiatorin Renate Brunswicker lieferte am Stand jedenfalls auch eine hörenswerte Erklärung: "Als ich am Donnerstag abend die Listen in den Händen hielt, da ... ich hatte einen Traum: Renate, du mußt das so schnell wie möglich machen."

Ob ernst gemeint oder nur schlechter Scherz: Was würde Martin Luther King wohl denken, wenn ein Teil seines bekanntesten Zitats in einem solchen Kontext Verwendung findet?

Torsten Lehmann