Pressespiegel 2024

Ayman Alaiz, Vorsitzender des Integrationsrates, sprach über den Krieg im Gaza-Streifen.
Der „FriedensChor Iserlohn“ feierte bei der Abschlusskundgebung des Ostermarsches seine Premiere. Jennifer Katz
Iserlohner Kreisanzeiger, 02.04.2024

Flammende Appelle gegen Gewalt und für Frieden

Bei der Abschlusskundgebung des Ostermarsches von Hemer nach Iserlohn forderten die Redner eine Abkehr von Gewalt und Waffen

Jennifer Katz
Iserlohn/Hemer Mit teils eindringlichen Worten haben die Redner bei der Abschlusskundgebung des Ostermarsches, der sich in Hemer in Bewegung gesetzt hatte, auf dem Alten Rathausplatz in Iserlohn die Aufarbeitung von Kriegsverbrechen sowie Asyl und Schutz für alle Menschen, die vor Kriegen oder anderen Menschenrechtsverletzungen fliehen, gefordert. Ebenso sollte ein Zeichen gegen Hass und Hetze, gegen Krieg und für Frieden gesetzt werden. Moderator Detlev Paul bedankte sich bei allen, die mitgelaufen waren, insbesondere bei Hemers Bürgermeister Christian Schweitzer, und bemerkte, dass Bürgermeister Michael Joithe sich im Urlaub befinde.

Christian Holtschmit vom „FriedensPlenum“ erklärte, die Anzahl der Toten durch bewaffnete Konflikte sei so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, gleichzeitig wachse die Gefahr des Einsatzes von Atomwaffen.

Sorge vor Erstarken der Autokratien
Die weltweiten Ausgaben für Waffen hätten einen nie dagewesenen Höchststand erreicht, im Gegensatz dazu fehle das Geld für dringende zivile Aufgaben. „Immer mehr Menschen leiden unter der Gewaltherrschaft von autokratischen, autoritären oder pseudodemokratischen Regimen wie Russland, China, Iran, Belarus, Syrien, Afghanistan, Myanmar und viele andere Staaten. Selbst in Demokratien wie USA und Polen zeigt sich, wie schwierig es sein kann, eine geordnete Machtübergabe nach Wahlen sicherzustellen“, so Holtschmit. In vielen demokratischen Ländern erhielten Parteien mit autokratischen und rassistischen Tendenzen erschreckend hohe Wahlergebnisse. Applaus bekam er für den Hinweis: „Dem stellen wir uns entgegen.“ Eine grundlegende Abkehr von Kriegslogik, Militarisierung und Verachtung der Demokratie werde benötigt. Deutschland und die anderen demokratischen Länder müssten friedens- und abwehrfähig, aber nicht kriegstüchtig werden. Die Länder Europas sollten Initiativen zur Friedenserlangung und -sicherung sowie zur gemeinsamen Bekämpfung der Auswirkungen des vom Menschen gemachten Klimawandels entwickeln. „Statt über europäische Atomwaffen nachzudenken, muss sich die Bundesregierung aktiv und konsequent für ein Verbot von Atomwaffen weltweit einsetzen.“

Zwischen den Redebeiträgen feierte der neu gegründete Iserlohner Friedenschor unter der Leitung von Astrid Barth seine Premiere. „We shall overcome“ von Joan Baez und Penny Stones „We will sing“ hatten sich die zwei Dutzend Frauen und Männer ausgesucht.

Paul Gerhard Zywitz trat als Redner für die Ökumenische Basisinitiative für Frieden ans Mikrofon. Er nahm ein Bild eines russischen Panzers, inmitten von ukrainischen Menschen, das er im Frühjahr vergangenen Jahres in der Zeitung gesehen hatte, als Beispiel. Man wisse zwar nicht, worüber Soldaten und Zivilisten gesprochen hätten, aber dadurch würde bestenfalls eine Fraternisierung entstehen. Und die müsse Diktatoren wie Putin ängstigen. Eine Untersuchung aus Großbritannien habe ergeben, dass ein gewaltfreier Umgang in Konflikten doppelt effektiv sei im Vergleich zu einer gewaltsamen Lösung. „Es ist ein Weg, der uns davor bewahrt, einen Kniefall vor Putin und anderen Diktatoren, vor der Rüstungsindustrie, deren Profite durch die Decke gehen, zu machen“, sagte Zywitz.

