Pressespiegel 2022

Iserlohner Kreisanzeiger, 10.11.2022

Viele Zeichen der Solidarität

Über hundert Teilnehmende gedenken bei einer Mahnwache der Opfern der Novemberpogrome

Ob „Solidarität erfordert Mut!“ oder „Frau Leben Freiheit“: Die Mitglieder des Kinder- und Jugendrates setzten bei der Gedenkveranstaltung für die Novemberpogrome ein Zeichen für Solidarität. Foto: Echtermann
Von Vanessa Wittenburg

Iserlohn. Mehr als hundert Menschen sind am Mittwochabend der Einladung der Stadt Iserlohn, der Ratsmitglieder und des Friedensplenums gefolgt, um der Opfern der Novemberpogrome 1938 zu gedenken. Mit einem umfangreichen Programm, mitgestaltet unter anderem auch von den „Omas gegen Rechts“, dem Kinder- und Jugendrat und dem Chor „conTAKT“, wurde nicht nur an die Opfer der NS-Zeit erinnert, sondern auch Solidarität mit all jenen bekundet, die heute weltweit von Menschenrechtsverletzungen betroffen sind.

„Es ist schwer, dieser grauenvollen Taten zu gedenken, aber wir schulden es den Opfern und ihren Nachfahren“, betonte Michael Joi-the am Gedenkstein für die Synagoge an der Mendener Straße. Auch dort hatte in der Nacht zum 10. November 1938 das jüdische Gotteshaus gebrannt, angezündet von der SS brannte es unter den Augen zahlreicher Iserlohnerinnen und Iserlohner und der Feuerwehr – die lediglich die umliegenden Gebäude schützte – ab.

Aus der Geschichte erwachsen Verpflichtungen

Auch wenn heute, 84 Jahre später, die Gesellschaft – auch in Iserlohn – „demokratisch, liberal und bunt“ sei, so Joithe, sei es umso wichtiger, die Verpflichtungen, die aus dieser Schuld erwachsen, nicht zu vergessen. Denn auch dieser Tage fänden rechte Ideologie und Antisemitismus ein breites Echo. „Wir haben die Verpflichtung hinzusehen und einzugreifen, wenn Menschenrechte missachtet werden. Diese Rechte, die damals mit Füßen getreten wurden, müssen wir beschützen“, forderte Joithe die Gedenkenden auf.

Wichtig sei es deshalb auch, Jugendlichen den Zugang zu diesem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte zu eröffnen. Die Erkenntnisse, die aus der Gewalt und dem Hass der NS-Zeit folgten, müssten weitergegeben werden, auch wenn es kaum noch Zeitzeugen gebe. So hatten sich etwa Mitglieder des Kinder- und Jugendrates (KiJuRat) auf einer Bildungsreise nach Berlin mit genau diesem Thema beschäftigt. Aber auch mit der Frage, was eigentlich Solidarität bedeutet.

Ihre Erkenntnisse taten sie während des Schweigemarsches durch die Innenstadt zum Poth nicht nur auf beleuchteten Schildern kund, sondern auch in einem Redebeitrag am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus. „Man darf sich nicht raushalten, wenn Menschenrechte verletzt werden“, betonte Ayman Ryari. Daher erklärten sich die KiJuRat-Mitglieder solidarisch mit den Opfern von Rassismus und Menschenrechtsverletzungen, dieser Tage unter anderem auch mit den Uiguren, Ukrainern, den Menschen im Iran und in Myanmar.

Solidarität, so betonten sie, sei unerlässlich für das Bestehen einer funktionierenden Gesellschaft. Ihren Wunsch machten sie deutlich: „Wir wollen uns mit Respekt begegnen und uns füreinander einsetzen.“

Das Thema Solidarität stand auch für die „Omas gegen Rechts“ im Mittelpunkt. Angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage sei es umso wichtiger, Mut zu beweisen und sich solidarisch zu zeigen. „In so einer schweren Zeit sollten wir solidarisch sein mit Menschen, die diskriminiert werden, auch in unserer bunten Stadt. Und auch dann, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken, damit es bald gelingen kann, sie zu retten. Ich hoffe, wir sind alle dabei“, erklärte Brigitte Pusch-Kovacs ihre Hoffnungen.

Stadtarchivar Rico Quaschny beleuchtete in seinem Vortrag das Leben zweier bislang noch eher unbekannterer Schicksale: Helene Ehrlich und Willy Giebe, die beide jüdische Ehepartner hatten und zu ihnen hielten, obwohl das für sie massive Auswirkungen hatte. Er forderte die Anwesenden auf, sich selbst die Frage zu stellen: „Welchen Mut hätte ich aufgebracht? Hätten wir gedacht, wir bewirken doch nichts, oder hätten wir alles in unserer Macht Stehende getan?“


Iserlohner Kreisanzeiger, 09.11.2022

Putzen die Stolpersteine: Detlev Paul (li.) und Sven Schau vom Friedensplenum. Foto: Privat
„Stolpersteine“ in der Innenstadt wieder lesbar

Mahnveranstaltung am Mittwochabend

Iserlohn Die Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht findet auch in diesem Jahr wieder am Mittwoch, 9. November, um 18 Uhr statt. Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland die Synagogen, auch die Synagoge an der Mendener Straße wurde damals in Brand gesetzt. Jüdische Nachbarn wurden drangsaliert, angegriffen und ausgeraubt. Mit der Gedenkveranstaltung soll jedes Jahr ein Zeichen für Toleranz und Mitmenschlichkeit gesetzt werden.

