Pressespiegel 2019

Iserlohner Krteisanzeiger, 13.11.2019

Rund 150 zeigen Flagge

Gute Resonanz bei Gedenken an Reichspogromnacht

Mit jüdischen Weisen, die er auf dem Saxofon spielte, beeindruckte der Iserlohner Musikschüler Tobias Henke an der Gedenktafel. Foto: Ralf Tiemann

Iserlohn „Es wird aber auch Zeit, dass wir mal Flagge zeigen“, konnte man am Samstag eine Frau beim Marsch durch die Innenstadt sagen hören, und mit dieser Ansicht war sie nicht alleine: Rund 150 Menschen waren 81 Jahre nach der Reichspogromnacht, in der auch in Iserlohn das jüdische Leben zerstört wurde, dem Aufruf von Pax Christi, Friedensplenum und den im Rat der Stadt vertretenen Parteien gefolgt, um an den Opfern des Dritten Reiches zu gedenken.
Flagge zeigen, weil die jüngsten Ereignisse – der Anschlag auf die Synagoge in Halle, die vielen rassistisch und von Rechts motivierten Straftaten sowie die Wahlergebnisse der AfD, die bemüht ist, die Nazi-Verbrechen zu verharmlosen – für viele Menschen bedrohliche Ausmaße annehmen. Das wurde auch in den vielen Redebeiträgen deutlich. An der Gedenktafel am Standort der früheren Synagoge an der Mendener Straße ergriff zunächst der stellvertretende Bürgermeister Thorsten Schick das Wort und unterfütterte den rechten Terror in Deutschland mit beängstigenden Zahlen: Die Zahl der rechtsmotivierten Straftaten seien in NRW in diesem Jahr um 22 Prozent gestiegen, mehr als 3000 Menschen NRW würden als rechtsextrem geführt, 2000 von ihnen gelten als gewaltbereit.
Auch die Historikerin Alexandra Lehmann, die eine Forschungsarbeit zum Gedenken in Iserlohn vorgelegt hat, mahnte, dass diejenigen, die NS-Verbrechen verleugnen oder verharmlosen, keinen Platz in unserer Gesellschaft haben dürfen. Sie machte die Iserlohner Geschehnisse aus der Reichspogromnacht ganz plastisch, versetzte sich in die Lage der verfolgten Juden, ihre Angst und ihren Schmerz. Untermalt wurde der Start der Gedenkveranstaltung von dem Iserlohner Musikschüler Tobias Henke, der jüdische Weisen auf dem Saxophon spielte.

Beeindruckende Aktion des Kinder- und Jugendrates

Der anschließende Marsch durch die Innenstadt zum Mahnmal am Poth wurde von Mitgliedern des Kinder-Jugendrates angeführt, die Spruchtafeln für diesen Tag gestaltet hatten. Außerdem wurde der Poth von den lebensgroßen Holzpuppen des Jugendrates gesäumt, mit denen sie für Kinderrechte demonstrieren. Am Mahnmal, wo Thorsten Schick einen Kranz niederlegte, sprachen noch Pfarrer Dr. Gottfried Abrath und Vertreter der Kinder- und Jugendrates. Abrath erklärte unter anderem, dass es unerträglich sei, dass das Mahnmal kürzlich mit Farbe besprüht worden sei.

Vom Kinder- und Jugendrat war zu hören, dass es wichtig sei, dass sich alle an den Kinderrechten orientieren, damit Kinder und Jugendliche einen Platz in der Gesellschaft finden und nicht auf rechtsradikale Parolen hereinfallen. rat


Iserlohner Kreisanzeiger, 09.11.2019

Der Opfer gedenken

18 Uhr am Gedenkstein für die Synagoge

Iserlohn Die Stadt Iserlohn erinnert an die Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus, zu der alle Interessierten am heutigen Samstag, 9. November, eingeladen sind. Sie beginnt um 18 Uhr am Gedenkstein für die Synagoge (Mendener Straße/ Ecke Karnacksweg).
Der stellvertretende Bürgermeister Thorsten Schick wird die Teilnehmer begrüßen. Anschließend sprechen die Historikerin Alexandra Lehmann und Klaus Gith vom „FriedensPlenum“. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung von Tobias Henke, Schüler der Musikschule Iserlohn. Im Anschluss begeben sich die Teilnehmer auf einen Schweigegang durch die Innenstadt zum Mahnmal am Poth mit Zwischenstopps an den „Stolpersteinen“. Am Mahnmal wird Pfarrer Dr. Gottfried Abrath an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Wie in den Vorjahren bereitet auch der Kinder- und Jugendrat einen Beitrag vor. Die Veranstaltung endet mit Blumen- und Kranzniederlegung am dortigen Mahnmal. Die Mahnveranstaltung ist eine gemeinsame Aktion von Pax Christi, „FriedensPlenum“ und der im Rat vertretenen Parteien der Stadt Iserlohn.


Iserlohner Kreisanzeiger, 07.11.2019

Mitglieder des Friedensplenums putzen die Stolpersteine. rat

Schweigegang zum Mahnmal

Gedenkveranstaltung am 9. November

Iserlohn Am 9. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen. Auch in Iserlohn waren die jüdischen Bürger mit ihrem Hab und Gut ungehemmter Gewalt ausgesetzt. Die Synagoge an der Mendener Straße wurde in Brand gesteckt, jüdische Nachbarn wurden drangsaliert, angegriffen und ausgeraubt. Die Novemberpogrome steigerten den staatlichen Antisemitismus zur Existenzbedrohung für die Juden im damaligen Deutschen Reich.
Auch in diesem Jahr sind Bürger eingeladen, an der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus teilzunehmen. Beginn ist am Samstag, 9. November, um 18 Uhr am Gedenkstein für die Synagoge (Mendener Straße/Ecke Karnacksweg). Der stellvertretende Bürgermeister Thorsten Schick wird die Teilnehmer begrüßen. Anschließend sprechen die langjährige Redakteurin Alexandra Lehmann und Klaus Gith vom Friedensplenum.
Im Anschluss begeben sich die Teilnehmer auf einen Schweigegang zum Mahnmal am Poth, wo der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Wie in den Vorjahren bereitet auch der Kinder- und Jugendrat einen Beitrag vor. Die Veranstaltung endet mit Blumen- und Kranzniederlegung am Mahnmal.


Iserlohner Kreisanzeiger, 07.11.2019

Das Mahnmal am Poth hat Iserlohn lange beschäftigt. Die ersten Entwürfe von Siegfried Neuenhausen links und rechts wurden abgelehnt. Iserlohn sollte dauerhaft nicht als „Stadt unterm Galgen“ erscheinen. Das Bild in der Mitte zeigt den Iserlohner Initiator Ulrich Dragon vor der endgültigen Version im Künstleratelier. Fotos: Privat

Weiterhin mutig für das Vergangene einstehen

Alexandra Lehmann verbindet ihren Vortrag zur Erinnerungskultur in Iserlohn mit einem klaren Appell

Ralf Tiemann

Iserlohn Mut zur Erinnerung – so hat Alexandra Lehmann ihren Vortrag zur Erinnerungs- und Gedenkkultur für die NS-Opfer in Iserlohn betitelt. Denn Mut brauchte und braucht es offensichtlich, um ein Gedenken der Nazi-Gräueltaten anzustoßen – das jedenfalls ist das Ergebnis ihrer Untersuchungen.
Die 44-jährige Iserlohnerin, die lange Jahre als Zeitungsredakteurin tätig war und jetzt im Offenen Ganztag der Sümmerner Grundschule arbeitet, hatte vor zwei Jahren ihr Studium in den Fächern Geschichte und Germanistik wieder aufgenommen und nun ihre Bachelor-Arbeit zur Erinnerungskultur in Iserlohn vorgelegt. Am Dienstag hat sie ihre Ergebnisse im Rahmen der stadtgeschichtlichen Vortragsreihe von Stadtarchiv und Volkshochschule in der Alten Post vorgestellt und damit für einen vollen Saal gesorgt. Denn – das räumte auch Stadtarchivar Rico Quaschny zu Beginn ein – nach der Attacke auf eine Synagoge in Halle und angesichts des allgemeinen politischen Klimas könne dieses Thema kaum aktueller sein.

Erste Gedenkveranstaltung in Iserlohn im Jahr 1947

Im Zentrum der Recherchen von Alexandra Lehmann stehen die 80er Jahre, die eine Wende und einen Durchbruch hin zu einer neuen Erinnerungskultur markieren. Zuvor, von der unmittelbaren Nachkriegszeit, bis in die 70er Jahre hinein seien lediglich zwei Gedenkveranstaltungen überliefert: einmal von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Gewerkschaften im Jahr 1947 und eine Gedenkkundgebung auf Einladung der jüdischen Gemeinde im Kreis Iserlohn im Jahr 1955 auf der Alexanderhöhe. Der jüdischen Gemeinde Iserlohn war auch 1970 eine Buchveröffentlichung von Arno Herzig und Konrad Rosenthal gewidmet.

Eine grundlegende und bewusste Aufarbeitung der Gräueltaten des Dritten Reiches über einzelne Gedenkveranstaltungen hinaus setzte nach den Erkenntnissen von Alexandra Lehmann auch in Iserlohn erst in den 80er Jahren ein, als allgemein unter dem Schlagwort der „Geschichte von unten“ ein neuer Umgang mit dem Holocaust Einzug hielt. Allerdings gab es auch da noch – ähnlich wie den Nachkriegsjahren auch – erhebliche Widerstände. Davon erzählt beispielsweise das Ringen um eine Gedenktafel am Standort der in der Reichspogromnacht 1938 niedergebrannten Synagoge an der Mendener Straße zu Beginn der 80er Jahre. Die Besitzer des Grundstücks sperrten sich dagegen, so dass bis heute nur eine Tafel auf städtischem Grund gegenüber des ehemaligen Eingangs an das jüdische Leben in Iserlohn erinnert.

Misslungene Festschrift löst 1987 Mahnmal-Antrag aus

1987 sorgte dann die Festschrift zur 750-Jahr-Feier der Stadt, in der das Dritte Reich verharmlost wurde, für einen Eklat. Für den SPD-Mann Ulrich Dragon war das ein klares Zeichen dafür, dass die Dimension der NS-Verbrechen immer noch nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert seien, weswegen er die Errichtung eines Mahnmals zum Gedenken an die NS-Opfer verknüpft mit einer Erforschung der Stadtgeschichte beantragte. Obwohl dem Mahnmal sofort zugestimmt wurde, war der Weg bis zur Einweihung im Oktober 1989 noch weit. Der beauftragte Künstler Siegfried Neuenhausen musste seine Entwürfe, in denen er aus den Versatzstücken des Hakenkreuzes auch einen Galgen formte, wiederholt anpassen. Der enge finanzielle Rahmen von 100.000 Mark sorgte dafür, dass die begleitenden Inschriften erst acht Jahre nach der Einweihung installiert werden konnten.

Und auch die Standortfrage war problematisch. Der Standort am Poth wurde letztlich nicht nur gewählt, weil er eine öffentliche Auseinandersetzung herausfordert, sondern auch wegen seiner historischen Bezüge: So wurden in einem Haus unterhalb des Poths an der Kluse die letzten jüdischen Iserlohner zusammengetrieben und harrten dort aus, bis sie über den Westbahnhof abtransportiert wurden.