Iserlohns Integrationsrats-Vorsitzender Ayman Alaiz, bewusst flankiert von Holtschmit und Paul mit einer „Schalom Salam“-Flagge, legte den Schwerpunkt seiner Ansprache, die er auf mehreren Seiten vorbereitet hatte, auf den Konflikt zwischen Palästina und Israel. Er betonte, dass oft die Zahlen der Getöteten und der Geiseln genannt würden, aber die Schicksale dahinter vergessen würden. Die Situation der Zivilbevölkerung sei kaum in Worte zu fassen. „Nicht Tag für Tag, Stunde für Stunde, sondern jeden Augenblick ist die Menschheit Zeuge davon, wie Unschuldige getötet werden“, so Alaiz. Der einzige Wunsch dort sei es, zu überleben. Kinder würden sich teils sogar wünschen, zu sterben, um den Gräueltaten zu entgehen. Hilfslieferungen in den Gaza-Streifen auf dem Landweg müssten von Israel unverzüglich zugelassen werden. „Internationales Recht muss gegenüber allen Menschen, die dagegen verstoßen, durchgesetzt werden“, unterstrich er. Insbesondere Deutschland trage eine besondere Verantwortung für das jüdische Leben: „Antisemitismus darf keinen Platz finden.“

Erinnerung an „NATO-Krieg gegen Jugoslawien“
Detlev Paul gedachte an „25 Jahre NATO-Krieg gegen Jugoslawien“, die Einsätze seien der erste NATO-Kampfeinsatz außerhalb des Bündnisfalls und der erste Kampfeinsatz deutscher Soldaten nach 1945 gewesen. „Dieser Krieg war eine Zäsur, die bis heute Auswirkungen hat. Die russische Regierung versucht die militärische Unterstützung der Russisch sprechenden Menschen im Osten der Ukraine und den aktuellen Angriffskrieg damit zu legitimieren, dass sie eine unterdrückte Minderheit verteidigen müsse“, so Paul. Der Konflikt im Kosovo sei immer noch nicht gelöst. „Aus diesem Krieg müssen wir alle etwas lernen: Der Schutz von Minderheiten darf nicht als Vorwand für Krieg benutzt werden.“


Über 50 Bürger zogen beim Ostermarsch mit Plakaten und bunten Fahnen vom Hademareplatz zum Alten Rathausplatz nach Iserlohn. Ralf Engel
Iserlohner Kreisanzeiger, 02.04.2024

Ostermarsch gegen Gewalt, für Frieden und Vielfalt

Demonstranten gedachten auf dem Versöhnungsweg im Duloh auch der Opfer des Stalag VI A

Ralf Engel

Hemer Volle Parkplätze, Andrang auf dem Wochenmarkt, lange Schlangen an den Kassen: Geschäftiges Treiben herrschte am Samstagvormittag in der Innenstadt. In Anbetracht der gestressten Ostereinkäufer und vieler Urlauber war die Sorge des Friedensbündnisses groß, dass der Ostermarsch im Einkaufstrubel völlig untergeht. Doch über 50 Bürger nahmen sich die Zeit, um für Frieden und Vielfalt auf die Straße zu gehen. Die Jugend konnte mit der Demonstration allerdings nicht erreicht werden.