In der Iserlohner Innenstadt und in Letmathe erinnern das ganze Jahr über die „Stolpersteine“, dem Kunstprojekt von Künstler Gunter Demnig, an die Opfer des Nationalsozialismus. Diese wurden jetzt vom Friedensplenum geputzt. „Wir machen diese Putz-Aktion jedes Jahr, immer ein paar Tage vor der Gedenkveranstaltung, damit sie dann auch gut lesbar sind“, berichtet Alexander Platte vom Friedensplenum. In Iserlohn und Letmathe gibt es insgesamt 16 dieser Stolpersteine.
Ansprache des Bürgermeisters

Die Mahnveranstaltung startet am Gedenkstein für die Synagoge (Mendener Straße/Ecke Karnacksweg) und ist eine gemeinsame Aktion der Stadt Iserlohn, der Ratsmitglieder und des Friedensplenums. Nach einer Ansprache von Bürgermeister Michael Joithe, Redebeiträgen und einer Totenehrung nach jüdischem Ritus gibt es einen Schweigemarsch mit Zwischenstopps an den „Stolpersteinen“ bis hin zum Mahnmal am Poth. Dort gestalten die „Omas gegen rechts“ und der Kinder- und Jugendrat das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, auch der Chor „conTAKT“ tritt auf. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. kk


Iserlohner Kreisanzeiger, 05.11.2022

Gedenken an die Pogromnacht

Mahnveranstaltung am 9. November

Iserlohn Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland die Synagogen. Auch in Iserlohn waren die jüdischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Hab und Gut ungehemmter Gewalt ausgesetzt. Die Synagoge an der Mendener Straße wurde in Brand gesteckt, jüdische Nachbarn wurden drangsaliert, angegriffen und ausgeraubt. Die Novemberpogrome steigerten den staatlichen Antisemitismus zur Existenzbedrohung für die Juden im damaligen Deutschen Reich. Opfer der Verfolgung wurden auch viele Andersdenkende und Angehörige anderer Nationalitäten. Iserlohnerinnen und Iserlohner sind auch in diesem Jahr eingeladen, an der Gedenkveranstaltung am Mittwoch, 9. November, um 18 Uhr teilzunehmen, um ein Zeichen zu setzen für Toleranz und Mitmenschlichkeit.

Sie beginnt am Gedenkstein für die Synagoge (Mendener Straße/Ecke Karnacksweg). Nach einer Ansprache von Bürgermeister Michael Joithe und einem Redebeitrag von Stadtarchivar Rico Quaschny wird eine Totenehrung nach jüdischem Ritus durchgeführt. Im Anschluss begeben sich die Teilnehmenden auf einen Schweigegang durch die Innenstadt zum Mahnmal am Poth mit Zwischenstopps an den „Stolpersteinen“ und an der Reformierten Kirche mit einem Beitrag der Ökumenischen Basisinitiative für den Frieden. Am Mahnmal wird das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus von den „Omas gegen Rechts“ und vom Kinder- und Jugendrat gestaltet. Die Veranstaltung endet mit Blumen- und Kranzniederlegungen. Musikalisch begleitet wird die Veranstaltung vom Chor „conTAKT.

Die Gedenkveranstaltung ist eine gemeinsame Aktion der Stadt Iserlohn, der Ratsmitglieder und des Friedensplenums.


Iserlohner Kreisanzeiger, 13.10.2022

Gegen Diskriminierung im Iran

Jutta Gauda war bei der Solidaritätsveranstaltung an das Mikrofon getreten, um von ihrer Schwiegertochter, die aus dem Iran stammt, zu erzählen. Foto: Jana Haase
Iserlohn Recht spontan hatte die Partei „Mensch Umwelt Tierschutz“ zu einer Solidaritätsbekundung für diskriminierte Frauen und auch Männer im Iran aufgerufen. Allerdings war der Organisator Michael Siethoff kurzfristig erkrankt, so dass die „Omas gegen Rechts“ eingesprungen sind.

Durch die kurze Vorlaufzeit war die Resonanz auf dem Alten Rathausplatz am Mittwochnachmittag recht niedrig. Neben den „Omas gegen Rechts“ waren auch Vertreterinnen und Vertreter des Friedensplenums und der Linken-Fraktion dabei. Anlass für die Solidaritätsbekundung war der Tod der 25-jährigen Kurdin Jhina/Mahsa Amini am 16. September, der weltweit Proteste gegen das autoritäre Regime im Iran ausgelöst hat.

„Meine Schwiegertochter kommt aus dem Iran. Als sie gesehen hat, dass die Frauen dort ihre Kopftücher abnehmen, hat sie geweint vor Freude. Wir teilen mit ihr die Hoffnung, dass sich ganz bald etwas ändert – auch wenn die Bilder, die aktuell in den Medien zu sehen sind, eher hoffnungslos machen“, erklärte Jutta Gauda am Mikrofon.jk


Iserlohner Kreisanzeiger, 27.06.2022

Laute und leise Töne, Sonne und Regen

Das 30. Friedensfestival bot eine Mischung von Gegensätzen auf dem Fritz-Kühn-Platz

Von Jennifer Katz

Iserlohn Dass das Friedensfestival auch nach 30 Jahren nicht an Bedeutung und Beliebtheit verloren hat, ist am Wochenende deutlich geworden: Nach dem gemütlichen Auftakt am Freitag (wir berichteten) war der Fritz-Kühn-Platz am Samstag „gerammelt voll“.

Das hochsommerliche Wetter an Tag zwei war sicherlich mit ein Grund, warum ab dem Nachmittag die Besucherinnen und Besucher das Areal angesteuert hatten, aber auch aus der Corona-Pause resultiert die Lust, Musik zu hören, Menschen zu treffen, zu feiern.

„Ich bin zum ersten Mal beim Friedensfestival, weil ich einfach mal wieder was erleben will“, erklärte Hannah Schwartz (32) am Samstag. Sie sei nicht gezielt wegen einer bestimmten Band gekommen, sondern, „um endlich wieder unter Menschen zu sein“. Das „umsonst und draußen“-Konzept, die entspannte Atmosphäre und das ehrenamtliche Engagement habe sie überzeugt.

„Hier wird keiner doof angeguckt“

Die Mischung der Musik von poppig mit „Safe by Sound“ und rockig mit „Joker’s Kingdom“ am Freitag über irische Traditionssongs der „Kilkenny Bastards“ oder Reggae-Rhythmen von „Ras Flabba & the Reggaelation Band“ am Samstag bis hin zu Rio-Reiser-Songs des „Werkschors Auerweg“, sphärischen Klängen mit „Projekt FX3“ sowie Gesang, der Gänsehaut verursachte, von Isabel Jasse am Sonntag war ebenso abwechslungsreich wie die Struktur der Zuhörenden. Da steht der üppige tätowierte Mann im Schottenrock neben der eher bieder gekleideten Rentnerin, auf der Wiese liegt die Familie mit Hund neben der Gruppe Jugendlicher. „Hier wird keiner doof angeguckt, das mag ich so“, erzählte Ruth Meisner (68), die mit ihrem Mann Heinz nach eigenen Angaben zu den Stammgästen gehört. „Die Musik ist uns hier und da etwas zu anstrengend, aber uns geht es auch eher um die Botschaft des Festivals“, so die Seniorin.

