Pressespiegel 2007

Iserlohner Kreisanzeiger, 18.06.2007

17. ISERLOHNER FRIEDENSFESTIVAL

Viel mehr als klasse Musik

„Ragin1 Diarrhea" starker Top-Act am Samstag / Volles Festivalgelände am Sonntag

ISERLOHN. (rat) Man fragt sich wirklich, was das eigentlich für Leute sind. Die spielen in einer Band, von deren Erträgen sie totsicher nicht leben können, setzen sich in einen Bus und fahren ungefähr 500 Kilometer aus dem Allgäu nach Iserlohn; um hier ohne einen Pfennig Gage die Party auf dem Friedensfest zu schmeißen.

Dass so etwas funktioniert, spricht wohl für beide Seiten - für das Friedensfest, das sich inzwischen weit über die Grenzen Iserlohns hinaus als alternatives Musikfestival einen Namen gemacht hat und sich auch in Iserlohn immer stärker etabliert, aber auch für die Bands, die in vielen Fällen jede Menge Strapazen auf sich nehmen, um auf dem Festival eine Party zu feiern.

Am Samstagabend gelang das einmal mehr glänzend. Nachdem die letzten Kraftausbrüche des „Knüppel-Freitags", wie der Eröffnungstag wegen seiner traditionellen Härte und Lautstärke beim Stammpublikum genannt wird, verklungen waren, ging es am Samstag bei zunächst eher mäßigem Wetter sehr viel freundlicher und sowohl party- als auch familientauglicher weiter. Als Top-Act standen „Ragin' Diarrhea" aus Bayern auf der Bühne, die mit einer Mischung aus Ska, Punk und Rock - vor allem aber aus Ska - und zwei irren Bläsern eine Mörder-Show ablieferten, die alle maßlos begeisterte.

Wetterbedingt lag der Sonntag stimmungsmäßig sogar noch weiter vorne. Schon am Nachmittag war das Gelände proppenvoll mit einem buntem Volk, das man in dieser Mischung auch nur auf dem Friedensfestival antrifft, und das sich von der Iserlohner Weltmusik-Formation „Rootsgaia" zu den Wurzeln der Musik entführen ließ. Mit „Swim" und den „Analogue Birds" fand das Festival schließlich einen ebenso unkonventionellen wie begeisternden musikalischen Abschluss.

Die Masse Musik ist aber nicht alles, was das Festival ausmacht Neben den Bands standen wie immer politische Redner auf der Bühne, die passend zum Motto „Klimawandel jetzt - soziale Kälte stoppen" über die Situation von Asylbewerbern, über die Hartz-IV-Gesetzgebung und über den G-8-Gipfel berichteten. Dazu gab es wie immer viel Programm für die Kinder sowie Info- und Verkäufsstände mit allem, was inhaltlich, äußerlich und kulinarisch zum Festival gehört.

Was das Friedensfestival aber noch stärker ausmacht, ist die besondere Atmosphäre, die dieses bunte Menschengemisch ausstrahlt, sowie das Bemühen der Organisatoren, die soziale Kälte ein wenig abzumildern. Dazu gehört zum Beispiel, dass der komplette Erlös des Festes für die Flüchtlingshilfe und andere soziale Projekte in Iserlohn gespendet wird. Die Massen, die gestern auf den Beinen waren, lassen da auf einen großen Überschuss hoffen. Auch dieses soziale Anliegen des Friedensplenums hat sich inzwischen herumgesprochen. Das "La Siesta" im CineStar etwa hat aus diesem Grund 100 Liter Erbsensuppe für das Festival gestiftet. Eine Idee vom dem besonderen Flair des Festivals konnte aber auch bekommen, wer am Samstag die achtköpfige Junggesellenabschieds-Gesellschaft gesehen hat, die sich durch die Menge schlängelte. An der Bierbude angekommen fackelten die Helfer vom Plenum nicht lange und spendierten den jungen Männern spontan ein Kiste für ihre Feier. So etwas erlebt man wohl auch nur auf dem Friedensfestival.

Eine Fotostrecke mit vielen Impressionen vom Festival finden Sie im Internet unter www.ikz-online.de.


Iserlohner Kreisanzeiger, 16.06.2007

Volle Wiese am späten Abend

Iserlohn. (rat) Das Klima wird rauer, die Zeiten härter - das wurde auch gestern Abend beim Friedenfestival deutlich spürbar. Denn erstmals musste sich das Publikum die erste Runde Freibier zum Auftakt hart erkämpfen.