Die Auftaktkundgebung fand in diesem Jahr auf dem Hademareplatz statt, wo Sandra Serk die Teilnehmer im Namen des Friedensbündnisses begrüßte. Bürgermeister Christian Schweitzer hielt die Eröffnungsrede und stellte die schwierige Frage, wie Frieden erreicht werden kann – mit oder ohne Waffen? In mehr als 30 Ländern herrsche Krieg, und in Kriegsgebieten könnten alle Menschen nur verlieren. Die christliche Botschaft des Friedens und der Vergebung sei die Wiederauferstehung. Die Muslime feiern aktuell den Ramadan als Fest des Friedens. Der Bürgermeister appellierte an die Bürger, mehr zu betonen, was die Menschen verbinde, statt, was sie trenne. „Vielfalt ist nur dann positiv, wenn man einen gemeinsamen Nenner hat“, betonte Schweitzer und verwies auf das Grundgesetz und die Menschenrechte der UN als Basis. Der Wunsch nach Frieden und Verteidigung der Grundwerte verbinde.

20.000 tote Kriegsgefangene
An den besonderen Weg des Ostermarsches von Hemer nach Iserlohn erinnerte Katja Schönenberg für das Friedensbündnis. Auf der gleichen Strecke über die Steinert und den Mühlenweg sind von 1943 bis 1945 die Leichen aus dem Stalag VIA auf offenen Karren durch die Stadt gefahren worden. 19.979 tote Kriegsgefangene seien über den Weg transportiert worden. „Wir sind in Gedanken bei den Menschen, die durch Krieg dieses Dunkel erleben mussten und wollen die Hoffnung des Friedens und der Versöhnung hochhalten“, so Katja Schönenberg. Am Versöhnungsweg hielt der Ostermarsch inne, bevor es weiter zur Abschlusskundgebung nach Iserlohn ging.


Zur Kundgebung „Iserlohn für Demokratie und Vielfalt“ waren bis zu 300 Menschen auf den Alten Rathausplatz gekommen. CDU-MdB Paul Ziemiak präsentierte auf der Bühne eine Skulptur, auch SPD-MdB Bettina Lugk gehörte zu den Rednern. „Safe by Sound“ sorgte für musikalische Zwischentöne. Dennis Echtermann
Iserlohner Kreisanzeiger, 18.03.2024

Ein starkes Zeichen für Demokratie

Auf dem Alten Rathausplatz haben am Samstag bis zu 300 Menschen demonstriert

Stefan Drees

Iserlohn „Iserlohn bekennt sich zu Demokratie und Vielfalt“: Es war ein inhaltlich starkes Zeichen, das am Samstag zwischen 11 und 12 Uhr bei einer Kundgebung gesetzt wurde, zu der mit Unterstützung der Stadt Iserlohn die Ratsfraktionen von CDU, SPD, „DieIserlohner“, Bündnis90/Die Grünen, Die Linke/BSW, FDP und die Unabhängige Ratsfraktion Iserlohn eingeladen hatten, zu verstehen als gemeinsamer Aufruf zum Engagement gegen Diskriminierung und Gewalt. Groß war die Resonanz, wenn auch nicht überwältigend. Die Polizei sprach von 200 bis 250 Teilnehmern, zwischenzeitlich mögen es auch um die 300 gewesen sein. Der Hinweis von Moderator Hanno Grundmann, man möge doch die Eingänge zu den Geschäften frei halten, war da wohl eher präventiver Natur.

„Wir setzen uns in Iserlohn für Demokratie ein, wir lieben, leben und verteidigen sie“, sagte Bürgermeister Michael Joithe, der als erster von sieben Rednern die Bühne in Gestalt der Ladefläche eines Winner-Lkw betrat. Hinter ihm standen Vertreter der einladenden Ratsfraktionen. Joithe: „Egal, wie unterschiedlich ihre politischen Positionen auch sein mögen“, man stehe gemeinsam auf dem Boden des Grundgesetzes. Was das anbelangt, „passt kein Blatt Papier zwischen sie“. Der Bürgermeister weiter: „Das Grundgesetz ist das beste, was wir haben.“ Es garantiere die Würde des Menschen. Joithe rief dazu auf, es gegenüber denjenigen, die es infrage stellen, zu verteidigen.