Botschaften gab es am Wochenende eine Menge: Dr. Gottfried Abrath beispielsweise stellte am Samstag das Iserlohner Klimabündnis vor, teils mit scharfen Worten: „Wir müssen schaffen, was alle brauchen: eine Erde, die bewohnbar bleibt. Es ist Krieg: Soldaten gegen Menschen – aber auch Mensch gegen die Natur.“ Bereits am Freitag zu später Stunde hatte die aus Afghanistan geflüchtete Masuna Heipari unter Tränen an die immer mehr in Vergessenheit geratene Situation in ihrer Heimat erinnert, aber auch ihrem Frust Ausdruck verliehen. „Wir sind enttäuscht von der Welt, von Europa und von Deutschland. Wo ist die Gleichheit der Menschen?“ Sie freue sich über die Solidarität mit der Ukraine, die sie aber für alle einfordert.

Wie sich die Zukunft des Iserlohner Friedensfestivals darstellen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Im Gespräch mit der Heimatzeitung kündigte der „Motor“ und „Macher“ Detlev Paul mit Blick auf seine 65 Jahre und die damit verbundenen „Gebrechen“ an, was er zum Abschluss der 30. Auflage auch auf der Bühne sagen wollte: „Ich werde künftig gern hier und da noch mithelfen, aber nicht mehr in der bisherigen Form. Das müssen andere übernehmen.“

Dank an Ehrenamtliche und die Kinderlobby

In unsere Berichterstattung am Samstag hatte sich durch ein Missverständnis leider ein Fehler eingeschlichen: Landtagsabgeordneter und Vize-Bürgermeister Thorsten Schick stand nicht als Helfer im Getränkewagen, sondern war als Besucher dabei. Cola, Bier und Wasser wurden dagegen auch von zahlreichen Mitgliedern der Linken-Fraktion und „Bürger helfen Bürgern“ ausgeschenkt. Auch SPD, Grüne und CDU waren vertreten. Ein großer Dank der Festival-Organisatoren galt auch der Kinderlobby, die eine große Finanzspritze für das „Kinderland“ im Rahmen der Veranstaltung beigesteuert hatte. So konnten die Jüngsten nach Herzenslust toben, spielen und sich von einem Zauberer in seinen Bann ziehen lassen.

Eine Fotostrecke finden Sie unter www.ikz-online.de./iserlohn

Musik, Begegnung, Inhalte – all das gab es drei Tage lang im Herzen Iserlohns. Familie Lindner mit ihrem Hund Sasha hatte es sich am Samstag auf der Wiese gemütlich gemacht.
Perfektes Wetter, bestens gelaunte Besucherinnen und Besucher: Am Samstag glich der Fritz-Kühn-Platz einem Ameisenhaufen. Isabel Jasse beeindruckte mit ihrer Stimme.
Hatten eine Menge zu sagen: Friedensfestival-„Chef“ Detlev Paul und die sichtlich bewegte Masuna Heipari.
Ein Heimspiel gab es am Samstag für die „Kilkenny Bastards“ beim Friedensfestival.

Für ordentlich Rumms haben am Freitagabend Joker’s Kingdom beim Friedensfestival auf dem Fritz-Kühn-Platz gesorgt. Foto: Christian Penn
Yana Shalnova bedankte sich bei „diesem Land für die beispiellose Hilfe“. Foto: Christian Penn
Iserlohner Kreisanzeiger, 25.06.2022

Zwischen Trauer und ausgelassener Party

Der Auftakt des Friedensfestivals am Freitagabend geriet zu einem Wechselbad der Gefühle

Von Jennifer Katz

Besser hätte der Auftakt des 30. Friedensfestivals nicht laufen können: Bis auf einen Regenschauer war eitel Sonnenschein auf dem Fritz-Kühn-Platz angesagt. Getränke- und Imbissstände, Bühne, Technik, Biertischgarnituren und Gäste haben am Freitagabend dort pünktlich zum Start gestanden.

Das sei früher nicht immer so gewesen, erklärte Detlev Paul vom Friedensplenum bei der Eröffnungsrede mit einem Strahlen. Und er betonte: „Ich bin überglücklich, dass wir dieses Jahr feiern können.“ Ebenso erfreut zeigte er sich über die „neue, kuriose Helferstruktur“: Bundestags- und Landtagsabgeordnete wie Paul Ziemiak und Thorsten Schick, Ratsmitglieder von Grünen und SPD sowie Integrationsratsmitglieder besetzen diesmal die Getränkewagen.

„Es sind Scheißzeiten für den Frieden“, erklärte Paul mit Blick auf den Ukraine-Krieg. Er appellierte an die Besucherinnen und Besucher, Energie zu sparen: „Jede Kilowattstunde, die wir Putin nicht zahlen müssen, ist eine gewonnene.“

Unerschütterlicher Glaube an die Rückkehr des Friedens

Vor fast vier Monaten aus der Ukraine geflohen war Yana Shalnova mit ihren 11- und 16-jährigen Söhnen. Sie hatte nach Detlev Paul das Wort auf der Bühne. „Das Friedensfestival in dieser Stadt stellt eine Oase in einer chaotischen Welt dar. Es ist ein Sinnbild für das Machbare in unserer Welt“, so die studierte Juristin. Sie erinnerte daran, dass mindestens 324 Kinder bisher getötet worden seien. „Ich glaube unerschütterlich daran, dass eines Tages der Frieden in mein Land zurückkehren wird, wieder Gerechtigkeit herrschen wird, wir wieder in Frieden und Harmonie leben und den Hass aus unseren Herzen vertreiben können.“ Die deutsche Übersetzung ihrer englischen Rede trug Christian Finke, 2. Vorsitzender von „Bürger helfen Bürgern“ vor.