Gedenken erfordert Mut, zu allen Zeiten – das haben diese Ausführungen gezeigt. Und es ist zu befürchten, dass das politische Klima derzeit nicht gedenkfreundlicher wird. Alexandra Lehmann hat ihren Vortrag daher mit dem Appell beschlossen, auch zukünftig mutig für das Vergangene einzustehen: „Wer die Vergangenheit verharmlost, darf in unserer Gesellschaft keinen Platz finden.“


Iserlohner Kreisanzeiger, 06.11.2019

Suche nach Alternativen für JuZ-Nutzer

Stadt überprüft jetzt sämtliche Gebäude

Iserlohn Die Stadt Iserlohn arbeitet zurzeit mit Hochdruck an einer Lösung für die Nutzer des Jugendzen­trums Karnacksweg, heißt es in einer Pressemitteilung vom späten Dienstagnachmittag. Wie berichtet, musste die Nutzung des Gebäudes vor dem Feiertagswochenende kurzfristig untersagt werden, „da dort Nutzungen stattfanden, die nicht der Baugenehmigung entsprachen“. Dadurch sei vor allem der Brandschutz nicht mehr gewährleistet. Das aktuelle Hauptaugenmerk liege auf der schnellen Unterbringung der Vereine und Gruppen in Ausweichquartieren. Dafür würden seit Donnerstag städtische und externe Möglichkeiten ausgelotet.
Die Hilfsbereitschaft der Öffentlichkeit für die betroffenen Nutzer sei groß, und auch die Eigeninitiative einiger Vereine sei in der aktuellen Situation sehr hilfreich. So habe das „FriedensPlenum“ seine Kontakte zur Flüchtlingshilfe nutzen können, um kurzfristig auszuweichen. Die DLRG habe in der nächsten Zeit drei wichtige Veranstaltungen, die mit Hilfe des städtischen Sportbüros am Hemberg stattfinden können.
Den Vereinen und Gruppen, die bisher im JuZ Karnacksweg untergebracht waren, werde noch in dieser Woche ein Schreiben mit Vorschlägen für ein Ausweichquartier zugehen. Das Kommunale Immobilien Management (KIM), die städtische Bauordnung und die Feuerwehr würden zurzeit Maßnahmen treffen, um den Kernbetrieb des JuZ zu sichern. Dabei würden „kurzfristig Baumaßnahmen durchgeführt, um die Sicherheit der Kinder, Jugendlichen und Mitarbeiter sicherzustellen“.
Für die Zukunft des Gebäudes am Karnacksweg und die weitere Nutzung mit der Vielzahl an Kooperationen, die es dort bisher gab, werde parallel ein Gesamtkonzept erarbeitet. Ziel der Verwaltung sei eine Aktualisierung der Baugenehmigung, um möglichst vielen der bisherigen Nutzern eine Rückkehr in das Gebäude zu ermöglichen. Parallel zu den aktuellen Entwicklungen untersuche das Kommunale Immobilienmanagement die weiteren Immobilien der Stadt mit der Fragestellung, ob es weitere Gebäude mit bauordnungsrechtlich nicht genehmigten Nutzungen gibt, um auch dort – sollte dies erforderlich sein – zu Lösungen zu kommen.
Für Rückfragen der Heimatzeitung standen die Rathaus-Verantwortlichen gestern nicht zur Verfügung.


Iserlohner Kreisanzeiger, 05.11.2019

Betroffenheit nach Attacke auf Mahnmal

„FriedensPlenum“ nimmt Stellung

Iserlohn. Detlev Paul gibt für das „Fridensplenum“ eine Stellungnahme zum beschmierten Mahnmal am Poth ab. Darin schreibt Paul: „Das FriedensPlenum ist betroffen darüber, dass das Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Poth beschmiert worden ist. Wir fänden es wünschenswert, wenn der oder die Täter identifiziert werden würden und dadurch klarer würde, ob es sich bei der Sprühaktion um einen gedankenlosen Streich oder eine rechtsradikal motivierte Tat gehandelt hat.“ Aus diesem Grund ruft das „FriedensPlenum“ dazu auf, dass Menschen, die die Tat möglicherweise beobachtet haben, ihr Wissen an die Polizei weiter geben.

Heute Vortrag zur Erinnerungskultur in Iserlohn
„Wir finden es aber auch wichtig, dass das Wissen über die Gründe für die Erstellung des Mahnmales und die Untaten der Nationalsozialisten auch in unserer Stadt verbreitet wird.“ Deshalb ermuntert das Plenum zum Besuch des Vortrages von Alexandra Lehmann über die Erinnerungskultur in Iserlohn am heutigen Dienstag um 18.30 Uhr im Stadtarchiv in der Alten Post. Um gerade auch jungen Menschen den Besuch zu erleichtern, ist das „FriedensPlenum“ bereit, den vom Archiv erhobenen Kostenbeitrag für alle bedürftigen Teilnehmer zu übernehmen.
Außerdem wünscht sich das Plenum eine zahlreiche Beteiligung an dem Mahngang zur Erinnerung an die Reichspogromnacht 1938. Die Veranstaltung zur Erinnerung an die durch die Nazis angezündete Synagoge und die Angriffe auf Iserlohner Bürger jüdischen Glaubens in Iserlohn beginnt am Samstag, 9. November, um 18 Uhr am Gedenkstein hinter dem MVG-Service-Center. „Die Teilnahme von vielen Menschen sendet ein starkes Zeichen gegen Antisemitismus und Rassismus in Iserlohn“, schreibt Detlev Paul.


Iserlohner Kreisanzeiger, 02.11.2019

Nutzungsuntersagung am Karnacksweg

Baugenehmigung lässt ausschließlich den Betrieb des Jugendzentrums zu. Vereine stehen vor großen Problemen

Jennifer Katz

Zahlreiche Gruppen und Vereine haben ihren Sitz im Jugend-zentrum am Karnacksweg. Wer in welcher Form von der Nutzungsuntersagung betroffen ist, ließ sich noch nicht klären.

Iserlohn Paukenschlag am Donnerstagnachmittag: Um 17.02 Uhr erreichte die Heimatzeitung folgende städtische Pressemitteilung: „Für die aus Brandschutzgründen erforderliche kurzfristige Unterbringung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rathauses wurde auch das Gebäude des städtischen Jugendzen­trums am Karnacksweg in Betracht gezogen. Bei der Überprüfung der unter Denkmalschutz stehenden Immobilie stellte sich nun jedoch heraus, dass das Gebäude Karnacksweg 44 deutlich abweichend von der seinerzeit ausschließlich für den Betrieb als Jugendzentrum erteilten Baugenehmigung genutzt wird. Diese abweichenden Nutzungen sind unter den gegebenen Bedingungen innerhalb des Gebäudes auf der Basis der erteilten Baugenehmigung nicht mehr möglich. Die Stadt Iserlohn muss daher den sogenannten Drittnutzern im Jugendzentrum die Nutzung der Räumlichkeiten ab sofort untersagen.“

Kernbetrieb durch Reduzierung der Personenzahl möglich

Weiter heißt es: „Nur wenn die Personenanzahl im Gebäude stark eingeschränkt wird, kann der Kernbetrieb des Jugendzentrums aufrechterhalten bleiben. Die betroffenen Vereine und Gruppen wurden, soweit möglich, bereits persönlich informiert. Zusätzlich erhalten sie ein entsprechendes Schreiben.“ Die Stadt Iserlohn sei sich bewusst, dass diese Nutzungsuntersagung die Vereine und Gruppen vor große Herausforderungen stelle. Sie werde sie bei der Suche nach einem Ausweichquartier unterstützen, bis eine nachhaltige Lösung für das JuZ gefunden sei. Die Stadt habe dafür einen zen­tralen Ansprechpartner zur Verfügung gestellt.
Das alles quittiert Karlheinz Dörnen, Vorsitzender der Ortsgruppe Iserlohn der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die seit Anfang der 80er Jahre ihr Domizil im Kellergeschoss des Gebäudes hat, nur mit einem Kopfschütteln. „Ich finde das bescheuert“, entfährt es ihm gestern Vormittag im Gespräch mit der Heimatzeitung. Er habe am Donnerstagabend quasi nebenbei von Frank Bathe vom städtischen Team Jugendarbeit und Leiter des Jugendzentrums von der Nachricht erfahren. „Ich wollte gerade etwas aus unseren Räumen holen, da sagte er: ,Du darfst da nicht mehr rein.’ Auf meine Frage nach dem Warum antwortete er: ,Brandschutz.’ Eine offizielle Information habe ich bislang nicht erhalten.“

DLRG-Vorstand will Montag Infos im Rathaus einholen

Dörnen hat die für Donnerstagabend angesetzte Vorstandssitzung nicht abgesagt, sondern gleich mit seinen Mitstreitern die im Raum stehende Nutzungsuntersagung thematisiert. Zwei seiner Vorstandskollegen wollen sich am Montag im Rathaus erst einmal erkundigen, ob die DLRG tatsächlich betroffen ist. „Wir sind Erstmieter, daher verstehe ich das nicht“, sagt er. Für den Vorsitzenden der mit mehr als 540 Mitgliedern größten Ortsgruppe im Märkischen Kreis steht fest: „Wenn wir raus müssen und keine vergleichbare Ausweichmöglichkeit bekommen, ist für mich Feierabend.“ Gerade erst sei es ihm gelungen, für Erste-Hilfe- und Schwimmkurse ehrenamtliche Leiter zu finden, außerdem betreibe die DLRG ihren Bereich als reines Schulungsheim. Karlheinz Dörnen kann nicht nachvollziehen, dass auf einmal die Nutzung untersagt wird. „Jahrelang kontrolliert die Feuerwehr das JuZ, hat nichts zu beanstanden und dann das. Erst vor zwei Jahren wurden noch neue Fenster im ganzen Gebäude eingebaut.“
Auch Kathi Spickhoff, Sängerin der Band „Social Club“, die im JuZ einen Proberaum nutzt, ist fassungslos: „Jetzt sagt die Stadt, dass alle Gruppen mit sofortiger Wirkung rausmüssen – unsere Ansprechpartner vom JuZ haben uns gesagt, dass die Nutzung durch Dritte schon vor Jahren mit dem Kommunalen Immobilienmanagement abgesprochen gewesen sei. Und dass deshalb auch im Keller Strom verlegt wurde, gerade, um die Nutzung durch Bands zu ermöglichen.“ Sie und ihre Musikerkollegen hätten ihren Proberaum erst vor einem halben Jahr eigenhändig renoviert. „Wir regen uns alle sehr auf, weil wir von jetzt auf gleich rausmüssen“, erklärt Kathi Spickhoff weiter. Es sei äußerst schwierig, im Umkreis einen adäquaten Ersatz zu finden.
Auch die Jugendkunstschule, das Friedensplenum, Tanzgruppen, weitere Bands und der Schachclub Königsspringer gehören zu den Nutzern des Gebäudes.

Stadtrat soll am Mittwoch unterrichtet worden sein

Nach Aussage von Kathi Spickhoff hatte es bereits am Dienstag erste Andeutungen von JuZ-Mitarbeitern in Richtung Nutzungsuntersagung gegeben, aus anderer Quelle erfuhr die Heimatzeitung, dass die Ratsmitglieder während der Sondersitzung am Mittwochabend schon darüber unterrichtet worden seien.
Trotz mehrfacher Versuche war für die Heimatzeitung am Donnerstagnachmittag und auch gestern keiner der Verantwortlichen im Rathaus für eine Stellungnahme erreichbar.


Iserlohner Kreisanzeiger, 17.10.2019

Planungen für das Jubiläum laufen

Das Friedensfest wird 30, feiert eine Woche vor dem IBSV und will sich weiter entwickeln

Von Ralf Tiemann

Bunt und familienfreundlich statt Punk und Pogo: Das Friedensfestival hat sich verändert, und so soll es auch zum Jubiläum weiter gehen. Foto: IKZ-Archiv

Band-Bewerbungen

- Für Bands und andere Bühnenkünstler gilt: keine Gage. Das Motto „Umsonst und draußen“ gilt auch 2020, das komplette Festival ist eine Benefizveranstaltung für die Flüchtlingshilfe.