Eine breite Front an Unterstützern
Umfragen zu den bevorstehenden Wahlen würden ihm teilweise Sorgen bereiten, letztlich zeigten diese aber auch, dass 80 Prozent der Menschen für die Demokratie stehen würden. „Gehen Sie zur Wahl, zeigen Sie, dass wir mehr sind“, appellierte Joithe. Und der Bürgermeister betonte, dass auf dem Alten Rathausplatz nicht nur die Politik spreche, sondern die Stadtgesellschaft. Denn es hatte sich im Vorfeld der Kundgebung noch eine breite Front aus Unterstützern zusammengefunden, darunter Verbände, Kirchen, die Werbegemeinschaften der Stadt, Vereine und auch das Friedensplenum, das ja bereits im Januar zu einer Kundgebung auf dem Alten Rathausplatz eingeladen hatte. Auch aus den Reihen der Vereine kamen Rednerinnen und Redner, so zum Beispiel Stephanie Hennecke, Vorsitzende des ISSV. Die tausenden Besucher des Freibades Schleddenhof würden Vielfalt widerspiegeln. Nur mit Toleranz und Demokratie sei es möglich, einen so großen Verein zu führen. „Nein zu Ausgrenzung und Extremismus“, rief Hennecke der Menge zu.

Zuvor hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak von einem „tollen Bild“ gesprochen, „welches wir hier gemeinsam zeigen“. Gemeinsam, hier hob Ziemiak hervor, dass der IBSV und das Friedensplenum gemeinsam auf dieser Kundgebung vertreten seien. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“: Diesen Artikel des Grundgesetzes stellte Ziemiak in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen. Zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Thorsten Schick würde er immer wieder erörtern, wie man diesen Grundsatz auch jungen Menschen vermitteln könne. Ziemiak verwendet dazu gerne eine der Königsskulpturen des Künstlers Ralf Knoblauch, die er mit auf die Bühne gebracht hatte. Die Skulptur, die in Ausstellungen eben für jenen Grundgesetz-Artikel gestanden habe, zeige einen normalen Menschen, der König ist.

Paul Nowak von der Werbegemeinschaft Letmathe sagte, dass er seine beiden Lebensmittelmärkte nur führen könne, weil ihn dabei Menschen aus acht Nationen unterstützen würden. Ein Sizilianer hinter der Fleischtheke, eine junge Afghanin, die er zur Verkäuferin ausgebildet habe. Nowak betonte, dass „wir alle für das Funktionieren unserer Demokratie verantwortlich sind“. Die bevorstehende Fußball-EM solle Iserlohn dazu nutzen, sich weltoffen zu zeigen.

Gesehen, wie es ist, wenn Demokratie abgeschafft wird
Yannis Schuster sprach als Schülersprecher des Gymnasiums Letmathe stellvertretend für die Iserlohner Schülerschaft. Als ihn die Anfrage für eine Rede erreicht habe, sei er gerade mit der Schule in Weimar gewesen. Mit Blick auf das dortige ehemalige KZ Buchenwald sagte er: „Da konnten wir sehen, wie es ist, wenn die Demokratie abgeschafft ist.“ Er sprach davon, dass aktuell ein Wandel in die antidemokratische Richtung zu beobachten sei. „Das müssen wir erkennen und dagegen handeln“, sagte Schuster, und: „Lasst uns gemeinsam für die Demokratie einstehen. Für Demokratie, Vielfalt und den Rechtsstaat.“

Gemeinsame Erklärung der Schulleiter
Von Hanno Grundmann wurde dann eine gemeinsame Erklärung der Iserlohner Schulleiter verlesen. Die Wertevermittlung „gehört zum Kerngeschäft unseres Handelns“, heißt es darin. Es müsse gegen jede Art von Extremismus und Ausgrenzung eingetreten werden.

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Lugk rief dem Platz „Wir sind mehr, wir sind die Anständigen“ zu. Lugk erinnerte an die „Stolpersteine“ in der Innenstadt, mit denen an Menschen erinnert werde, die unter uns gelebt hätten und dann deportiert worden seien. Was sie dann zu der denkwürdigen Zusammenkunft in Potsdam führte, welche ja der Auslöser für die vielen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus dieser Tage war. „Die wollen Menschen aussortieren!“, sagte die Abgeordnete.