„Slawa Ukrajini“ erklang dann auch zum Abschluss des Auftritts von „Pils und Kippe“, die als zweite Band des Abends mit ihren Songs für beste Stimmung auf dem Platz gesorgt hatten. Nach der Solidaritäts-Erklärung an die Ukraine gab es später noch einen äußerst traurigen Moment: Zu Beginn des Friedensfestivals waren noch Plakate, die bei der Suche nach der vermissten Letmatherin helfen sollten, verteilt worden. Als bekannt geworden war, dass die 17-Jährige ermordet wurde, trat Detlev Paul noch einmal auf die Bühne und bat um eine Schweigeminute.

Eröffnet hatten den Abend „Safe by Sound“ mit ihren rockig-poppigen Coversongs. Ebenso, wie sich die Zahl der Zuhörenden an diesem Abend steigerte, verhielt es sich auch mit der Lautstärke und „Härte“ der Bands. Für richtig Rumms sorgten Joker’s Kingdom, bevor Skalinka Tag eins beendeten.

Am Samstag und Sonntag jeweils ab 15.30 Uhr geht es weiter.

Weiterer Bericht folgt.


Detlev Paul (li.) und Klaus Gith haben vor der Kranzniederlegung am Poth gesprochen. Foto: Jennifer Katz
Iserlohner Kreisanzeiger, 24.06.2022

Das Motto „Nie wieder Krieg“ bleibt

Bei der Mahnveranstaltung für die NS-Opfer ging es hauptsächlich um den russischen Angriff auf die Ukraine

Iserlohn „Wozu sind Kriege da?“ sangen Alla Pugatschowa und Udo Lindenberg 1985 in Moskau im Duett. Die russische Sängerin hat ihre Heimat laut Medienberichten im März verlassen, weil sie wegen ihrer Meinungsäußerungen eine Inhaftierung befürchten muss, und lebt nun in Israel. Das Lied ist aktueller als je zuvor – Anlass genug für die Verantwortlichen des Friedensplenums, es am Vorabend des Festivals zum Auftakt der Mahnveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus abzuspielen.

Detlev Paul hatte für seine Ansprache am Poth ein altes Plakat mitgebracht. „Als der Krieg gegen den Terror erklärt worden ist, da haben wir gesagt: ,Krieg ist der Terror.’ Man kann auch die schlimmsten Terrorangriffe nicht mit Krieg bekämpfen. Der Krieg terrorisiert die Menschen. Er verursacht Leiden, Tod, Verstümmelung – leider gibt es viel zu viel davon.“

Paul erinnerte an weitere Kriege: Afghanistan, Jemen, Syrien. Die Strategie, zu „bombardieren, bis die Menschen weg sind“, sei nun auch im Krieg gegen die Ukraine zu beobachten. „Unser Motto bleibt: Nie wieder Krieg! Auch wenn es gerade schwer fällt“, so Paul. Er bedauere, dass „unser Arm zu kurz ist“. Und auch in der UNO sei dies so: „Wenn die Hälfte der Weltbevölkerung diesen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht verurteilt, ist das ein furchtbares Zeichen für die Weltgemeinschaft.“

„Nie wieder Faschismus“ war ein weiteres Stichwort, das Detlev Paul aufnahm. Zu NS-Zeiten habe es geheißen: „Da, wo Deutsche wohnen, muss deutsches Gebiet eingenommen werden.“ Und jetzt gebe es wieder eine solche Begründung: „Da wohnen Russen, das muss man sich holen, die muss man befreien.“ Paul betonte: „Das ist eine fatale Argumentation und völlig daneben.“

Es bleibe weiter nötig, Verhandlungen zu verlangen, das erste Ziel müsse jedoch heißen: „Die Waffen müssen schweigen. Im Moment sieht das leider überhaupt nicht so aus“, so Paul, der appellierte, einen persönlichen Beitrag zu leisten – ob durch Spenden, Energieeinsparungen oder durch Unterstützung von Geflüchteten. „Wir sollten uns den Traum bewahren, auch wenn er im Moment nur schwer zu leben ist.“ Passend dazu wurde Rio Reisers „Der Traum ist aus“ gespielt. jk


Iserlohner Kreisanzeiger, 01.06.2022

Die Friedensfest-Organisatoren freuen sich bei der Vorbereitungsparty, dass es dieses Jahr nach der Corona-Pause endlich wieder losgehen kann. Foto: Lea Henneboele

Vorbereitungen für das Friedensfest in vollem Gange

Organisatoren freuen sich nach zwei Jahren Corona-Pause auf Festivitäten vom 24. bis 26. Juni

Iserlohn Die Vorbereitungen für das Friedensfest laufen auf Hochtouren. Bei der Vorbereitungsparty der Organisatoren am Wochenende wurde das einmal mehr deutlich.

Geschäftiges Treiben in den Räumen von Kissing und Möllmann. Zahlreiche freiwillige Helfenden schwirren umher, tragen sich in Listen ein, begutachten die frisch gedruckte Friedensfest-Zeitschrift. Denn lange ist es nicht mehr hin, bis die Festivitäten nach zweijähriger Corona-Pause wieder losgehen. Und trotzdem gibt es bis dahin noch einiges zutun, wie Mitorganisator Detlev Paul verrät. „Ganz viele Sachen haben nicht so geklappt wie immer.“ Beispielsweise musste eine neue Biersorte verkostet werden, weil der ursprüngliche Lieferant nicht verfügbar war. Und die Reden stehen noch nicht komplett, da man noch nicht wisse, wer zum Beispiel von den ukrainischen Geflüchteten zum Zeitpunkt des Festivals noch vor Ort sei.

Trotzdem sind alle Beteiligten guter Dinge, freuen sich aber noch über weitere freiwillige Helfende für das Festival, das vom 24. bis 26. Juni stattfindet. Bisher gebe es auch noch keine Zugangsbeschränkungen für das Festival. Und die Organisatoren hoffen auf einen regen Besucherstrom und „gute Feierlaune“, wie Detlev Paul voller Vorfreude verkündete. lea


Iserlohner Kreisanzeiger, 28.05.2022

Vorbereitungsfete für das Friedensfest

Iserlohn Der Friedensfestivalverein lädt am morgigen Sonntag um 11 Uhr zur Vorbereitungsparty für das kommende Festival in die „Fabrik“ an der Oberen Mühle 28 ein. Der Zugang erfolgt über den Auerweg durch den Hinterhof. Bei diesem Mitbringbuffet mit Live-Musik von Baddy & Euro gibt es die Möglichkeit, die Aktiven vom Friedensfestival besser kennen zu lernen und sich in die Aufgabenlisten für das Festival, das vom 24. bis 26. Juni stattfinden soll, einzutragen. Für viele ehrenamtliche Arbeiten werden noch helfende Hände gesucht. Außerdem wird die neue Festivalzeitung präsentiert.