- Bewerbungen müssen bis zum 22. November an bewerbung@friedensfestival.de gesendet werden. Weitere informationen auch zu den Auftrittsmodalitäten gibt es unter
www.friedensfestival.de.

Iserlohn. 30 Jahre Friedensfestival – das ist nicht nur eine lange Zeit, das ist vor allem auch eine starke Entwicklung. Denn das anfängliche Image als Gegenveranstaltung zum Schützenfest mit Pogo und Punk hat das Festival längst abgelegt. Wer in den letzten Jahren die drei Festtage auf dem Fritz-Kühn-Platz besucht hat, der wird gemerkt haben, dass es entspannter, familienfreundlicher und bunter zuging – ein alternatives Fest und eine Fest-Alternative, die in seiner Live-Musik-Auswahl, in seinem bunten Angebot, in seiner ökologischen Ausrichtung unter der Prämisse der konsequenten Müllvermeidung und in seiner politischen Aussage- und Anziehungskraft seinesgleichen sucht. Diesen Weg der Veränderungen will die kleine Organisationsgruppe, die sich am Dienstag im Jugendzentrum getroffen hat, weitergehen und ist deswegen schon früher als sonst in die konkreten Planungen für das große Jubiläumsfest zur 30. Auflage im kommenden Jahr eingestiegen und hat die ersten Veränderungen verraten.
Das fängt beim Datum an. „Wir haben uns vom Schützenfest emanzipiert“, sagt Alexander Platte, weswegen die Organisatoren vom traditionellem Termin parallel vom IBSV-Fest am ersten Juli-Wochenende abrückt und nun eine Woche früher vom 26. bis 28. Juni feiern wollen. Vorteilhaft sei dieser Termin auch, weil an diesem Wochenende die Sommerferien erst beginnen, also nicht mit allzu vielen Urlaubsausfällen unter den Helfern zu rechnen ist.
Die Suche nach neuen Helfer und eine Verjüngung des Organisationsteams sind ohnehin das Thema, das die Organisatoren am meisten bewegt. Denn der Nachwuchs bleibt auch hier – wie in nahezu allen Vereinen – weitgehend aus.

„Das nächste Festival ist gesichert. Wie es danach weitergeht, ist aber ungewiss.“
Attila Manthey, Friedensplenum

Das nächste Festival zum Jubiläum sei gesichert, sagt Attila Manthey, wie es danach weitergeht, sei aber ungewiss. Wichtig sei, dass der Stab irgendwann weitergegeben werde – an jüngere Friedensbewegte. Die Organisatoren seien zusammen mit dem Festival und den Festivalbesuchern älter und reifer geworden. Das sei deutlich spürbar. Und das habe auch gute Seiten. „Wir haben funktionierende Strukturen“, erklärt Detlev Paul, dass neue Kräfte das Rad nicht neu erfinden müssten. Und die Entwicklung des Festivals hin zu einem alternativen Familienfest bringe die Chance mit sich, auch andere und neue Gruppen für die Organisation zu gewinnen.

Oliver Kinze, John Bell, Alexander Platte, Attila Manthey und Detlev Paul planen das Festival-Jubiläum. Foto: Michael May

Die „Fridays“-Bewegung hatte schon einen eigenen Stand
Zudem zeige die Besucherstruktur, dass das Festival auch nach wie vor viele junge Leute anziehe. Was natürlich auch an der politischen Ausrichtung liege. Die „Fridays“-Bewegung habe in diesem Jahr schon einen eigenen Stand gehabt. Und das steigende politische Interesse der Jugend sei auch für das Festival eine gute Nachricht.
Eine weitere Änderung für das kommende Jubiläums-Fest ist der Wunsch, vor dem Stadtmuseum weit weg von der Hauptbühne einen zweiten Bereich zu schaffen, wo in den Umbaupausen Kleinkünstler, Singer-Songwriter oder Poetry-Slammer auftreten können. Daher bitten Organisatoren auch ausdrücklich solche Bühnenkünstler, sich um einen Startplatz beim Festival zu bewerben. Der Einsendeschluss für Bewerbungen ist bereits am 22. November. Erbeten werden möglichst aussagekräftige Bewerbungsunterlagen mit Video- und/oder Tonmaterial (siehe Infobox).
Gleiches gilt für Bands, die gerne auftreten möchten. Im Jubiläumsjahr sollen zwar auch Publikums-Wünsche von vergangenen Bands erfüllt werden, wozu bereits im Vorfeld über Facebook eine Umfrage lief, die eine Liste von 40 Bands aus der Festival-Geschichte ergeben hat, die jetzt noch kräftig eingedampft werden muss. Nichtsdestotrotz sind natürlich auch für das kommende Jahr Bandbewerbungen aus dem heimischen Raum erwünscht.


Iserlohner Kreisanzeiger, 03.10.2019

Vom Rathaus aus zogen die Mitglieder der Basisinitiative durch die Innenstadt, um zu beten und zu singen. Jennifer Katz

Friedensschritte nach draußen

Vertreter von Kirchen und Organisationen beten seit einem Jahr regelmäßig

Iserlohn Sozusagen den ersten Geburtstag hat die ökumenische Basisinitiative für Frieden jetzt gefeiert. Bisher hatte es immer Gebete in der Heilig-Geist-Kirche gegeben, an denen einmal im Monat bis zu 60 Menschen teilnahmen. Nun sollten öffentlichkeitswirksame „Friedensschritte nach draußen“ unternommen werden, wie Annette Krewett erklärte. Zusammen mit Andreas Neyer und Martin Legler hatte sie die Aktion am vergangenen Freitag organisiert. Vertreter von katholischen, evangelischen und griechisch-orthodoxen Kirchen sowie weiterer Organisationen hatten sich dazu zusammengeschlossen, um in Anlehnung an das Motto der Interkulturellen Woche, „Zusammenleben – Zusammenwachsen“, nach draußen zu gehen.

Bunter Zug durch die Innenstadt
Mit Plakaten, Flaggen und einem Friedensbaum ausgerüstet, trafen sich die Teilnehmer zunächst vor dem Rathaus am Schillerplatz. Von dort aus ging es durch die Innenstadt bis zum Alten Rathausplatz. Dort stellten sich die Teilnehmer in einem Kreis auf. Auf aus Papier ausgeschnittenen Fußsohlen schrieben sie die „Schritte für den Frieden“, die sie selbst gehen würden, und die, die sie von der Gesellschaft erwarten. Auch ein polnisches Friedenslied wurde gesungen.

Das nächste Friedensgebet der ökumenischen Basisinitiative beginnt am Freitag, 25. Oktober, um 18 Uhr in der Heilig-Geist-Kirche an der Hans-Böckler-Straße. Interessierte sind immer willkommen. jk


Iserlohner Kreisanzeiger, 02.10.2019

1000 Euro für das Frauenhaus

Die Arbeit des Frauenhauses in Iserlohn liegt dem „FriedensPlenum“ am Herzen, denn „es kann jede treffen“. Deshalb überreichten Nongnut Khotchasan, Detlev Paul, Nancy Wolff und Brigitte Pusch-Kovacs (v. li.) jetzt eine Spende in Höhe von 1000 Euro an Anna Müller (2. v. re.), Leiterin der AWO-Einrichtung. „Es ist mit dem Friedensfest immer unser Ziel, einen Überschuss zu erzeugen und den dann einer Person oder einem Projekt zukommen zu lassen, die das Geld dringend benötigt“, erklärt Detlev Paul. Der Vorfall am Stadtbahnhof, bei dem zwei Menschen zu Tode gekommen waren, habe die Mitglieder des „FriedensPlenums“ schwer erschüttert. „Anstatt eine Mahnwache zu veranstalten, haben wir uns entschlossen, aktiv etwas für das Wohlergehen der verängstigten Frauen im Frauenhaus zu tun“, erklärt Brigitte Pusch-Kovacs den Hintergrund. Anna Müller bedankt sich für diese Spende, die Aktionen ermöglicht, die über die üblichen Kosten hinausgehen. „Die Frauen müssen auch mal rauskommen, nicht immer nur kämpfen, sondern auch mal etwas Schönes erleben“, erklärt sie. Deshalb soll das Geld verwendet werden, um eine Wochenendreise für einige Frauen und ihre Kinder anzubieten, beispielsweise an den Möhnesee. „Auch Spaß gehört zum Leben dazu.“


Iserlohner Kreisanzeiger, 30.09.2019

Große Trauer um Eva Schütte

Stadt- und Kreisverbandsvorsitzende der Linken, Presbyterin der evangelischen Gemeinde Hennen sowie Geschäftsführerin des Vereins „Heide.Hombruch aktuell“ stirbt bei Unfall

Eva Schütte legte Anfang Juli für das FriedensPlenum einen Kranz am Mahnmal am Poth nieder. M.May

Jennifer Katz

Iserlohn Die Nachricht vom schrecklichen Unfalltod Eva Schüttes macht viele Iserlohner fassungslos. Die 57-Jährige ist am Donnerstag ihren schweren Verletzungen erlegen, nachdem sie am Mittwochabend von einem Bus an der Baarstraße zwischen Tannenweg und Theodor-Fleitmann-Straße erfasst worden war (wir berichteten).
Eva Schütte war bei den Linken Vorsitzende beziehungsweise Sprecherin des Stadt- und des Kreisverbands, Ratsfraktionsmitglied, für die Partei in verschiedenen Gremien, Ausschüssen und Arbeitsgemeinschaften auf Landesebene im Einsatz. Auch als Frauenbeauftragte engagierte sie sich für die Linken in NRW. Auf der Facebook-Seite der Iserlohner Linken schreibt Fraktionschef Oliver Ruhnert: „Wir trauern um eine hochengagierte Frau, Genossin, Tierschützerin und um einen sehr gläubigen Menschen.“ Und: „Wir sind fassungslos, geschockt und unendlich traurig.“

"Sie hat viel im Verborgenen erledigt, sie hinterlässt eine unfassbare Lücke." Manuel Huff, Fraktionsgeschäftsführer Die Linke

„Eine ganz fürchterliche Geschichte, sie ist immer dort entlang gelaufen“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Manuel Huff, der in täglichem Kontakt mit der Verstorbenen stand. Noch fassungslos charakterisiert er Eva Schütte, die als Delegierte zu Parteitagen fuhr und beispielsweise Mitglied der Landesarbeitsgemeinschaft Tierschutz war, als „schwer aktiv und stark familiär engagiert“. Sie habe sich nie über etwas beklagt, sondern „einfach immer gemacht“ – egal, ob es die Pflege von Angehörigen gewesen sei oder das Austragen von Parteizeitungen. Und sie sei überkorrekt im positivsten Wortsinne gewesen. „Sie hat viel im Verborgenen erledigt, sie hinterlässt eine unfassbare Lücke“, erklärt Manuel Huff. Er weiß: „Jeder kannte Eva, die Bestürzung ist auf allen Seiten groß. Viele Menschen aus ganz NRW wollen zur Trauerfeier kommen.“

Sogar die Hausmeisterin der Gemeinde vertreten
Auch Pfarrerin Christine Grans aus der evangelischen Kirchengemeinde Hennen kannte Eva Schütte als Verfechterin des Laufens. „Ich bin sehr traurig“, sagt sie. Seit 2012 war die Verstorbene, die einen Ehemann, ihre Eltern und Geschwister hinterlässt, als Presbyterin in der Gemeinde im Einsatz. „Eva war wirklich unterwegs ,im Namen des Herrn’“, so Pfarrerin Christine Grans. Denn sie habe als Bezirksfrau „die meisten Gemeindeglieder besucht, die höchsten Diakoniespenden ersammelt und die meisten Kilometer zurückgelegt“. Eva Schütte habe Bezirke übernommen, für die sich sonst niemand gefunden habe. Sie sei Mitglied in mehreren Ausschüssen gewesen, habe fast keinen Gottesdienst ausgelassen und auch die Hausmeisterin vertreten. „Wir werden sie sehr vermissen, ihre Klarheit und Offenheit. Ihre Ruhe, Zurückhaltung und Bescheidenheit. Ihre Liebe zu Süßem. Ihre trockene, lakonische Art. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie handelte“, so Christine Grans. Und: „Eva war fleißig, hilfsbereit und zuverlässig. Unermüdlich war sie zu Fuß unterwegs. Das ist ihr zuletzt zum Verhängnis geworden.“ Für das Presbyterium der evangelischen Kirchengemeinde Hennen erklärt die Pfarrerin: „Wir sind fassungslos. Aber wir vertrauen darauf, dass sie in Gottes Frieden geborgen ist. Wir behalten Eva gern und dankbar in Erinnerung.“

"Wir werden sie sehr vermissen, ihre Klarheit und Offenheit." Christine Grans, Pfarrerin evangelische Kirchengemeinde Hennen

Die Mitglieder des Tierschutzvereins und des Friedensplenums – bei beiden war die Verstorbene engagiert – trauern ebenfalls.