Volker Halfmann vom IBSV beschloss die Redebeiträge. Der Verein sei seit mehr als 300 Jahren fester Bestandteil der Iserlohner Gemeinschaft. Ein starkes Zeichen für Demokratie zu setzen, liege dem IBSV am Herzen, die entsprechenden Werte würden täglich gelebt. Aufgabe sei es, die Menschen einander näherzubringen. „Im IBSV begrüßen wir alle Menschen. Offenheit und Akzeptanz bereichert unser Vereinsleben. Unsere Gemeinschaft steht für Respekt, Toleranz und Gleichberechtigung.“ Und augenzwinkernd: „Einen Österreicher haben wir so stark integriert, dass er heute unser Oberst ist.“

Nach der Kundgebung leerte sich der Alte Rathausplatz nicht sofort, Teilnehmerinnen und Teilnehmer führten noch angeregt Gespräche. Iserlohn hat ein Zeichen gesetzt, eines hinter dem sich alle Demokraten versammeln können.


Ein weißes Herz, bestehend aus Blättern, auf denen jeweils eine Friedenstaube zu sehen ist, zierte den Alten Rathausplatz.
Ukrainerinnen untermalten die Veranstaltung auch mehrfach mit Gesängen, die zum Innehalten anregten. Ayman Alaiz, Vorsitzender des Integrationsrates, bei seiner Rede.
Iserlohner Kreisanzeiger, 26.02.2024

Zeichen gegen Krieg in der Ukraine

Auf dem Alten Rathausplatz sprechen sich etwa 250 Menschen für Solidarität aus

Kevin Kretzler

Iserlohn Zwei Jahre hält der Angriffskrieg von Wladimir Putin auf die Ukraine schon an. Tod, Leid und Zerstörung sind seitdem ständige Begleiter des neu geschaffenen Alltags im Land. In Iserlohn setzten laut Polizei 250 Menschen am vergangenen Samstag auf Einladung des Friedensplenums sowie der Vereinten Ukrainer und angemeldet von Sylvia Olbrich auf dem Alten Rathausplatz in ein Zeichen für Solidarität und gegen Gewalt und Krieg.

Auch der anfängliche Regen hielt die Menschen nicht von dieser wichtigen Stunde ab. „Ich habe im Internet gelesen, dass wir heute den zweiten Jahrestag des Krieges feiern. Aber wir feiern hier nichts, wir gedenken. 70 Jahre lang konnten wir uns keinen Krieg mehr auf dem europäischen Kontinent vorstellen. Es ist erschütternd, was manche Leute sagen“, brach es aus Bürgermeister Michael Joithe in seiner Anfangsrede heraus. 1400 Geflüchtete aus der Ukraine konnten in Iserlohn Zuflucht finden, ohne, dass dafür Massenunterkünfte unter menschenunwürdigen Bedingungen in Sporthallen oder ähnlichem geschaffen werden mussten.

Dank für große Hilfsbereitschaft unter den Iserlohner Bürgern
Für die Hilfsbereitschaft unter den Iserlohner Bürgern, die dies ermöglicht haben, bedankte sich Joithe. „Dieser Krieg muss ein Ende finden, und zwar nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch. Wir müssen gemeinsam unsere Stimme erheben und dürfen weiteres Töten und Zerstören nicht zulassen.“ Auch Detlef Paul vom Friedensplenum machte in seiner Rede auf den Unsinn hinter des Krieges aufmerksam, den Putin führt, um die Ukraine zu entnazifizieren. „Bei den Wahlen gingen fünf Prozent der Stimmen an Rechtsradikale. Nach dieser Argumentation müsste Putin viel mehr gegen Deutschland vorgehen. Die Ukraine braucht Hilfe, um weiter als demokratisches Land existieren zu können.“

Wie stark müssen Sie alle sein, wenn Sie alle hier stehen und noch immer weitermachen unter diesen Umständen.
Ayman Alaiz, Vorsitzender des Integrationsrats

Während mehrere Stofftiere symbolisch ein Zeichen für die jüngsten Opfer des Krieges, die dringend Hilfe brauchen, setzten, zierte auch ein weißes Herz bestehend aus Blättern, auf denen jeweils eine Friedenstaube zu sehen war, den Alten Rathausplatz.