Alexander Platte, Alwine Witte, Detlev Paul und Michael Lux laden zum Friedensfest ein. Foto: Ralf Tiemann
Iserlohner Kreisanzeiger, 06.05.2022

Helfende Hände für das Festival gesucht

Das 30. Friedensfest ist in trockenen Tüchern, auch wenn Corona, Krieg und schwindende Kräfte noch Fragezeichen setzen

Iserlohn Eins muss Detlev Paul vorwegschicken: „Das diesjährige Friedenfestival ist ähnlich schwankend wie das allererste.“ Der Ukraine-Krieg, die zweijährige Corona-Pause, die den ausrichtenden Friedensfest-Verein doch spürbar aus dem Takt und aus der Übung gebracht habe, und die anhaltend hohen Infektionszahlen („Keiner weiß, wer noch Corona kriegt und am Festivalwochenende ausfällt.“) sorgten doch noch für einige Fragezeichen. „Und wir sind ja auch wieder zwei Jahre älter geworden“, sagt Paul mit Blick auf schwindende Kräfte und zurückgehende Mitglieder- und Helferzahlen. Die grundsätzliche gute Nachricht steht aber: Vom 24. bis 26. Juni steigt erstmals seit 2019 wieder ein Friedensfestival auf dem Platz der Kulturen an der Bauernkirche – wie immer drei Tage volle Live-Musik, bunter Lebensart, internationalen Spezialitäten und politisch-friedensbewegter Arbeit umsonst und draußen.

Musikprogramm so regional wie nie zuvor

Das Musikprogramm steht ebenfalls weitgehend, nur eine Position ist noch offen. Von den 13 bisher gebuchten Bands kommen ganze elf aus Iserlohn und der näheren Umgebung. Lediglich die Bands „Skalinka“ (Top-Act am Freitagabend) aus Oldenburg und „Tribal M“ (Sonntagabend) aus Wuppertal reisen von weiter her an. So regional war das Festival wohl noch nie, was aber die Vielfalt der Stile und die Qualität keineswegs einschränkt. Mit dabei sind „Safe by Sound“, „Pils & Kippe“, „Joker’s Kingdom“, „Donga Livin Rhyth,”, „Bat’ O Pé”, „Kilkenny Bastards”, „Red Rooster”, der „Werkschor Auerweg“, Isabell Jasse and Friends, „Pax“ und „Projekt FX3“.

Der Erlös des Friedensfestes fließt wie immer in die Flüchtlingshilfe – ganz gleich ob die Geflüchteten aus der Ukraine, aus Syrien oder aus Russland kommen, wie Detlev Paul klarstellt. Einen Erlös gibt es beim Festival aber jedes Mal nur, weil alle Bands ohne Gage auftreten und die komplette Arbeit ehrenamtlich erledigt wird. Und genau da liegt eines der Probleme. „Wir werden eher weniger als mehr“, sagt Alexander Platte. Der Verein kommt zusehends in die Jahre, auch Todesfälle gebe es bereits zu beklagen. So sei unlängst Jannis Triantaphylliedis gestorben, der als „Mr. Bratwurst“ jedes Jahr alle drei Tage hinter dem Grill stand. Kurzum: Der Festival-Verein braucht dringend Unterstützung. Ob am Bierwagen, beim Aufbau, beim Getränketransport an der Sackkarre oder im Kinderland am Schminkstand – „wir brauchen jede helfende Hand“, sagt Detlev Paul. „Jede Stunde Hilfe zählt.“ Wer das Festival unterstützen möchte, kann sich per Mail an info@friedensfestival.de melden oder direkt zur Helfer-Party am Sonntag, 28. Mai, ab 11 Uhr im neuen Veranstaltungsraum im Hinterhof der Fabrik Kissing & Möllmann kommen. Dort werden dann auch die druckfrischen Festival-Zeitungen verteilt.

Fragezeichen wirft auch der Krieg in der Ukraine auf, weil niemand wisse, wie die Situation in sieben Wochen ist, ob der Krieg dann noch tobt oder ob die Waffen schweigen, und ob beispielsweise die aus der Ukraine geflüchtete Yana Shalnova, die als Übersetzerin im Verein „Bürger helfen Bürgern“ mithilft und als Rednerin angefragt wurde, dann überhaupt noch in Deutschland ist.

Gerne hätten die Organisatoren auch russische Stimmen aus Iserlohn als Redebeiträge auf der Bühne. Es sei aber schwierig, jemanden zu finden, der reden möchte und reden darf. Viele hätten noch Verwandtschaft in Russland und fürchten Repressalien.

„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“

Und ratlos macht der Krieg die Mitglieder des Friedensfestival-Vereins ohnehin: „Wir hätten niemals gedacht, dass wir ein Friedensfestival feiern, wenn mitten in Europa Krieg ist“, sagt Detlef Paul. Das Festival ist angesichts dieser Situation sicherlich aktueller und nötiger denn je. Das Motto zitiert Che Guevara: „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker – Krieg ist Terror.“


Iserlohner Kreisanzeiger, 05.05.2022

Berichterstattung nicht einseitig

Bei dem Begegnungsfest auf der Alexanderhöhe hat auch das FriedensPlenum und der Friedensfestivalverein mit einem Angebot von heimischer Bratwurst mit heimischem Senf einen Beitrag zum Gelingen dieses tollen Festes geleistet. Die Stimmung war bei diesem Fest bewusst einseitig für die Menschen, die wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine ihr Land verlassen mussten und zu uns gekommen sind.

Wenn Menschen aus Russland zu uns kommen würden, weil sie zum Beispiel diesen Krieg einen Krieg nennen oder junge Männer nicht in diesen Krieg zu ziehen gezwungen werden wollen, dann würden auch diese Menschen bei uns freundliche Aufnahme finden.