Hundertprozentige Verlässlichkeit bleibt in Erinnerung
Ein weiterer Bereich, in dem sich Eva Schütte stark gemacht hat, war der Bereich Iserlohner Heide, wo sie auch zu Hause gewesen ist. Sie war Geschäftsführerin des Vereins „Heide.Hombruch aktuell“. Ihr Vorstandskollege Heiner Hofmann erinnert sich: „Seit etwa zwei Jahren war sie bei uns verstärkt aktiv. Sie hat nicht nur die Anzeigenakquise für unser Stadtteilmagazin übernommen, sondern es auch ausgetragen. Ebenso hat sie sich um Finanzen gekümmert.“ Hofmann hat Eva Schütte geschätzt, weil „sie oft Dinge übernommen hat, die andere nicht machen wollten. Auf sie war zu 100 Prozent Verlass“, erklärt er.


Iserlohner Kreisanzeiger, 19.09.2019

Friedensplenum lädt ein zur Herbst-Disco

Iserlohn Zur alternativen Herbst-Disco lädt das Friedensplenum am Samstag, 21. September, ab 21 Uhr in das Jugendzentrum Karnacksweg ein. Verschiedene DJs werden das Beste aus den Bereichen Rock, Pop und Wave aus den 80er und 90er Jahren auflegen. Der Eintritt ist frei, es wird aber um Spenden für das Friedensfestival gebeten.


Iserlohner Kreisanzeiger, 02.09.2019

Abschied von einer besonderen Frau

Bei der Trauerfeier für Inge Radau haben Freunde auf das Leben der äußerst engagierten Friedensaktivistin zurückgeblickt. Dabei wurde geweint und gelacht

Helene Jochheim (stehend) war nur eine von mehreren Weggefährten, die im Rahmen der Trauerfeier an Inge Radaus bewegtes Leben erinnert haben. Foto: Michael May
Jennifer Katz

Iserlohn Zahlreiche Weggefährten der kürzlich im Alter von 86 Jahren verstorbenen Inge Radau haben am Samstag bei der Urnenbeisetzung auf dem Hauptfriedhof und der anschließenden Trauerfeier im „Alten Stadtbad“ Abschied genommen von einer ganz besonderen Frau. Dass die gebürtige Ostpreußin das war, das wurde immer wieder in den Ansprachen deutlich.
Susanne Knufmann, Gemeindereferentin im katholischen Pastoralverbund, betonte bei der Beisetzung zur Überraschung einiger Teilnehmer, wie christlich Inge Radau war. „Das hat sie nie großartig nach außen gekehrt“, war später zu hören. Helene Jochheim erinnerte sich im „Alten Stadtbad“ daran, wie sie die gebürtige Ostpreußin kennengelernt hatte. „Wir waren beide bei der Association Fraternelle Internationale, denn damals gab es nicht so viele Möglichkeiten, ins Ausland zu gehen wie heute“, erzählte sie. Helene Jochheim weiß: „Inges Ziel war es immer, nach Afrika zu gehen.“ Nach der Grundausbildung bei der christlich motivierten Organisation für Entwicklungsarbeit in Brüssel sei es der gelernten Elektrotechnikerin auch gelungen, ihren Traum zu verwirklichen. In Ruanda habe sie sich auf ein Studium vorbereiten wollen, doch ein Überfall während einer Reise in Richtung Kenia verursachte bei Inge Radau ein Trauma und eine Psychose. „Für solche Fälle war die AFI aber nicht vorbereitet, uns war klar: Inge muss zurück nach Deutschland.“ Dies sei durch die Unterstützung von Marlies Happe, die damals am Goethe-Institut in Iserlohn beschäftigt war, gelungen.

Zurückgezogen im Stephanopeler Tal

Helene Jochheim weiß noch genau, wie lärmempfindlich die Afrika-Rückkehrerin zu dieser Zeit war. „Wir haben sie im Stephanopeler Tal untergebracht, bis zu meiner Versetzung nach Indien 1974 war ich regelmäßig bei ihr, dann konnte ich ja auch nicht mehr helfen“, erzählte Helene Jochheim, die später nur sporadisch Kontakt zur Friedensaktivistin hatte, ihn aber in den vergangenen Jahren wieder intensivieren konnte. Inge Radau sei erst zur Steubenstraße, dann zur Wermingser Straße und zuletzt ins Pankratius-Seniorenheim umgezogen,
Anita Stalf, AFI-Mitglied aus Bensheim, unterstrich: „Ich habe Inge sehr für ihr Engagement geschätzt. Und für ihre Einfachheit und Zufriedenheit, sie war immer gelassen, hat sich nie über etwas aufgeregt, sie hat ihren Glauben gelebt.“
Klaus Garbsch hatte Inge Radau 1981 über den Arbeitskreis Alternative Kommunalpolitik kennengelernt. „Sehr kurios, aber das war Inge“, betonte er. Nach einer Debatte über die Gleichberechtigung von Frau und Mann sei Inge Radau von Anfang an mit dabei gewesen, als es um die Gründung einer grün-alternativen Bewegung ging. „Sie hat sich damals stark gemacht für die Gründung des Frauenhauses und der Gleichstellungsstelle – ohne sie würde es beides wohl nicht geben“, so Garbsch, der seine Weggefährtin, die ihn nach eigenen Angaben bis heute beeindruckt, als „penetrant“ und „anstrengend“, wenn es um die Belange anderer ging, bezeichnet. Für sich selbst habe sie nie etwas getan. „Inge war ein großes Vorbild.“
Detlev Paul blickte zurück auf die Zeit der Demonstrationen gegen nukleare Aufrüstung, bei denen Inge Radau in der ersten Reihe engagiert war. Acht Mal wurde sie von der Polizei weggetragen, als sie sich an Sitzblockaden beteiligt hatte – verurteilt wurde sie nie. Und auch, als die Ostermärsche nicht mehr die gewünschte Resonanz erfuhren, sei sie dabei gewesen, als das Friedensfestival „geboren“ wurde. „Die Musik hat ihr oft nicht gefallen, aber sie hat sie tapfer und ohne Klagen ertragen“, sagte Paul mit einem Augenzwinkern. Und: „Sie hat ihre Ziele mit großer Beharrlichkeit verfolgt.“

Friedfertigkeit wird weiterleben

Klaus Stinn kam über das Grün-Alternative Bündnis mit Inge Radau in Kontakt. „Sie hat die Friedfertigkeit einfach gelebt“, unterstrich er. Und: „Heute gibt es nicht nur eine Greta, sondern Tausende Engagierte, in denen Inge weiterleben wird.“
Zwischen den Beiträgen spielte die Gruppe Paxx Friedenslieder, in die die Anwesenden einstimmten – das wäre garantiert Musik in Inge Radaus Ohren gewesen. Einige waren zu Tränen gerührt.


Iserlohner Kreisanzeiger, 09.08.2019

Mit einem „Die-In“ wollte das Friedensplenum auf die wachsende Bedrohung durch Atomwaffen aufmerksam machen. Foto: Vanessa Wittenburg

Klares Zeichen gegen Atomwaffen

Friedensplenum gedenkt der Atombombenopfer in Japan vor 74 Jahren

Iserlohn Mehrere Menschen liegen auf dem Boden, die Augen geschlossen. Mitten auf dem Alten Rathausplatz. Neugierige Passanten bleiben stehen, beobachten die sonderbare Szenerie. Mit Kreide ist etwas in ihre Mitte geschrieben: „Hiroshima“. Ein blaues Flugblatt verrät: Anlässlich des 74. Jahrestags des Abwurfs der Atombomben in Japan, gedenkt hier das Friedensplenum Iserlohn mit einem Die-In der Opfer.

Die Teilnehmer wollen aber vor allem auf die wachsende Bedrohung durch Atomwaffen aufmerksam machen. „Die aktuellen Ereignisse in Pakistan und auch in Nordkorea zeigen uns ganz klar: Es geht in die falsche Richtung. Mit unserem Die-In wollen wir die Menschen dafür sensibilisieren, was momentan passiert“, erklärt Detlev Paul am Dienstagabend. Gerade in Zeiten, in denen der INF-Vertrag über das Verbot von Mittelstreckenatomwaffen in Europa aufgekündigt worden ist, sei für das Friedensplenum die Erinnerung an die lebensvernichtende Kraft von Atomwaffen bedeutsam.

„Am Alten Rathaus hängt ein Schild, das Iserlohn als atomwaffenfreie Zone ausweist. Das soll auch so bleiben“, fordern die Teilnehmer der Aktion und verweisen auf viele erfolgreiche Proteste aus den 1980er-Jahren. Auch ihrer kürzlich verstorbenen Mitstreiterin Inge Radau wollen sie diese Aktion widmen: „Auch sie war in den Achtzigern immer dabei. Dass unser Erfolg jetzt zunichte gemacht wird und einfach alle Raketen und Atomwaffen modernisiert werden, das ist eine Schande.“


Inge Radau war seit 1991 beim Iserlohner Friedensfest aktiv. Foto: Privat

Iserlohner Kreisanzeiger, 27.07.2019

Engagierte Aktivistin für Frauen, Frieden und Flüchtlinge

Inge Radau starb im Alter von 86 Jahren. Weggefährten des Friedensplenums planen eine Trauerfeier für Ende August

Iserlohn Das Friedensplenum und Mitstreiter aus der Kommunalpolitik trauern um Inge Radau, die im Alter von 86 Jahren im Altenheim St. Pankratius verstorben ist. Die gebürtige Ostpreußin war seit den 80er Jahren in der Iserlohner Frauen- und Friedensbewegung aktiv und an der Gründung und vielfältigen Aktionen der Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung in Ost und West – Iserlohn beteiligt. Sie ist auch ein Gründungsmitglied des Grün-Alternativen-Bündnisses Iserlohn, wo sie sich in den Bereichen Soziales und Frauenrechte engagierte und mit der Autonomen Frauengruppe den Aufbau des Frauenhauses unterstützte.