Eine Ukrainerin schilderte eindrücklich ihre Gedanken, denn sie ist eine von jenen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat flüchten mussten. „Wir haben friedlich gelebt, und an einem Morgen änderte sich plötzlich alles. Wir hatten keine Zeit, um nachzudenken. Du stellst fest, dass alles, was du brauchst, das Leben ist. Für uns blieb an diesem Tag die Zeit stehen. Wir hoffen, dass dieser Schrecken enden wird.“

Auch Ayman Alaiz, der Vorsitzende des Integrationsrats, hielt eine leidenschaftliche Rede und ging vor allem auf die Kinder ein, die die Zukunft der Welt sein sollen und stattdessen ihr Leben im Krieg verlieren oder verschleppt werden. „Wie stark müssen Sie alle sein, wenn Sie alle hier stehen und noch immer weitermachen unter diesen Umständen“, zollte er Respekt und sprach sich ebenfalls dafür aus, dass dieser und alle anderen Kriege ein Ende finden, damit Kinder in einer Welt leben können, die nicht von Angst und Zerstörung definiert wird.

An diesem Tag wurden auch Spenden für ein besonderes Projekt des Blau-Gelben Kreuzes, einer in Köln ansässigen Hilfsorganisation für die Ukraine, gesammelt: „Babyboxen“ wurden aufgestellt. Sie helfen Schwangeren und ihrem Säugling durch die ersten zwölf Wochen. Enthalten ist eine komplette Erstausstattung samt Nahrung für das Kind sowie Damen-Hygieneartikel.


Iserlohner Kreisanzeiger, 15.02.2024

Am 24. Februar, dem zweiten Jahrestag des russischen Angriffs, veranstalten das Friedensplenum und der Verein „Vereinte Ukrainer“ eine Kundgebung auf dem Alten Rathausplatz. Miriam Mandt-Böckelmann
In Charkiw knüpfen Kinder Tarnnetze für ukrainische Stellungen. Sie wollen damit den Soldaten ihre Solidarität zeigen. Privat
Krieg darf niemals Alltag sein

Geflüchtete aus der Ukraine und das Friedensplenum wollen am 24. Februar Zeichen setzen

Miriam Mandt-Böckelmann

Iserlohn „Wie kann es sein, dass der Krieg in meiner Heimat für viele Deutsche Alltag geworden ist?“, fragt Oxana Penner und gibt sich selbst die Antwort: „Die Eskalation im Nahen Osten hat den Krieg in der Ukraine in den Hintergrund gerückt.“ In wenigen Tagen ist es zwei Jahre her, dass Russland das Nachbarland überfallen hat. Seitdem ist in Europa nichts mehr wie zuvor. „Krieg darf niemals Alltag werden“, sagt Penner, die sich zusammen mit vielen anderen Männern und Frauen für den Verein „Vereinte Ukrainer“ in Iserlohn engagiert.

Gemeinsam mit dem Iserlohner Friedensplenum und dem Blau-Gelben Kreuz, einer in Köln ansässigen Hilfsorganisation für die Ukraine, wollen die Geflüchteten am Samstag, 24. Februar, ab 11 Uhr auf dem Alten Rathausplatz ein Zeichen setzen: gegen Gewalt und Krieg, für Frieden und das Leben. Hunderte Stofftiere werden symbolisch ein Zeichen setzen für die jüngsten Opfer des Krieges, die dringend Hilfe brauchen. „Viele Kinder im ukrainischen Kriegsgebiet sind traumatisiert. In den letzten beiden Jahren haben sie so viel Schlechtes erlebt, niemand weiß, wie sich diese Erfahrungen auf ihr weiteres Leben auswirken werden“, sagt Sylvia Olbrich vom Friedensplenum.