Ich hatte die Hoffnung, dass in Iserlohn keine feindselige Stimmung gegen russischsprachige Menschen aufkommt. Um so mehr bedaure ich es, dass eine Gruppe von Menschen, die Russland sehr lieben, die Notwendigkeit für sich gesehen hat, einen Autokorso durchzuführen.

Ich war davon ausgegangen, dass unter anderem deshalb, weil die Gemeinschaft der Deutschen aus Russland so tatkräftig die Flüchtlinge aus der Ukraine in Iserlohn unterstützt hat, ein freundliches Klima zwischen russischsprachigen, ukrainischsprachigen Menschen und der sonstigen Wohnbevölkerung vorherrscht.

Aus meiner Erfahrung als Lehrer in der Gesamtschule kann ich bestätigen, dass in den Schulen viel Verständigungsarbeit geleistet wird. Bei der Kundgebung am 26. April und bei der Rede zum Ostermarsch habe ich betont, dass wir bei aller Empathie für die Menschen, die in der Ukraine leiden, nicht gegen die Menschen, die russisch sprechen, Vorbehalte entwickeln sollten.

Ich habe dazu noch beim Ostermarsch erklärt, dass die Sanktionen nicht das Ziel der völligen ökonomischen Vernichtung der russischen Volkswirtschaft verfolgen dürfen, weil dies dann auch den armen Teil der russischen Bevölkerung treffen würde.

Wir von der Friedensbewegung haben das Lied „Nicht schießen“ von Zemfira auf russisch, „Wozu sind Kriege da?“ von Udo Lindenberg und Anna Pugatschowa auf deutsch und russisch und das Lied von Sting „The Russians love their children too“ beim Ostermarsch präsentiert. Umso trauriger stimmt es mich, dass Peter Neufeld ansteigende Diskriminierungen russischstämmiger Mitbürger feststellt. Dem sollten wir alle gemeinsam entgegenwirken. Nicht jeder Mensch, der russisch spricht, ist für den Krieg.

Bei allem Bemühen um Verständigung muss ich Herrn Neufeld in dem Vorwurf der Einseitigkeit widersprechen. Die Berichterstattung über diesen Krieg kann nicht ausgewogen erfolgen, denn die sogenannte militärische Spezial-Operation ist nicht ausgewogen sondern die russischen Truppen haben das Nachbarland Ukraine überfallen. Dies ist besonders kritikwürdig, weil Russland der Ukraine versprochen hat, es niemals zu überfallen, weil 1994 bis 1996 die Ukraine all ihre Atomraketen an Russland abgegeben hat. Die Erklärung, dass die russische Armee den russischsprachigen Menschen hätte helfen müssen, können mich nicht überzeugen.

Mariupol mit etwa 45 Prozent russischsprachigen Menschen vor dem Krieg ist jetzt völlig zerstört und es hat keine Jubelparaden am Straßenrand für die russischen Truppen gegeben. Da gibt es keine heilen russischen Wohngebiete. Rund um Kiew gab es fast keine russischsprachigen Menschen, denen russische Truppen hätten zur Hilfe eilen können.

Könnte es bei dem Vorstoß nicht eher um den Versuch der Absetzung der ukrainischen Regierung gegangen sein?

Bei allem Verständnis für die Vaterlandsliebe von Menschen mit russischen Wurzeln sollten solche Argumente zumindest gewürdigt werden.

Detlev Paul , Iserlohn


 
Vor allem die vielen Kinder der ukrainischen Flüchtlingsfamilien kamen auf der Alexanderhöhe auf ihre Kosten: Das Spiel- und Kreativangebot war riesengroß. 
 
Das Video-Team von der „Multikulturellen Kinderwelt“ hat auf dem Festplatz unermüdlich Interviews geführt.
 
Ein großes Talent aus der Ukraine: Sofia Semenowa, erst seit sechs Wochen in Iserlohn, sang auf der Bühne. Fotos: Dennis Echtermann 
Iserlohner Kreisanzeiger, 02.05.2022

Ein Stück Heimat in der Fremde finden

Tolle Stimmung und viele Besucher: Das Willkommensfest der Stadt für die Kriegsflüchtlinge war ein voller Erfolg

Von Ralf Tiemann

Iserlohn Der Wunsch, dass sich vor allem die geflüchteten Menschen aus der Ukraine finden und kennenlernen, und dass sie feste Kontakte untereinander knüpfen, ist am Samstagnachmittag definitiv in Erfüllung gegangen. Es werden wohl an die 1000 Menschen gewesen sein, die den Weg zum Willkommensfest auf der Alexanderhöhe gefunden haben – darunter sehr viele Ukrainer, die aus ihrer zerstörten Heimat in Iserlohn angekommen sind. Rund 700 Kriegsflüchtlinge haben in den wenigen Wochen nach dem Kriegsausbruch bereits ein neues Zuhause in Iserlohn gefunden, ein Ende ist nicht abzusehen. Der Iserlohner Weg, auf Sammelunterkünfte zu verzichten und diesen Menschen möglichst schnell ein Höchstmaß an Ruhe in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen, entspricht sicherlich den Bedürfnissen der Flüchtlinge. Einer schnellen Vernetzung stehe die Unterbringung in den eigenen Wohnungen aber im Wege, sagt Bürgermeister Michael Joithe im Gespräch mit unserer Zeitung. Genau da liege die Grundidee dieses Festes: Die Ukrainer sollen die Möglichkeit bekommen, eine Community zu bilden und somit ein Stück Heimat in der Fremde zu finden.