Die Friedensaktivistin kämpfte gegen nukleare Aufrüstung. Dabei ging sie so weit, dass sie sich 1989 an einer Aktion im Testgelände in Nevada (USA) beteiligte. Sie organisierte die Ostermärsche im Bereich Iserlohn-Hemer-Menden mit, war ab 1986 mit verantwortlich für die vielfältigen Aktivitäten der jährlichen Friedensherbste.

Zu der Zeit sah sie ihre Aufgabe darin, sich den Atomraketen in Mutlangen entgegenzustellen. Sie propagierte den zivilen Ungehorsam durch gewaltfreie Sitzblockaden als Mittel gegen die Manöver mit Pershing II-Raketen im Hunsrück und gewann die Iserlohner Ursula Riehl und Walter Dahmen, 1986 mit ihr zusammen an der Seniorenblockade teilzunehmen. Inge Radau nahm an neun Blockaden teil.

Sie unterstützte den Beschluss des Stadtrats zur Erneuerung des Entschlusses für ein atomwaffenfreies Iserlohn. Sie nahm Kontakt zu den beiden von Atombombenabwürfen gezeichneten japanischen Städten auf, reiste selbst dorthin und durfte bei einer Gedenkfeier in Nagasaki vor einer großen Versammlung über die Friedensarbeit in Deutschland sprechen.

Wenig später schaffte sie es, dass der Japaner Kazuo Soda nach Iserlohn eingeladen und vom Bürgermeister empfangen wurde. Als Friedenszeichen hat er tausende von Papierkranichen nach Iserlohn gebracht und hier gefaltet.

In der Flüchtlingsarbeit hat sich Inge Radau ab 1987 vielfältig eingesetzt. Beim Friedensfestival ab 1991 war Inge Radau von Anfang an aktiv. Sie engagierte sich mehr als 20 Jahre beim Bildungswerk Sauerland in den Bereichen Asylpolitik und Friedensarbeit. Im Vorstand hat sie in der Zeit von 2002 bis 2013 die Kontinuität der Bildungsarbeit mit getragen und ermöglicht.

Schon zu Lebzeiten wurde Inge Radau immer wieder für ihr beharrliches Engagement geehrt. So wurde sie 1990 von Bundespräsident Richard von Weizsäcker zum Neujahrsfest eingeladen. Im Jahr 2011 erhielt sie von den Bürgerinitiativen des Märkischen Kreises und Hagen den Küster-Friedenspreis. Ende August plant das Friedensplenum eine Trauerfeier, teilte Detlev Paul mit.


Radio Iserlohn, 04.07.2019

Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: Charlotte Kroll berichtet vom Iserlohner Mahnmal für Radio-Iserlohn unterwegs.

zum Podcast bei Radio Iserlohn


Iserlohner Kreisanzeiger, 13.07.2019

IKZ am Wochenende

Sonderseite zum 29. Friedensfestival


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Iserlohner Kreisanzeiger, 08.07.2019

29. Friedensfestival auf dem Platz der Kulturen

So bunt kann Iserlohn sein

Der Punk ist verschwunden: Beim Friedensfestival bestaunen die Besucher einen konsequenten Wandel

Von Ralf Tiemann

Iserlohn. Vielleicht zwei Randbemerkungen vorab. Das mit dem Regen am Samstagabend war natürlich überflüssig wie ein Kropf. Einige sagen, dem Rasen auf dem Platz der Kulturen habe das ganz gut getan. Der Party, die dort gerade in vollem Gange war, hat er aber gar nicht gut getan. Drei Stündchen später hätte es ja wohl auch getan, aber das kann man sich leider nicht immer aussuchen. Und dass es am Samstag schon um 19.30 Uhr keine Falafel mehr gab, war eine fast noch schlimmere Nachricht, als die von der nahenden Regenfront. Das aber wiederum sagt schon eine Menge aus – nicht nur über die Qualität der Falafel von Rachid Abdul-Aziz, sondern auch über den großartigen Besuch beim Friedensfestival, der sich nach dem famosen Start am Freitag auch am Samstag und Sonntag fortsetzte.

Der Punk ist verschwunden, Kinder bestimmen das Bild

Im Nachhinein hat man das Gefühl, dass dieses 29. Festival Geschichte geschrieben hat, weil es so aussieht, als habe in diesem Jahr eine Entwicklung ihr Ende gefunden, eine Wandlung hin zu einem fröhlichen Familienfest. Das Festival hat seine düsteren und nicht ganz so schönen Seiten im Laufe der Jahre komplett verloren, der Punk ist verschwunden. Kinder bestimmen das Bild, die Musik ist chilliger geworden und viele Besucher waren erstaunt, was für einen hohen Grad der Entspanntheit dieses Festival, das ursprünglich ja mal auf Spannung und Konfrontation angelegt war, erreichen kann und wie relaxed es sich in Iserlohn feiern lässt, wenn alle mitmachen und gut drauf sind.
Gründe dafür gibt es auch neben dem bewussten Umsteuern der Organisatoren einige. Es ist zum Beispiel spürbar, dass sich der Platz der Kulturen verändert hat. Die Umgestaltung trägt Früchte, die Klientel unten auf dem Platz hat sich gewandelt, der Platz wird schon jetzt anders wahrgenommen und es lässt sich hier anders feiern als früher. Das fing schon bei den Sommernächten im vergangenen Jahr an und setzt sich jetzt fort. Ein anderes Detail, das ungemein zum Wohlfühlfaktor beiträgt, ist die Vermeidung jeglichen Mülls. Gegessen wird von Porzellan, das im Spülwagen landet, und getrunken ausschließlich aus Pfandflaschen und richtigen Tassen und Weingläsern: Es gibt einfach keinen Müll, nichts liegt rum – ein Paradies für Barfußläufer.
Die Wandlung zum friedlich-fröhlichen Familien fest ist also vollzogen. Und heraus kommt dann eine Art Gegenentwurf zum Alltags-Iserlohn. Wer erleben möchte, wie bunt und vielfältig diese Stadt sein kann, der ist hier unten genau richtig. Zumal auch von einer irgendwie gearteten Konkurrenz oder Feindseligkeit zum Schützenfest rein gar nichts mehr zu spüren ist. Im Gegenteil: Es mischt sich zusehends.
All das heißt aber nicht, dass das Festival an Aussagekraft verloren hätte. Auch das politische Profil haben die Organisatoren geschärft. Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Die Linke) und der NRW-Vorsitzende der Grünen, Felix Banaszak, standen auf der Bühne, das Festival-Motto „Klima schützen – Frieden bewahren“ wurde mit Inhalt gefüllt, auch an den vielen politischen Ständen.
Und das scheint mehr denn je auch junge Leute mit Haltung anzuziehen. So waren die Iserlohner Organisatoren von „Fridays for Future“ erstmals dabei. Ein anderes Beispiel ist die junge Band „Joker’s Kingdom“ – eine erst vor einem Jahr an der Dortmunder Uni gegründeten Band, deren Frontmann Justin Jenderny aber aus Iserlohn kommt. Der 24-jährige ehemalige Stenner-Schüler sagt, er sei schon als Kind zum Friedensfestival gekommen und hier quasi groß geworden. „Das ist genau mein Ding hier“, sagt er – auch weil er politisch hier seine Heimat hat: „Nazis raus“ und „FCK AFD“ gehören hier wie selbstverständlich zur gemeinsamen DNA.

„Das ist genau mein Ding hier.“
Justin Jenderny,
Sänger von „Joker’s Kingdom“

Auch musikalisch stehen „Joker’s Kingdom“ stellvertretend für das starke Programm. Die Band, die in ihrer kurzen Geschichte bereits mehrere Contests gewonnen hat und gerade bei „Bochum total“ auf der Bühne stand, bringt alles mit: Härte und Melodie, volles Brett und schlanke Linien, starke Brüche und vor allem jede Menge Spaß und Charakter. Alle, die die Band gesehen haben, sind sich einig: Von den vier Jungs wird man noch viel hören.
Über die Musik ließe sich generell noch viel sagen. 13 Bands waren ohne Gage nach Iserlohn gekommen und haben eine musikalische Mischung mitgebracht, die es nur hier gibt Reggae am Nachmittag, Ska in der Nacht, zwischendurch auch mal richtiger Rock und viel Experimentelles – es waren einmal mehr mehrere Tausend Menschen, die am Wochenende auf den Platz kamen, auch um die Musik bei diesem Open-Air-Festival zu genießen.
Das freute auch die Organisatoren. Der diesjährige Hauptverantwortliche Alexander Platte ist ebenso wie die Besucher begeistert von der tollen familiären Stimmung. Und auch der Festival-Mitbegründer Detlev Paul ist glücklich, dass die Rechnung aufging. Nur am Samstagabend beim feierträchtigen Top-Act „The Unduster“ hatte er auf etwa 1200 hüpfende Fans vor der Bühne gehofft. Es waren dann aber nur rund 300 – der Regen kam einfach ein paar Stunden zu früh.

Eine Fotostrecke wird heute unter www.ikz-online.de freigeschaltet.

Ganz wichtig beim Fest: Mode und Accessoires.
Schon am Freitagnachmittag war der Platz voll, und so blieb es dann bis gestern Abend. „Samba Piranha“ sorgte für Pausenunterhaltung.
Zauberer Udo brachte gestern die Kinder im vollkommen überfüllten Kinderland zum Quietschen. Entspanntes Festival-Treiben an drei Tagen. So familienfreundlich war es auf dem Platz der Kulturen noch nie.

Iserlohner Kreisanzeiger, 06.07.2019

Freibier, Fun und Friedenslieder

Traumstart: So familienfreundlich und entspannt ging es beim Friedenfestival noch nie los

Ralf Tiemann

Die Band Paxx sorgte mit „Klassikern der Friedensliteratur“ für einen Auftakt nach Maß. Ralf Tiemann

Iserlohn „Wenn er im kleinen Kreis loslegt, liegen alle unterm Tisch“, sagen seine Freunde. Und für sie ist klar: Der Mann gehört auf die Bühne. Gestern Abend war nun so weit: Mohamed Basheer Al Sayed Ahmed – oder einfach Basheer – traute sich. Ganz spontan gab er seine Premiere als Comedian – ein kurzer Auftritt, bei dem ihm gehörig die Knie zitterten, wie er sagt. Bei dem er aber auch schon ziemlich frech loslegte, indem er sich darüber beschwerte, dass es als Flüchtling kaum möglich sei, Deutsch zu lernen, weil man auf der Straße fast nur Ausländer trifft. Was auf Basheer selbst allerdings ganz und gar nicht zutrifft. Seit vier Jahren lebt der 22-jährige Syrer erst in Iserlohn, hat rasend schnell Deutsch gelernt und träumt davon, als Stand-Up-Comedian erfolgreich zu sein.

Friedenslieder von Lennon bis Wader

Und seine sympathische Premiere hat gestern auf jeden Fall mit dazu beigetragen, dass das Friedensfestival wohl den entspanntesten Start seiner Geschichte hinlegte. Natürlich lag es nicht nur an ihm. Das Wetter spielte perfekt mit, der Besuch war fantastisch, die Atmosphäre ebenso und die Organisatoren vom FriedensPlenum hatten ganz bewusst auf Familienfreundlichkeit statt auf Pogo-Tauglichkeit bei der Musikauswahl gesetzt.

Bestes Beispiel dafür war die Hemeraner Band Paxx , die sich eigens für diesen Abend gegründet hatte und „Klassiker der Friedensliteratur“, wie Frontmann Harry Hamann es ausdrückte, mitgebracht hatte. John Lennon, Hannes Wader, TonSteineScherben und passenderweise auch einen Rückgriff auf die 48er Revolution, deren Jubiläum ja gerade auf diesem Platz an der Bauernkirche gefeiert worden war, hatte die Band im Programm – einfach stark.