Krieg sei der neue Normal-Zustand, meint auch Iana Golovach, die vor zwei Jahren mit ihren Kindern aus Charkiw geflohen ist. Ihre Schwester suchte mit ihren Kindern (8 und 16 Jahre) ebenfalls Schutz in der Waldstadt, inzwischen ist sie ins Kriegsgebiet zurückgekehrt. „Es war wie bei vielen Frauen: Sie vermissen die Familie, das Haus, die Freunde“, sagt Iana Golovach. Jetzt sind die Kinder ständig in Gefahr. Sie hören Geschichten von Zwangsadoptionen und sehen das Leid mit eigenen Augen.

Ihr Mittel gegen die Angst: „Aus Stofffetzen knüpfen die Kinder Tarnnetze für die ukrainischen Stellungen. Andere gießen Kerzen, damit die Soldaten in den Schützengräben wenigstens etwas Licht haben“, erzählt Golovach. So wollten sie ihrer eigenen Machtlosigkeit entkommen. Kriegsgerät aus Kinderhänden – eine traurige europäische Realität.

Viele Kinder funktionieren lediglich: Von außen betrachtet sieht es so aus, als hätten sie die oftmals gefährliche Flucht nach Deutschland gut verkraftet, aber in ihrem Inneren sieht es oft
ganz anders aus.
Oxana Penner, Verein „Vereinte Ukrainer“

Aber auch Kinder, die in Iserlohn in Sicherheit gekommen sind, brauchen die Hilfe von Experten: „Viele Kinder funktionieren lediglich: Von außen betrachtet sieht es so aus, als hätten sie die oftmals gefährliche Flucht nach Deutschland gut verkraftet, aber in ihrem Inneren sieht es oft ganz anders aus“, weiß Oxana Penner. Auch darum wolle sich der Verein kümmern.

Auch eine Schweigeminute ist geplant
Bei der Kundgebung am 24. Februar werden Bürgermeister Michael Joithe und Ayman Alaiz, der Vorsitzende des Integrationsrats, auf dem Alten Rathausplatz Grußworte sprechen. Geflüchtete werden von ihren Erfahrungen erzählen, es wird Musik und eine Schweigeminute geben.

Spenden werden für ein besonderes Projekt des Blau-Gelben Kreuzes gesammelt: Die sogenannten Babyboxen helfen jeweils einer Schwangeren und ihrem Säugling durch die ersten zwölf Wochen. Enthalten sind darin eine komplette Erstausstattung samt Nahrung für das Kind sowie Hygieneartikel für die Frau.

 


Rund 500 Menschen nahmen am Samstag auf dem Hademareplatz an der Demonstration „Hemer steht auf“ teil. Jana Haase
Iserlohner Kreisanzeiger, 12.02.2024

500 Bürger positionieren sich gegen Rechts

Bei der Demonstration „Hemer steht auf“ des Friedensbündnisses haben sich viele Gruppen versammelt

Hendrik Schulze Zumhülsen

Hemer Plakate, Flaggen und Transparente schwimmen auf einem Meer aus Menschen. „Braune Flaschen gehören ins Altglas“, ist auf einem bierförmigen Plakat zu erkennen. „Unsere Geschichte darf sich nicht wiederholen“, mahnt eine andere Aufschrift. Regenschirme der Gruppe „Omas gegen Rechts“ werden hochgehalten, die evangelische Gemeinde zeigt mit einem großen Transparent Präsenz, Regenbogen- und Europaflaggen wehen im Wind. Rund 500 Teilnehmer haben sich laut Polizei am Samstag auf dem Hademareplatz an der Demonstration „Hemer steht auf“ des Friedensbündnisses Hemer beteiligt. Ihre Ideen zum Kampf gegen Rechts haben einige Redner bei der Kundgebung präsentiert.

„Hemer ist aufgestanden, Hemer ist bunt“, meldete sich gleich zu Anfang Katja Schönenberg vom Friedensbündnis Hemer zu Wort. Sie dankte allen Teilnehmern, dass „sie Haltung zeigen und wir hier zusammenstehen“. Es sei wichtig, die Vergangenheit nicht zu vergessen. Eine demokratische Gesellschaft könne verschiedene Meinungen aushalten, stelle sich aber gegen rechtsradikales Gedankengut. Mittlerweile sei der Punkt gekommen, dass die schweigende Mehrheit nicht länger zuschauen dürfe.