Passend zum Festival-Motto "Klimawandel jetzt - soziale Kälte stoppen" hatte Mitorganisator Detlev Paul den Bier-Ausschank mit einem kleinen Hartz-IV-Quiz verbunden. Was muss ich machen, um als Hartz-IV-Empfänger mal ein paar Tage wegzufahren? Was bleibt mir, wenn ich etwas erbe? Und wie bekomme ich Schulbücher für meine Kinder? Die Einschränkungen, die vielen Langzeit-Arbeitslosen heute zu schaffen machen, waren den meisten im Publikum wohl bekannt. Nur dass man als Hartz-IV-Empfänger das Friedensfestival nicht veranstalten darf, wussten die wenigsten. Denn obwohl am Ende ohnehin alles gespendet wird, würde ein möglicher Einnahmen-Überschuss als Einkommen gelten. Das Freibier wurde natürlich dennoch ausgeschenkt.

Musikalisch ging es gleich sehr abwechselungsreich zur Sache. Die Iserlohner Band "Dead Music Society" gab mit flottem Punk-Rock den Opener und konnte kurz nach dem Regen nur eine eher kleine Schar Fans vor die Bühne unter der Obersten Stadtkirche locken. Danach kamen die Headbanger bei der Band "Cavidan" auf ihre Kosten. Böse grunzend und heftig die Metal-Gitarren schruppend verbreiteten die Mendener Jungs ihr ganz eigenes Flair. Sehr viel filigraner und vor allem auch partytauglicher wurde es dann bei der Dortmunder Ska-Band "3dirty7", die die Wiese dann auch füllten und den Weg für den Top-Act "Deafcon*x" bereiteten.

Für Irritationen am Rande sorgten einige Jugendliche, die die Veranstalter vom Friedensplenum mit "Sieg Heil"-Rufen und dem Hilter-Gruß provozieren wollten. Um Auseinandersetzungen vorzubeugen, riefen die Organisatoren umgehend die Polizei, was auch seine Wirkung zeigte. Eine Provokation anderer Art konnte sich wiederum Jörg Jung vom Plenum nicht verkneifen. Erneut musste er Fritz Kühn von der Bühne herab als Nazi titulieren und erneut musste er sich an dem ehemaligen IBSV-Oberst Horst Fischer reiben, was letzlich aber kaum noch jemanden auf dem Festival interessierte.


Iserlohner Kreisanzeiger, 16.06.2007

Erinnerungen an Hausbesetzer?

John Bell möchte eine Chronik erstellen / Jost Sauer arbeitet in Australien als Therapeut

ISERLOHN. (treu) Die Kalenderblätter zeigten den 9. Januar 1981, als sich eine Gruppe junger Menschen in Iserlohn anschickte, auch ein Stück Stadt- und Landesgeschichte zu schreiben. Als sie nämlich in den Morgenstunden dieses Tages im Handstreich eine zugemauerte Tür an der Friedrichstraße aufgebrochen und durchschritten hatten, gab es in der Waldstadt auch etwas, was bereits in anderen Städten des Landes für Furore gesorgt hatte: eine sozial begründete „Hausbesetzung". Oder eben eine „Instandbesetzung" wie es die Organisatoren in den Tagen danach auch nannten. Einer von ihnen: der gebürtige Engländer und damalige Wahl-lserlohner John Bell.

Zeitsprung ins 2007: John Bell ist heute 53 Jahre alt, lebt wieder in Iserlohn: 1986 hatte er Deutschland verlassen, war nach England zurückgekehrt. „Mein Vater war als Berufssoldat nach Iserlohn versetzt worden, darum waren wir in meiner Jugend überhaupt ins Sauerland gekommen," erzählt er. Doch die Kontakte nach Iserlohn blieben auch nach seiner Rückkehr bestehen, John Bell heiratete eine Iserlohnerin, kam wieder. Er wurde Vater einer Tochter und musste erleben, dass seine Frau viel zu jung verstarb. „Seitdem bin ich eben alleinerziehender Vater", erzählt er mit leiser Stimme und man kann ahnen, dass das Leben des John Bell irgendwie besonders war. Wahrlich nicht leicht und irgendwie anders.

Vor ein paar Wochen nun saß Bell in einem Internet-Cafe, um im Netz nach Arbeitsmöglichkeiten zu suchen. Und weil noch etwas Geld im Rechner steckte, kam ihm die Idee, mal einen Namen eines Wegbegleiters der damaligen Instandbesetzungs-Aktion einzutippen: Jost Sauer.

Und John Bell staunte nicht schlecht, als er lesen konnte, das sich Sauer inzwischen in Australien und einen Namen als Drogen-Therapeut gemacht hat, der in erster Linie die Erkenntnisse der chinesischen Medizin einsetzt.