Und so war es schon gestern zum Auftakt das bunte und fröhliche Treiben mit vielen Kindern und entspannter Stimmung, das man sonst eher vom Samstag kennt und bei dem nur die traditionelle Freibier-Ausgabe an den einstmals „harten Freitag“ erinnerte – und selbst da ging nur noch eine halbe Kiste Paderborner über den Tisch. Heute startet die erste Band um 15.30 Uhr.

Die kleine Flora bei ihrem ersten Festivalbesuch – und sofort stilecht gekleidet. Das ist ein Patent wert: John Bell mit selbstgebautem Friedensfestival-Bierflaschenhalter am Rollator. Der syrische Comedian Basheer hat sich beim Friedenfestival zum ersten Mal auf die Bühne getraut.


Top-Act am Samstagabend: „The Unduster“ kommen nicht Narnia und auch nicht aus Schlumpfhausen, sondern aus Simbach und spielen Ska und Reggae
13 Bands –
umsonst und draußen

Freitag, 5. Juli
18 Uhr: Pax
19.30 Uhr: Minuspol
21 Uhr: The Sewer Rats
22.40 Uhr: Korsakow

Samstag, 6. Juli
15.30 Uhr: Joker’s Kingdom
17 Uhr Uhr: Kunstfehler
18.45 Uhr Boreas
18.30 Uhr: Reliquiae
22.30 Uhr: The Unduster

Sonntag, 7. Juli
15.15 Uhr: Tribal M
17.15 Uhr: Irish Maiden
19 Uhr: Spiral Drive
20.45 Uhr: Kochkraft durch KMA

Für die Pausenunterhaltung sorgen „Ritmo Animado“ und „Samba Piranha“.

„Kochkraft durch KMA“ haben die „Neue Deutsche Kelle“ erfunden und beenden das Festival am Sonntagabend.

Iserlohner Kreisanzeiger, 25.06.2019

Feiern für ein friedliches Miteinander

Das Friedensfestival geht vom 5. bis 7. Juli an der Bauernkirche in die 29. Auflage

Von Ralf Tiemann

Iserlohn. Warum das Friedensfest? Die Frage stellen die Organisatoren vom Friedensplenum im Vorfeld ihres großen Open-Air-Festes an der Bauernkirche selbst – und finden auch zur 29. Auflage in ihrer Festival-Zeitung gute Gründe: „Wir wollen nicht nur auf die Missstände in der ganzen Welt und vor Ort aufmerksam machen, sondern auch hier bei uns, im Kleinen, ein friedlicheres Miteinander schaffen. Das geht am besten, wenn wir zusammen feiern“, schreiben sie. „Die Musik verbindet, gutes Essen sowieso, und wir kommen miteinander ins Gespräch. Außerdem kommt der Überschuss, den wir auf dem Fest erzielen, wie jedes Jahr Menschen in Not zugute.“
Vor allem für die Flüchtlingsarbeit setzt der Verein Friedensfestival den Erlös aus den Festivals ein. In den vergangenen beiden Jahren blieben nach Abzug aller Kosten rund 6000 Euro übrig. In der aktuellen Ausgabe finden sich genaue Aufstellungen zu allen Aktionen und Projekten, die der Verein finanziell unterstützt hat.

Einzigartiger Musik-Mix
umsonst und draußen

Und das, obwohl seit Beginn der Festival-Geschichte der Slogan „Umsonst und draußen“ gilt und kein Eintritt erhoben wird. Möglich wird das natürlich nur, weil sich jedes Jahr wieder Bands aus ganz Deutschland – manchmal auch aus dem Ausland – finden, die auf ihre Gage verzichten und nur für eine kleine Aufwandsentschädigung nach Iserlohn kommen.
Auch in diesem Jahr stehen ab Freitag, 5. Juli, wieder an drei Tagen 13 Bands auf der Bühne an der Stadtmauer unterhalb der Obersten Stadtkirche und sorgen für einen im ganzen Umkreis einzigartigen Musik-Mix. Top-Acts sind am Freitagabend „Korsakow“ aus Düsseldorf mit einer Mischung aus Punkrock, Alternative und Pop, garniert mit deutschen Texten und einer guten Portion Humor, am Samstag „The Unduster“ aus Simbach am Inn, die sich irgendwo zwischen Narnia und Schlumpfhausen mit Anarchie und dekadentem niederbayrischen Weißbierschaumkronenfetisch verorten und wohl vor allem Ska und Reggae machen, und am Sonntag „Kochkraft durch KMA“, die sich dem Spirit der mehrdeutigen 80er-Jahre folgend als Erfinder der „Neue Deutsche Kelle“ bezeichnen und ihre Musik als hochgradigen Neo-Dada beschreiben – all das klingt doch ganz interessant.
Aber auch drum herum gibt es beim Festival wieder viel zu erleben: Pausenunterhaltung mit „Ritmo Animado“ und „Samba Piranha“, das Kinderland mit Schminken, Basteln, Hüpfburg und Zauberer Udo, politische Informationen, leckeres internationales Essen und Spaß mit bunten Leuten unter freiem Himmel.


Iserlohner Kreisanzeiger, 05.06.2019

Den Opfern der NS-Ideologie Namen gegeben

Heimat-Historiker Peter Trotier sprach bei der Gedenkveranstaltung des Friedensplenums

Vertreter der Partei Die Linke, des Friedensplenums und der Grünen legten am Mahnmal am Poth im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus Kränze nieder.
Michael May

Iserlohn Zum Auftakt des 29. Friedenfestivals auf dem Fritz-Kühn-Platz versammelten sich rund 50 Iserlohnerinnen und Iserlohner am Donnerstagabend auf Einladung des Friedensplenums am Poth, um am dortigen Mahnmal an die Menschen zu erinnern, die Opfer des Nationalsozialismus geworden sind. Unter den Teilnehmern waren auch Vertreterinnen und Vertreter der Partei Die Linke, der Grünen, der SPD, der FDP und der Wählergemeinschaft „Die Iserlohner“.
Als Redner der traditionellen Veranstaltung konnte das Friedensplenum diesmal den heimischen Historiker Peter Trotier aus Letmathe begrüßen. Trotier gab den Opfern der Hitler-Diktatur in seiner Rede ein Gesicht, einen Namen, indem er über die Schicksale von Julius und Cäcilie Meyberg sowie Julius Koppel und Johann Franz Trompeter berichtete. Sie waren angesehene, eher unauffällige Bürgerinnen und Bürger Letmathes und wurden „Opfer eines Systems und einer Gewaltherrschaft, weil sie weder dem Rassenwahn noch den eugenischen Ansprüchen der NS-Ideologie entsprachen und deshalb ausgesondert und schließlich ermordet wurden“. Ihre Schicksale und Geschichten waren lang vergessen, „im Gegensatz zu den Tätern und Mitläufern“.
Peter Trotier, der im Jahr 2012 über die Geschichte dieser Letmather eine Buch veröffentlicht hat, bedauert, dass bis jetzt nicht auch in Iserlohn Dokumente aus dieser Zeit zu einem Buch zusammengetragen worden seien.
Nach seiner Rede legten Vertreter des Friedensplenums, der Grünen und der Partei Die Linke Kränze am Mahnmal nieder.
Das Friedensfestival umsonst und draußen auf dem Fritz-Kühn-Platz startet am heutigen Abend. Bis Sonntag bietet das Friedensplenum wieder ein volles Musikprogramm, politische Beiträge und Aktionen für die Kinder.


Iserlohner Kreisanzeiger, 25.05.2019

IKZ am Wochenende

Sonderseite zum Revolutionstheater am Platz der Kulturen


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Iserlohner Kreisanzeiger, 21.05.2019

Helfende Hände fürs Friedensfestival gesucht

Iserlohn. Alle, die beim Friedensfestival helfen möchten oder sich informieren wollen, sind am Samstag, 25. Mai, ab 18 Uhr zur Party im Jugendzentrum am Karnacksweg eingeladen. Auch dieses Jahr sind die Veranstalter des Benefizfestivals wieder auf viele fleißige Hände angewiesen, damit die 29. Auflage ein Erfolg wird. Alle potenziellen Helfer können sich am Samstag bereits für eine der vielen Aufgaben eintragen. Neben Speis und Trank ist auch für erstklassige Livemusik gesorgt. Weitere Informationen gibt es unter www.friedensfestival.de.


Iserlohner Kreisanzeiger, 20.05.2019

„Schranken und Mauern entzwei“

Als die Revolution vor 170 Jahren Iserlohn erreichte, starben 100 ihrer Bürger

Johann Stock als Willi vor dem Portal des alten Zeughauses: Mit ihm die Kämpferinnen und Kämpfer des Revolutionstheaters.

Von Frank Jungbluth

Iserlohn. Die Revolution kommt schleichend. Sie kriecht in die Stadt, wird besungen und herbeigesehnt. Sie wächst, wird stark, immer mehr Unterstützer kommen. Sie alle hatten einen Traum im Mai 1849, vor 170 Jahren. Den Traum, freie Bürger zu werden, die wählen können. Den Traum, Arbeiter und Angestellte zu sein, die von ihrem Lohn leben können. Den Traum, dass Frauen gleiche Rechte haben und Kinder nicht mehr arbeiten müssen. So war das im reichen, armen Iserlohn 1849.

„Wir zeigen, was damals hier los war und was das mit dem Leben heute hier zu tun hat.“
Johann Stock, Darsteller

Die sozialen Unterschiede sind gewaltig in der damals größten Stadt der Region. In Iserlohn ist sie schon, die industrielle Revolution, Metallverarbeitung, Bergbau und Nadelindustrie. Reiche Unternehmer und Kaufleute gibt es, deshalb sagt man der Stadt Wohlstand nach, aber in ihren Mauern leben tausende die davon nur ein paar Silbergroschen abbekommen. Familien, die im Elend leben, Kinder, die mit neun oder zehn Jahren in den Fabriken 12 Stunden am Tag für einen Hungerlohn schuften. Das ist auch Teil der Wahrheit.
Dass das besser und anders werde, auch dafür streiten die Frauen und Männer, Kinder und Großeltern vor 170 Jahren als die Revolution nach Iserlohn kam. Mit den Schauspielerinnen und Schauspielern des Friedensplenums, dessen Akteure das Stück nach 20 Jahren wieder auf die große Freilichtbühne Fritz-Kühn-Platz gebracht haben, lebt die Geschichte wieder auf.
„Wir hatten keinen Regisseur“, gesteht Monika Behlau, die als Else eine der revolutionären Vorkämpferinnen mimt. „Ich muss sagen, es ist uns trotzdem am Ende besser gelungen, als wird dachten“, ist sie zufrieden. Gut 500 Besucher dürften es gewesen sein, die am Freitag und am Samstag Zuschauer der Erinnerung an einen Schicksalstag in der Stadtgeschichte gewesen sind.
„Wir zeigen mit dem Stück vor allem auch, was damals hier in Iserlohn los war und was das mit dem Leben heute hier zu tun hat“, sagt Johann Stock (17), der mit rotem Bart und schwarzem Hut den Rädelsführer Willi spielt. Sein Großvater Peter Mühlenhoff spielt den Obertelegraphisten Karl, der die Signalanlage auf dem Fröndenberg bedient, um die Preußen zu informieren, die wissen wollen, was die Iserlohner Revolutionäre vor haben. Als sie kommen am 17. Mai 1849, die preußischen Füsiliere, schießen sie wild um sich, stürmen die Barrikaden und jagen die Menschen durch die Stadt.
Denn die Preußen fanden zwar verlassene Barrikaden vor, die in den Wochen zuvor mit Aufständischen besetzt waren, die ursprünglich gegen die Einkleidung von Iserlohner Landwehrmännern, einer Miliz aus Zivilisten, opponierten, weil der König sie gegen Revolutionäre in Baden aufmarschieren lassen wollte – aber eine Kugel fegte den Kommandeur der Füsiliere, Oberstleutnant Friedrich von Schroetter, vom Pferd.