Mit dem Ergebnis war nicht nur Joithe hoch zufrieden. Bei strahlendem Sonnenschein, einem riesigen Angebot an Spielmöglichkeiten für die Kinder, Musikprogramm auf der Bühne und vor allem einem großen Platz mit Tischen und Bänken für die Begegnungen gab es im Grunde nur lachende und fröhliche Gesichter auf der Höhe – vor allem auch von Burcu Öcaldi, Leiterin des Bereichs Soziales, und Ehrenamtskoordinator Hinrich Riemann, die das Fest für die Stadt organisiert haben und sich nun über die schöne, friedliche und familiäre Atmosphäre auf dem Festplatz freuten, wo die Besucher gut von der Bühne unterhalten wurden. Musik kam von dem Chor „Rise Up“, den „Gunternauten“, dem jungen ukrainischen Talent Sofia Semenowa, dem Flötentrio der Musikschule und einem Kinderchor der „Multikulturellen Kinderwelt“, die auch mit ihrem Film- und Video-Team angerückt war und für die Stadt das Fest filmte und Interviews mit Besuchern und Prominenten führte. Interviews gab es auch auf der Bühne, wo die ukrainische Moderatorin Julia Eichhofer, die aus Berlin nach Iserlohn gekommen war und zweisprachig durch das Programm führte, unter anderem die Bundestagsabgeordneten Paul Ziemiak und Bettina Lugk begrüßte.

Die Stimmung war einfach blendend, was auch an den vielen Kindern und dem fast kirmesartigen Ausmaß an Spiel- und Kreativangeboten lag. Die ganze Schotterfläche, auf der früher einmal die Parkhalle stand, war mit Zelten gefüllt, mittendrin stand sogar ein Karussell. Ein Novum und eine wohl einmalige Besonderheit war auch, dass es alle Getränke und Speisen – darunter auch ukrainische Spezialitäten – umsonst gab. Statt zu bezahlen, konnte jeder spenden, was er wollte.

Enorme Unterstützung aus der Stadtgesellschaft

„Friede für die Ukraine – Solidarität für geflüchtete Menschen“ lautete das Motto, und die Solidarität ist in Iserlohn ungebrochen hoch. Finanziert wurde das Fest größtenteils aus der Iserlohner Wirtschaft, allen voran der Firma Medice, deren Geschäftsführerin Dr. Katja Pütter-Ammer auch den Anstoß für das Fest gegeben hatte. Unterstützend waren natürlich auch die Iserlohner Hilfsorganisationen „Bürger helfen Bürgern“, „LebensWert“ und „Von Menschen für Menschen“ sowie der Pastoralverbund Iserlohn und die Ortsvereine Hennen, Rheinen, Rheinermark und Drüpplingsen vor Ort. „Ich bin stolz auf unsere Stadt und die vielen ehrenamtlichen Helfer und Organisationen“, sagt Bürgermeister Joithe in seiner Begrüßung. „Ehrenamt ist das lebendige Zeichen einer gut funktionierenden Stadtgesellschaft“. Zu dieser Stadtgesellschaft gehören nun auch die Geflüchteten aus der Ukraine, die Joithe ausdrücklich einlud, das Fest zu nutzen, um Kontakte zu knüpfen und die Angebote und Einrichtungen der Stadt kennenzulernen.


Mit Banner und Fahnen ging der Marsch durch die Wermingser Straße zum Alten Rathaus.
Viele Friedensbewegte aus Iserlohn und Hemer haben sich am Samstag auf den Weg gemacht. Yana Shalnova war wohl die erste ukrainische Rednerin in Iserlohn.
Iserlohner Kreisanzeiger, 19.04.2022

Tränen aus Schmerz, Angst und Verzweiflung

Nach dem Ostermarsch von Hemer nach Iserlohn eröffnet Yana Shalnova die Kundgebung am Alten Rathaus

Ralf Tiemann

Iserlohn „Ich bin überzeugt, dass die Ukraine am Ende gewinnen wird“, rief Yana Shalnova. „Denn das Gute gewinnt immer über das Böse. Und dann werden wir Tränen des Sieges weinen“. Die 40-jährige Anwältin ist mit ihren beiden Söhnen aus der ukrainischen Großstadt Kriviy Rih geflohen. In Iserlohn angekommen unterstützt sie mit ihren guten Englisch-Kenntnissen ehrenamtlich den Verein „Bürger helfen Bürgern“.

Am Samstagmittag war sie es, die nach dem Ostermarsch gegen den Ukraine-Krieg als erstes auf dem Alten Rathausplatz sprechen durfte. Und dabei ging es zunächst nicht um die Tränen des Sieges, sondern um die vielen Tränen, die das ukrainische Volk seit dem 24. Februar bereits vergossen hat. Zunächst – am ersten Tag des Krieges – Tränen der Verwirrung, der Verzweiflung, der Angst und der Hilflosigkeit. Später dann Tränen des Schmerzes und des Hasses, die der Krieg mit sich bringt. Niemals habe sie sich vorstellen können, dass ein solcher Krieg über ihre Heimat hereinbrechen könne. Und nun seien die Ukrainer auf der Flucht. Sie hätten nicht nur ihr Zuhause verloren, sondern auch ihre Pläne, Träume, Familien, Freunde und alles – Tränen der Sehnsucht und des Mitleids. „Wir bitten die ganze Welt und beten um Hilfe, damit der Krieg und das Sterben in unserem Land beendet werden.“

„Slavia Ukraini“ schallte durch die Innenstadt
Mehr als 50 friedensbewegte Demonstranten hatten sich am Morgen auf Initiative des Iserlohner Friedensplenums und des Hemeraner Friedensbündnisses auf dem Hademareplatz in Hemer auf den Weg gemacht, um erstmals seit über 30 Jahren mit einem Ostermarsch gegen den Krieg zu demonstrieren. Natürlich hätte der Zuspruch noch größer sein können, viele hätten sich wohl auch mehr Mitstreiter gewünscht.

Der Besuch sei aber ähnlich hoch gewesen wie bei den Friedensdemos Anfang der 2000er Jahre gegen den Irakkrieg, sagte etwa Harry Hamann, Musiker aus Hemer, der bei allen Friedensdemonstrationen in Hemer und Iserlohn dabei ist und schon 1983 zusammen mit 600.000 Menschen im Bonner Hofgarten Willy Brandt und Hannes Wader gehört hatte. Selbst nach solchen Erfahrungen war er am Samstag hoch erfreut über den Erfolg der Aktion: Für eine solche dezentrale Veranstaltung mit längerem Marsch sei der Besuch sehr gut.

Durch den Duloh und über den Radweg der ehemaligen Bahntrasse führte der Marsch durch die Iserlohner Innenstadt bis zum Alten Rathaus, wo der Zug zunächst von dem Song „Slavia Ukraini“ der Hemeraner-Iserlohner Band „Pils & Kippe“ begrüßt wurde – der aktuelle Song, kurz vor Kriegsbeginn veröffentlicht und inzwischen ein echter Hit bei Veranstaltungen und Konzerten in der Region, schallte vom Band durch die Innenstadt.