Bell setzte sich per Mail mit Sauer in Verbindung und bekam ebenfalls postwendend Antwort. Bis hin zu der Information, dass Sauer sich gut vorstellen könne, nach Iserlohn zu kommen, um vor Ort Erinnerungen an vergangene Zeiten auszutauschen. Das nun wiederum brachte Bell auf den Gedanken, auch nach dem Verbleib der anderen Gruppenmitglieder zu fahnden. „Wir waren ja rund so zehn bis 15 Personen, die den harten Kern stellten." Einige konnte er inzwischen schon ausfindig machen. Hamburg, Berlin, Usedom - von Iserlohn aus hat es einige in die Ferne getrieben.

John Beils Chronisten-Pläne werden nun aber immer konkreter. Am 20. und 21. Oktober soll es ein Treffen der Gruppe in Iserlohn geben. Jost Sauer hat dazu bereits sein Erscheinen zugesagt. Erscheinen soll aus diesem Anlass auch eine Chronik der Ereignisse. John Bell hat zu diesem Zweck bereits die Zeitungsarchive der Region ausgewertet. Aber er sucht auch noch immer Kontakte zu Menschen, die Erinnerungen an die Menschen und die Ereignisse rund um die Aktionen seiner Gruppe an der Friedrichstraße in den Jahren 1981 bis 1983 haben und vielleicht auch noch über Material darüber verfügen. Auch kleinere Details sind ihm wichtig: „Ich suche zum Beispiel noch Kontakt zu einer Theatergruppe ,Klitsche', die damals bei uns aufgetreten ist. Kennt die noch jemand?"

Wer Hinweise aller Art geben kann sollte sich telefonisch melden bei John Bell unter 02371/13762.


Iserlohner Kreisanzeiger, 15.06.2007

Seltmann Sicht zu der „Streitsache Kriegsende"

Genaue Klärung wohl nicht möglich / Kritik an der Gedenktafel

ISERLOHN. (stef) Mit einer Kranzniederlegung am Mahnmal am Poth gedachte gestern das Friedensplenum den Opfern das Nationalsozialismus. Wie in jedem Jahr läutet diese Veranstaltung das Friedensfest ein, dessen 17. Ausgabe am heutigen Freitag beginnt.

Andreas Seckelmann machte in seiner Begrüßung deutlich, dass es besonders wichtig sei, sich mit der Vergangenheit in seiner eigenen Stadt zu befassen. Dies tat ganz detailliert der Iserlohner Historiker Wolf Seltmann, der sich in seinem im Herbst erscheinenden Buch mit der gültigen Geschichte des Kriegsendes in Iserlohn auseinandersetzt und dabei erhebliche Zweifel anmeldet. In der „Streitsache Kriegsende" kommt Seltmann zu dem Schluss, dass Albert Ernst den Krieg in Iserlohn um einen Tag verlängert und die Stadt der Gefahr einer Flächenbombardierung durch die Amerikaner ausgesetzt habe. Otto Perl sei es gewesen, der die Amerikaner ins Rathaus geführt habe, wer allerdings der Verhandlungsführer gewesen sei, ließe sich heute nicht mehr feststellen, zu unterschiedlich, auch von ihrem Interesse her, seien die Zeugenberichte. Eine genaue Klärung der damaligen Ereignisse, so Wolf Seltmann, sei nicht mehr möglich. Gewiss sei aber, dass beide auf der von ihm kritisierten Gedenktafel verewigten Männer einem verbrecherischen System loyal gedient hätten. „Einer kam dafür ins Zuchthaus, der andere wurde ausgezeichnet, der eine hat das Unrecht seiner Taten eingesehen, bei dem anderen misst man jedes kritische Überdenken", so Seltmann.


Iserlohner Kreisanzeiger, 14.06.2007

Friedensfestival in Iserlohn

Iserlohn. (wp) Das 17. Friedensfestival steht vor der Tür mit drei Tagen Livemusik, Politik, internationalen Speisen, Kinderprogramm und alternativem Flair in der Iserlohner Altstadt (Platz an der Bauernkirche). Das Programm:

Freitag, 15. Juni 18 Uhr Dead Music Society (Iserlohn), 19.25 Uhr Cavidan, 21.05 Uhr 3dirty7, 22.40 Uhr Deafcon x Samstag, 16. Juni 15.35 Uhr Feuer und Flamme, 17.05 Umbrella, 18.35 Uhr Rede: Cornelius Yufanyi, The Voice e.V., zur deutschen Flüchtlingspolitik, 18.50 Uhr Vokale Küche, 20.30 Uhr Rede: Harald Thome, Tacheles e.V., Hartz IV und die Armut in der BRD, 20.45 Uhr Consenso 22.30 Uhr Ragin Diarrhea Sonntag, 17. Juni 15.35 Uhr Sunburn in Cyprus, 17.15 Uhr Rootsgala, 18.45 Uhr Rede: Claudia Jetter, Attac, Gegenwind auf dem G8-Gipfel, 19 Uhr Swim 20.35 Uhr Analogue Birds.