„Schieß ihn um, den Hund von Demokraten“

Die Rache war furchtbar, preußische Truppen durchsuchten hunderte Häuser in der damals knapp 10.000 Einwohner großen Stadt. Ihr Schlachtruf: „Schieß ihn um, den Hund von Demokraten.“ Was folgte, war ein Blutbad, das eine und eine halbe Stunde dauerte. Auch Frauen und Kinder wurden von Soldaten ermordet. Die Bürgerlichen kamen den Handwerkern und Arbeitern kaum zu Hilfe. Weil rote Fahnen wehten, befand die Obrigkeit, es sei ein Aufstand des Pöbels.
100 Iserlohner starben, die Namen von 40 von ihnen, sind am Ende des sehenswerten Revolutionstheaters verlesen worden. Karl Schuchart, der das zu verhindern suchte, wurde der Prozess gemacht, aber er kam wieder frei. Der Kampf der Iserlohner gilt als der größte unter den Maiaufständen in den deutschen Landen 1849.
Ein Video dazu sehen Sie unter www.ikz-online.de

Die Fahne, die ich heute hier trage, hat schon andere Demonstrationen gesehen. Vor 51 Jahren, als die 68er in Iserlohn auf der Straße waren, habe ich die schon getragen. Unser Stück ist Erinnerung an den Kampf und das Engagement für mehr Rechte. Damals wie heute.
Armin Kligge, Darsteller des Fritz
Der Kommandant war zwar nicht begeistert von unseren Forderungen, aber wir haben bis übermorgen Zeit, unsere Waffen zu strecken. Ich persönlich finde, das ist in sehr großzügiges Angebot. Darauf könnte man sich doch einlassen.
Michael Lux, spielt den Kaufmann beim Revolutionstheater
Wir sind zufrieden mit dem großen Zuspruch der Zuschauerinnen und Zuschauer. Die viele Arbeit der vergangenen Monate hat sich gelohnt. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir Samstag ohne Regen gespielt hätten.
Marion Bischof, Koordinatorin der Aufführung des Friedensplenums
Große Konkurrenz zwischen den Unternehmen in der Stadt und schließlich auch Verteuerungen haben in Iserlohn dazu geführt, dass es allen schlechter geht. Wir können doch nicht zulassen, dass bei uns in Iserlohn das Chaos regiert.
Karsten Renfordt, Darsteller des Anwaltes Karl Schuchart

Kommentar
Von Frank Jungbluth

Revolution hat mehr verdient

Kein Bürgermeister und kein Stellvertreter, kein Abgeordneter aus dem Rathaus – die Präsenz der so genannten Offiziellen fiel schlicht aus beim Revolutionstheater, das eine großartige Bereicherung für den Veranstaltungskalender in Iserlohn ist. Dem Friedensplenum – allen voran Marion Bischof – und den Mitstreitern ein großes Kompliment – mit viel Fließ und Engagement haben sie eine sehenswerte Aufführung der revolutionären Ereignisse von 1849 auf die Freilichtbühne gebracht.
Die Geschichte hat Potenzial, daraus könnte etwas Großes, vor allem Besonderes werden, wenn alle, die immer nach innerstädtischen Events mit einmaligem Charakter rufen, um die Innenstadt zu beleben, die Möglichkeiten erkennen würden. Allerdings: Wenn im Rathaus so verzagt mit einer bemerkenswerten Aktion umgegangen wird, muss man sich nicht wundern, dass der große Wurf wieder nicht gelingen mag.
In der Nachbarstadt Soest macht man vor, was aus einer Initiative wie dem Iserlohner Revolutionstheater werden könnte. Die Bürger der Hansestadt in der Börde führen seit zehn Jahren die Soester Fehde auf, die im Mittelalter spielt und sogar bis Hemer wirkte. Aus einer kleinen Gruppe mutiger Ehrenamtlicher ist ein Ereignis mit fast 1000 Mitwirkenden geworden, ein Stadtfest, das drei Tage lang Zehntausende in die Stadt zieht.
So könnte das Revolutionstheater auch werden. Nur Mut, Friedensplenum, bleibt dran. Ganz unverzagt. Verwaltung, nehmt es an.


Iserlohner Kreisanzeiger, 17.05.2019

Kommt und baut Barrikaden auf dem Fritz-Kühn-Platz

Es ist der 16. Mai 1849. Himmelfahrt. Niemand rechnet an diesem Feiertag mit einem Einmarsch der preußischen Truppen. Die Revolutionäre aus Iserlohn hatten schon eine Woche zuvor das Zeughaus gestürmt, um sich zu bewaffnen. Sie hatten Barrikaden errichtet und die Telegrafenstation auf dem Fröndenberg lahm gelegt. Das Unerwartete tritt aber doch ein: Die königlichen Truppen kommen und schlagen den Aufstand blutig nieder. Der Traum ist aus. Diese Ereignisse, die sich vor exakt 170 Jahren in Iserlohn zugetragen haben, lässt das Friedensplenum heute und morgen auf dem Fritz-Kühn-Platz wieder aufleben. Unterstützt von vielen Freunden ist in kurzer Zeit mit Liebe zum Detail und noch mehr stadthistorischem Hintergrund ein Revolutionstheater entstanden, das die Geschehnisse am Originalschauplatz zeigt. Nach der gestrigen Generalprobe ist klar, dass das niemand verpassen sollte. Alle sind eingeladen – nicht nur zum Zusehen, sondern auch zum Mitmachen, wenn zum Sturm auf das Zeughaus (das heutige Stadtmuseum) geblasen wird und die Barrikaden errichtet werden. Die Aufführungen beginnen heute um 18 Uhr und morgen um 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Die Revolution von 1848/49 – Was bleibt?

Im Iserlohner Stadtmuseum läuft noch bis zum 23. Juni eine Ausstellung zum Thema.

Unter dem Titel „Die Revolution von 1848/49 – Was bleibt?“ zeigt der Iserlohner Literatur-wissenschaftler Dr. Walter Wehner Exponate aus seiner Sammlung.

Auf die Frage, was von den damaligen Ereignissen geblieben sei, möchte die Ausstellung vor allem auf ein lange unbeachtetes, positives Ergebnis verweisen: die Emanzipation der Frauen. Sie bildet daher den Schwerpunkt der Ausstellung.

Kostenfreie Führungen bietet Walter Wehner am Sonntag, 26. Mai, um 11 Uhr und am Donnerstag, 13. Juni, um 17 Uhr an.

Schuchart, ein Held wider Willen

Der Straßenkampf der Revolution in Iserlohn war chaotisch und anarchistisch

Iserlohn. Als Karl August Michael Schuchart sich auf den Weg machte, ein Revolutionär zu werden, da war er vor allem beseelt von dem Wunsch, den alle politisch Engagierten der Jahre 1848/49 im Herzen trugen: Die Freiheit der Person und des Geistes, Grundrechte, die im 70. Jahre des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland selbstverständlich, vielleicht zu selbstverständlich sind. Grundrechte, für die Frauen und Männer wie Karl Schuchart eingestanden sind, als sie nicht selbstverständlich waren.
Wenn die Revolutions-Darsteller von heute am Freitag und Samstag die Geschichte des Barrikadenkampfes vom 17. Juni 1849 als Freiluft-Theater nacherzählen, spielt Schuchart eine wichtige Rolle. Nach dem Blutbad, das preußische Truppen an diesem 17. Juni vor 170 Jahren angerichtet haben, jagten sie den damals 42-jährigen Iserlohner Rechtsanwalt, weil er als Rädelsführer galt. Aber Schuchart war ein Held wider Willen, denn der gläubige Katholik und Jurist wollte eigentlich verhindert haben, was 1849 geschehen ist – die Erstürmung der Stadt durch preußische Truppen, die Ermordung von 40 Menschen, die Verhaftungswelle und die Prozesse gegen die Revolutionäre.
Zum Glück für Schuchart fanden die schießwütigen Preußen den wackeren Revolutionär nicht, der sich schon 1847 im so genannten Vorparlament als Vorkämpfer für eine moderne Verfassung eines neuen deutschen demokratischen Reiches einen Namen gemacht hatte. Stattdessen spießte ein Füsilier der königlich-preußischen Truppen stellvertretend ein Portrait des Iserlohner Rechtsanwaltes und Politikers auf, das man bei der Durchsuchung und Verwüstung seines Hauses in der heutigen Unnaer Straße gefunden hatte.
Das Ölgemälde gibt es bis heute, man kann es im Stadtmuseum am Kühn-Platz sehen, wohin Schucharts Nachkommen das Portrait des Urur-Großvaters ausgeliehen haben. Es ist in der Ausstellung „Die Revolution von 1848/49 – was bleibt?“ zu sehen, deren Kurator der Iserlohner Heimatforscher Dr. Walter Wehner ist. Die Narbe von 1849 ist verheilt, aber noch zu sehen; und sie ist gewissermaßen Symbol der Revolution, die – wenn sie gelungen wäre – Deutschland und dem Rest der Welt wohl zwei Weltkriege erspart hätte. So wurde das Deutsche Reich, der Deutsche Bund, wie die 1848/49er-Revolutionäre sich ihn erträumt hatten, 1871 von den preußischen Monarchisten um Bismarck aus Eisen und Blut geformt. Der Rest ist – traurige – Geschichte.

„Jeder Deutsche hat das deutsche Reichsbürgerrecht. Die Rechte kann er in jedem deutschen Lande ausüben.“
Aus dem ersten Grundrechtskatalog für alle freien Bürger 1848.

Und Schuchart, was wurde aus dem Mann, der wider Willen Held und Staatsfeind wurde nach dem Blutbad vom 17. Mai 1849 in Iserlohn? Er wurde zwar auch verhaftet, man machte ihm den Prozess, aber er kam frei und blieb bis zu seinem Tode am 10. Oktober 1869 Rechtsanwalt und geachteter Bürger seiner Heimatstadt, in die der gebürtige Thüringer 1842 gekommen war. Von ihm bleibt, dass die Demokratie, die er und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der revolutionären Zeit ersonnen haben, mit der Weimarer Verfassung 1919 Freiheit für alle brachte. Im Grundgesetz, dessen 70. Geburtstag nächste Woche gefeiert wird, leben Schucharts Ideen weiter.


Iserlohner Kreisanzeiger, 07.03.2019

Sophia Steneberg (von li.), Marion Bischof, Armin Kligge und Brigitte Pusch suchen Mitstreiter für das Revolutionstheater-Ensemble.