Detlev Paul vom Friedensplenum wehrte sich dann bei seiner Begrüßung gegen die derzeitige Diskreditierung der Friedensbewegung als „5. Kolonne Putins“ und rief dazu auf, die Kriegsmaschinerie Russlands durch aktives Energiesparen auszutrocknen. Und er bezog klar Stellung gegen „russenfeindliche Reflexe in unserer Stadt“ – die dürfe es bei aller Empathie nicht geben. Und weiter: „Waffenlieferungen in Krisengebiete sind grundsätzlich abzulehnen. Ich kann aber nicht widersprechen, wenn aktuell Waffen in die Ukraine geliefert werden.“

Pfarrer Gottfried Abrath: „Krieg ist Schwachsinn“
Eindringlich wendete sich am Ende der Kundgebung Pfarrer Dr. Gottfried Abrath gegen die „Logik des Krieges“ und griff das Thema des Ostermarsches „We Still Have a Dream“ auf, indem er sagte, dass 100 Milliarden für die Aufrüstung und die Lieferung von Angriffswaffen für die Ukraine sein Traum nicht sei: „Lasst uns eine Gegenlogik entwickeln, eine Mission für den Frieden. Lasst euch nicht einwickeln in die Argumente, dass mehr Waffen uns retten.“ Abrath erinnerte an die vielen friedlichen Revolutionen, die einen anderen Weg weisen. „Mein Traum ist, dass es gelingen wird, auf friedlichem Weg und ohne Gewalt zusammenzuleben. Darum stehen wir hier. Krieg ist Schwachsinn“.

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Iserlohner Kreisanzeiger, 19.04.2022

Rund 80 Bürger beteiligten sich am Karsamstag am Ostermarsch des Friedensbündnisses und Friedensplenums von Hemer nach Iserlohn. Ralf Engel
Für ein friedvolles, tolerantes Miteinander

Nach 30 Jahren findet erstmals wieder ein Ostermarsch statt. Im Vergleich zu den 80ern fehlt die Jugend

Rund 80 Bürger beteiligten sich am Karsamstag am Ostermarsch des Friedensbündnisses und Friedensplenums von Hemer nach Iserlohn. <b>Ralf Engel</b>

Ralf Engel
Hemer/Iserlohn Die alte Tradition der Ostermärsche ist nach über 30 Jahren wiederbelebt worden: In den 80er Jahren gingen in Hemer an Ostern Jahr für Jahr bis zu 500 Bürger für Frieden und Abrüstung auf die Straße, zum Neustart am Karsamstag machten sich rund 80 auf den Friedensweg von Hemer nach Iserlohn, wo auf dem Alten Rathausplatz die Abschlusskundgebung stattfand.

Das Hemeraner Friedensbündnis und das Friedensplenum Iserlohn hatten in Anbetracht des Krieges in der Ukraine zu der Demonstration eingeladen. Mobilisierten die Ostermärsche in den 80ern durch den NATO-Doppelbeschluss und die Angst vor Atomwaffen vor allem junge Leute, fehlten diese am Samstag fast völlig. Viele Teilnehmer konnten sich noch gut an die Ostermärsche der 80er erinnern, waren damals als Jugendliche dabei. Am Wunsch nach Frieden hat sich über die Jahrzehnte nichts geändert. „Noch mehr Waffen sind nicht die Lösung“ oder „Genug, hört auf, legt die Waffen nieder“, stand auf Plakaten.

Friedensbotschaft von Mahatma Ghandi
Katja Schönenberg vom Friedensbündnis Hemer erinnerte zum Auftakt an die Friedensbotschaften von Martin Luther King und Mahatma Ghandi: „Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg.“ Die UN-Charta sollte Weltfrieden und internationale Sicherheit bewahren. Was dieses Papier heute noch wert sei, fragte die Hemeranerin nach dem Angriff auf die Ukraine.

Die Bedrohung durch Kriege und Waffen sei ein stetiger Begleiter für die Menschen auf dieser Welt. Die Grundhaltung der Gewaltfreiheit habe sich auch das Friedensbündnis Hemer zur Bedingung gemacht und setze sich für ein friedvolles, tolerantes Zusammenleben ein. „Der Krieg in der Ukraine muss sofort beendet werden, stoppt das Töten“, forderte Katja Schönenberg.

Sie ging aber auch auf den persönlichen Gewissenskonflikt der Gewaltlosigkeit in Anbetracht der Bilder aus der Ukraine ein. Es sei nachvollziehbar, dass sich die Menschen, ein Volk verteidigen wolle, um seine Freiheit zu erhalten. Dies sei auch ein Völkerrecht. Auf den Weg des Friedens führe dies aber nicht. „Was kostet uns der Frieden in Europa, wenn wir auf fossile Energien von Kriegstreibern verzichten würden“, fragte die Hemeranerin. „Vielleicht sollten wir zeigen, wie wertvoll uns der Frieden und die Menschenrechte, ja die Menschenwürde sind, und unsere Wohlstandspantoffeln ausziehen, Energie einsparen und ja, auch die Wirtschaftleistung reduzieren“, sagte sie.

Marsch über einen „Weg voller Tränen“
Alle Geflüchteten seien gleich, egal an welcher europäischen Außengrenze sie stünden. Einige Beispiele aus Lebensgeschichten von Geflüchteten wurden durch das Friedensbündnis vorgestellt. Die Opfer von Krieg und Terror einige die Sehnsucht nach Frieden.

Auch Bürgermeister Christian Schweitzer begleitete den Ostermarsch, der vom Hademareplatz über den Mühlenweg nach Iserlohn führte. Es war ein historisch bedeutsamer „Weg voller Tränen“, denn über 20.000 Leichen von überwiegend russischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag VIA sind im Zweiten Weltkrieg über diesen Weg zu den Massengräbern auf dem Duloh gekarrt worden. Auch diese Erinnerung an Leiden und Sterben begleitete die Ostermarschierer: „Wir haben den Traum nach Frieden und Versöhnung“

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