Unter dem Motto "Klimawandel jetzt - soziale Kälte stoppen" wird der inhaltliche Schwerpunkt in diesem Jahr auf die Gefährdung des sozialen Friedens und dessen Folgen gelegt. Der Eintritt zum Benefizfestival für Flüchtlinge und soziale Projekte, veranstaltet vom Friedensplenum Iserlohn, ist frei.


Iserlohner Kreisanzeiger, 12.06.2007

Alternative zum Mainstream

Iserlohn. (rat) "Umsonst und draußen" lautet das Motto auch beim nunmehr 17. Friedensfestival an der Bauernkirche. Ab dem kommenden Freitag, 15. Juni, werden sich auf dem Festival-Gelände drei Tage lang insgesamt 13 Bands die Klinke in die Hand geben.

Dazu wird es drei politische Reden geben, die traditionelle Festival-Zeitung mit lokalen und überregionalen Themen liegt aus, und mit einem breiten Kinderprogramm aus Kreativität, Spiel und Bewegung sowie dem traditionellen Budendorf mit Infoständen und internationalen Spezialitäten wird auch das Bild an der Baunerkirche so bunt sein, wie man es aus den vorigen Jahren gewohnt ist.

Musikalisch setzen die Organisatoren ihren Weg konsequent fort, denn schon in den vergangenen Jahren ist aus dem Punk-Festival von einst längst ein vielfältiges und innovatives Angebot mit willkommenen Alternativen zum Pop-Mainstream geworden, das regelmäßig auch neuen Bands der heimischen Szene eine Bühne bietet. Mit vielversprechenden Gruppen, die unterschiedlichste aber immer partytaugliche Richtungen vom Ska bis zum HipHop und vom Pop-Punk bis zur Weltmusik abdecken, scheinen die Veranstalter auch in diesem Jahr die Nase wieder vorne zu haben. Neben heimschen Bands wie der "Dead Music Society", "Cavidan", "Rootsgaia" oder der integrativen Rockband "Feuer und Flamme" aus Kierspe stehen wieder interessante Fusion-Bands auf dem Programm, die starke Mischungen verschiedener Stile versprechen. "Deafcon*x", der Headliner am Freitag, mixen beispielsweise verschiedene Einflüsse zu einer Melange aus New Metal, HipHop und Drum'n'Base. Die sechsköpfige Truppe "Ragin' Diarrhea" - Top-Act am Samstag - gestalten knackige Beats, melodiöse Gitarrenriffs und ausgefeilte Bläsereinsätze zu einem eigenen Soundmix aus Ska, Punk, Rock und Reggae. Und die "Analogue Birds", die das Festival am Sonntag beschließen, überraschen mit einem unkonventionellen Instrumenteneinsatz aus Didgeridoo, Bass, Tuba, Drums und Percussion und sorgen so für außergewöhnliche Klänge und groovige, treibende Beats.

Politisch heißt das Motto der 17. Auflage "Klimawandel jetzt - soziale Kälte stoppen". Gemäß dem Vorsatz des Friedensplenums soll das Festival mehr als eine tolle Party sein: "Es soll Stellung beziehen und angesichts der Probleme, die den Einzelnen oder die Gesellschaft bedrücken, dazu ermuntern, den Kopf nicht in den Sand zu stecken", wie es auf der Homepage des Festivals heißt. Als Redner kommen Cornelius Yufanyi von der Organisation "The Voice" mit einem Beitrag zur deutschen Flüchtlingspolitik, Harald Thomé vom Verein "Tacheles" mit dem Thema "Hartz IV und die Armut in der BRD" und die Attac-Aktivistin Claudia Jetter mit einem Bericht vom G8-Gipfel nach Iserlohn.

Damit das Festival-Motto "umsonst und draußen" auch in diesem Jahr funktioniert, haben es die Organisatoren erneut geschafft, alle Bands und Redner ohne Gage für das Festival zu begeistern. Mögliche Überschüsse kommen der Flüchtlingsarbeit und sozialen Projekten in Iserlohn zugute. Zum Start des Festivals lädt das Friedensplenum bereits am Donnerstag zur traditionellen Gedenkfeier für die Opfer des Nationalsozialismus am Mahnmal am Poth ein. Wolf Seltmann wird zum Thema "Gedenken und Erinnern" das Kriegsende in Iserlohn beleuchten.