18 Rollen für die Revolution sind noch frei

Friedensplenum spielt Theaterstück über den Iserlohner Aufstand von 1848/49 auf dem „Platz der Kulturen“

Cornelia Merkel

Iserlohn. „Wir suchen noch Mitspieler bei unserem Projekt des Revolutionstheaters“, erklärt Marion Bischof vom Friedensplenum und hofft, dass sich neben Erwachsenen auch Oberstufenschüler melden können. „Wir wollen möglichst viele Iserlohner und Gruppen einbeziehen: 18 Rollen sind zu bekleiden.“
Am 10. Mai 2019 jährt sich der Iserlohner Aufstand im Zuge der deutschen Revolution zum 170. Mal. Die Linke-Ratsfraktion hatte dazu, wie berichtet, einen Antrag gestellt, den Tag mit einem „Fest der Demokratie in Iserlohn, der Stadt der Deutschen Revolution“ zu feiern. Damit sollte die demokratische Tradition Iserlohns herausgestellt werden und künftig alljährlich fester Bestandteil des Veranstaltungskalenders werden. Dazu will das Friedensplenum am 17., 18. und 19. Mai ein Revolutionstheaterstück aufführen
Eine Arbeitsgruppe hat anhand von historischen Unterlagen aus dem Iserlohner Stadtarchiv eine Szenenfolge erarbeitet, in der die historischen Ereignisse am ehemaligen Zeughaus aufgeführt werden sollen. „Wir sind in den letzten Zügen für unser Textbuch. Uns berät der ehemalige Stadtarchivar Götz Bettge“, berichtet Marion Bischof von der Revolutionstheater-Werkstatt. „Für uns als Gruppe hat sich Arbeit schon gelohnt, es ist interessant, was man aus den historischen Quellen erfährt.“ Das Stück behandelt die politischen und sozialen Verhältnisse von 1848/49. „Iserlohn war in jener Zeit die wirtschaftlich stärkste Stadt in Westfalen“, weiß Armin Kligge, der in dem Stück den Skeptiker Fritz spielen wird, der bürgerlichen Versprechungen misstraut. „In Eiserlohn hammse mehr Thalers als in Unna Pennige“, zitiert er ein damaliges Sprichwort auf Plattdeutsch.
Das Historienstück spielt auf dem Fritz-Kühn-Platz, den die Akteure aber lieber „Platz der Kulturen“ nennen. „Das damalige Zeughaus wurde gestürmt“, verweist Marion Bischof auf das Stadtmuseum, das als historischer Ort in einer Massenszene die zentrale Rolle einnehmen wird. Die Laien-Revoluzzer spielen außerdem auf der Treppe und im ehemaligen Luftschutzstollen. Mit dem Sturm auf das Zeughaus begann der Iserlohner Aufstand, einer der bedeutendsten der sogenannten Maiaufstände im Zuge der damaligen Reichsverfassungskampagne. Ihr Ziel: die Anerkennung der vom ersten gesamtdeutschen und demokratisch gewählten Parlament ausgearbeiteten Verfassung. Das Stück stellt Bezüge in die heutige Zeit auf, beleuchtet die Bedeutung für die deutsche Geschichte, weil ihre Forderungen Eingang in das heutige Grundgesetz fanden, erklärt Marion Bischof weiter. Sie ergänzt: „Wir wollen auch andere Gruppen einbeziehen, den Werkschor Auerweg und den Begegnungschor. An dem Projekt beteiligen sich auch das Casa b sowie die Musiker Harry Hartmann und Marc Schreiner.“ Die Theaterszenen und Textpassagen ergänzen revolutionsspezifische Lieder.
Die Vorbereitungsgruppe trifft sich am Sonntag, 10. März, um 15 Uhr im Bürgerraum am Fritz-Kühn-Platz. Am 17. März ist das erste Treffen mit allen Interessierten und Aktiven um 17 Uhr im Jugendzentrum am Karnacksweg.
Interessenten können sich bei Marion Bischof unter rauhfaser@web.de melden. Vom 11. April bis zum 23. Juni zeigt das Stadtmuseum dazu die Ausstellung „Revolution von 1848/49 – was bleibt?“ von Dr. Walter Wehner.


Iserlohner Kreisanzeiger, 25.02.2019

Bunter Musik-Mix gegen die Atom-Gefahr

„Umsonst-und-drinnen-Friedensfestival“ hat gut unterhalten und politisch wach gerüttelt

Von Stefan Janke

Melanie Mau, Martin Schnella (Gitarre) und Lars Lehmann am Bass eröffneten das kleine Festival "Zündstoff XL" im Jazzklub Henkelmann.

Iserlohn. Statt umsonst und draußen hieß es am Samstag umsonst und drinnen, als der Verein Friedensfestival gemeinsam mit dem Hotclub Iserlohn zum langen Musikabend in den „Henkelmann“ eingeladen hatte. Denn neben dem großen Friedensfestival, das alljährlich im Sommer auf dem Fritz-Kühn-Platz über die Bühne geht, präsentiert der Verein auch „außer der Reihe“ kulturelle Veranstaltungen, die zum Frieden auf der Welt mahnen. „Und da ist es im Moment besonders wichtig, die Menschen zu motivieren, mit uns in Friedensangelegenheiten weiter zu streiten“, erklärte Konzert-Organisator Detlef Paul bei der Eröffnung von „Zündstoff XL“, wie der Abend überschrieben war.

Keine guten Nachrichten aus Russland und den USA

Die jüngsten Nachrichten aus den USA und Russland ließen Schlimmes erahnen, so Detlef Paul. „Alles, was wir in Jahrzehnten erkämpft haben, in Bonn oder in Mutlangen, scheint im Moment wieder in Frage gestellt zu sein“, sagt Paul. Es gebe sowohl von Seiten Russlands die Bereitschaft, neue Raketen zu bauen und zu stationieren, als auch die Idee der USA, in Europa so genannte „Mini-Nukes“ zu verbreiten. „Bei extrem kurzen Vorwarnzeiten wird der Atomkrieg dann wieder führbar“, befürchtet der Sprecher des Friedensfestivals.
Vor diesem düsteren Hintergrund wirkte die Live-Musik deutlich fröhlicher und entspannter. Ein wenig „Sitzfleisch“ mussten die Besucher schon mitbringen, schließlich wartete auf sie ein siebenstündiges Programm, das an Bandbreite nichts zu wünschen übrig ließ. Den Auftakt machten Sängerin Melanie Mau, Gitarrist Martin Schnella und Lars Lehmann am Bass mit „Herzensangelegenheiten unplugged“. Die kleine, starke Formation aus Osterode spielte dezent und doch fulminant auf, begeisterte mit einer grandiosen Stimme und zwei Herren an den Saiten, die ihr Handwerk aufs Beste beherrschen. Leider war das Publikum phasenweise so laut ins Gespräch vertieft, dass das Gemurmel den Musikgenuss derer, die konzentriert zuhörten, doch etwas störte.
Mit „InVertigo“ ging die musikalische Reise zurück in die hohe Zeit von Bands wie Genesis, Yes, Spocks Beard und Pink Floyd. Warme, fette Synthesizer-Klangteppiche bilden die Basis für eingängige Melodien, harte Gitarrenriffs und Soli. Art-Rock und Neo-Prog nennt die seit 2001 tourende Gelsenkirchener Band ihren Stil – und der traf genau den Geschmack der Henkelmann-Besucher. Die hohe Kunst des Jazz durfte im Club an diesem Abend natürlich nicht fehlen, und da hatten die Veranstalter auf eine große Sängerin gesetzt, die auf internationalen Festivals zu Hause ist: Dian Pratiwi. Gemeinsam mit ihrer Band war sie das Sahnehäubchen dieser Ausgabe von „Zündstoff XL“.
Und am Ende war klar: Ein qualitativ dermaßen gutes „Mini-Festival“ gibt’s nur selten in der Waldstadt und hätte ein paar Dutzend Besucher mehr verdient gehabt.


Iserlohner Kreisanzeiger, 16.02.2019

„Zündstoff-XL-Konzert“ soll fürs Friedensfest werben

Umsonst-und-drinnen-Festival: Bei Live-Musik von drei Bands im Jazzclub Henkelmann sind Spenden erwünscht

Melanie Mau, Martin Schnella, Lars Lehmann und Fabian Gödecke spielen zum Auftakt des „Zündstoff-XL-Konzertes“.

Iserlohn. Der Friedensfestival-Verein präsentiert am Samstag, 23. Februar, von 17 bis 24 Uhr im Jazzclub Henkelmann ein „Umsonst-und-drinnen -Festival“. Es wird Livemusik von drei besonderen Bands angeboten, die das Friedensfestival vorab ergänzen und besser drinnen genossen werden können. Damit alle Interessierten an diesem Konzert teilnehmen können, ist der Eintritt frei. Spenden für die Arbeit des Friedensfestival-Vereins sind willkommen. Einlass ist schon ab 17 Uhr.
Im Gegensatz zum Friedensfestival ist aus Sicherheitsgründen der Zugang im Henkelmann nur begrenzt möglich. Wer einen gesicherten Zugang haben möchte, melde sich per Email unter postandetlev@gmx an. Wer das Konzert oder einzelne Auftritte auf gut Glück besuchen möchte, ist willkommen.

Schon um 17.30 Uhr starten Melanie Mau und Martin Schnella aus dem Harz im Unplugged-Stil. Sie werden von Lars Lehmann am Bass und Fabian Gödecke mit Percussion unterstützt. Sie interpretieren Songs von so unterschiedlichen Künstlern wie Genesis, Judas Priest, Kansas, Iron Maiden, The Police, Yes bis hin zu Madonna. In ihrer besonderen Art bieten sie bekannte Melodien mit Wiedererkennungseffekt. Wer zu spät kommt, verpasst ein außergewöhnliches Programm bei ihrem ersten Gig in NRW.

Dian Pratawi regt mit Uwe Plath zum Tanzen an

Gegen 20 Uhr beginnt der Auftritt der aus Bali stammenden Sängerin Dian Pratawi, die ihr Publikum mitzureißen versteht und auch zum Tanzen bringen will. Dabei wird sie unterstützt von Uwe Plath am Saxophon, der extra für diesen Auftritt Resa Askari am elektrischen Bass, Jonas Grätzer an den Drums und Erik Simonait am Flügel gewinnen konnte. Der Auftritt verspricht ein besonderes Jazzkonzert mit verschiedene Genres.
Gegen 22.15 Uhr wird die Veranstaltung lauter mit Art-Rock und Neo-Prog von InVertigo aus Gelsenkirchen. In ihren abwechslungsreichen, langen Songs mischen sie viele Stile und viel Melodie. Auch bei ausladenden Instrumentalparts mit flirrenden Synthesizern und rockender Gitarre vergessen sie den Song nicht. In einigen ihrer Stücke setzen sie sich mit den zu vielen Lügen und falschen Versprechen kritisch auseinander.
Bei diesem „Zündstoff-XL-Konzert“ wird auch um aktive und praktische Unterstützung für die kommenden Aktivitäten von Festivalverein und FriedensPlenum geworben.
Bei der Frühlingsdisco mit dem DJ Peter Baumgärtner (früher „Point One“) am Samstag, 13. April, im JUZ-Karnacksweg ab 21 Uhr ist jeder für gemeinsamen Spaß und tätige Mithilfe willkommen.

Revolutionäre Darsteller für Revolutionstheater gesucht

Für das Revolutionstheater mit dem Arbeitstitel „Sie hatten einen Traum“ vom 10. bis 19. Mai braucht das FriedensPlenum noch „revolutionäre Darsteller“ und technische Unterstützung.
Am Samstag, 25. Mai, folgt dann schon die Helferparty im JUZ-Karnacksweg, für die noch Musikangebote gesucht werden. Dabei sollen dann die Leute gefunden werden, die das Friedensfestival vom 5. bis 7. Juli durch ihre Mitarbeit sicherstellen. Eine Unterstützung bei der Erstellung der Festivalzeitung ist schon ab dem 24. Februar möglich.
„Das FriedensPlenum und der Friedensfestival-Verein haben wieder viel vor und sind ohne die tätige Unterstützung vieler freiwilliger Helfer nicht in der Lage, das ehrgeizige Programm zu stemmen“, erklärt Detlev Paul.