Appelle zum Urnengang bei den anstehenden Wahlen
„Unsere Demokratie ist wehrhaft“, erklärte auch Thomas Krüger vom Friedensbündnis. Er plädierte dafür, zur Wahl zu gehen. In diesem Jahr zur Europawahl am 9. Juni und im kommenden Jahr 2025 zur Bundestags- und Kommunalwahl. „Wählt eine demokratische Partei, welche es auch immer sein wird“, forderte er.

„Für Rechtsextremismus ist in Hemer kein Platz“, positionierte sich auch Bürgermeister Christian Schweitzer. Im Angesicht der deutschen Geschichte und der Gräueltaten des NS-Regimes sei es jeden Tag im Jahr wichtig, für die Demokratie einzustehen. Er plädierte ebenfalls dafür, zur Wahl zu gehen. Anstatt aus Protest rechte Parteien zu wählen, könne man sich einbringen. Veränderungen herbeiführen könne man zum Beispiel mit Bürgeranträgen. Das Gespräch suchen könne man bei den regelmäßigen Bürgermeistersprechstunden.

„Mache Demokratie zu deinem Hobby“, zitierte Sven Schau vom Friedensbündnis eine Berliner Demonstrantin. Rassistischen und menschenverachtenden Sprüchen solle man deutlich, aber ohne Hass widersprechen. Mit anderen Blickwinkeln, Informationen und Verweis auf das Grundgesetz könne man auch Stellung in den „teils asozialen Netzwerken“ beziehen. Zu den Plänen der AfD zur „Remigration“ sagte er: „Wir sind ein Einwanderungsland und müssen deshalb attraktiv für Menschen sein, die aus anderen Ländern in der Welt zu uns kommen, um uns mit ihrer Arbeitskraft zu helfen.“

„Die Nazis müssen vor uns Angst haben, nicht wir vor ihnen“
Der aus Menden stammende und nun in Hemer ansässige Uwe Sorber blickte auf eine Aktion vor rund 35 Jahren zurück. Dabei wurde eine rechte Gruppe aus Neonazis mit friedlichen Mitteln zurückgedrängt. Man habe eine Telefonkette gebildet und habe dann gegenüber den Neonazis Präsenz gezeigt. „Die müssen Angst vor uns haben und nicht wir vor ihnen“, erklärte er dazu. Auch weitere Redner meldeten sich. Unter anderem stellte Pfarrerin Gaby Bach fest, dass die Grenze, was Demokratie aushalten kann, überschritten sei und man nun Flagge zeigen müsse. Ruth Ueberfeld betonte: „Von mir aus wählen sie die CSU, nur dass sie mir nicht die AfD wählen.“

„Die Würde des Menschen und nicht nur des deutschen Menschen ist unantastbar“, ergänzte Katja Schönenberg. Teil der Demonstration war auch ein Lied aus dem Warschauer Ghetto des 1942 im Vernichtungslager Treblinka gestorbenen David Eisenstadt, das von der Sängerin Petra Sichinger-Losch vorgetragen wurde. Mit dem Friedenslied „We shall overcome“ schloss die Kundgebung auf dem Hademareplatz.


Mitglieder von Friedensplenum und Heimatverein Letmathe hatten am Mittwoch zur Putzaktion der Stolpersteine an der Bahnhofstraße aufgerufen. Carsten Menzel
Diese beiden Stolpersteine erinnern an das Ehepaar Meyberg und sind nun wieder gut lesbar.
Iserlohner Kreisanzeiger, 26.01.2024

Schüler übernehmen Patenschaft für Stolpersteine

Die Messingplaketten im Gehweg, die an die Ermordung jüdischer Mitbewohner erinnern, sollen künftig das ganze Jahr über ins Auge fallen

Carsten Menzel

Letmathe Die Stolpersteine an der Bahnhofstraße, die an die Deportation und Ermordung des jüdischen Ehepaars Meyberg während der Nazi-Gewaltherrschaft erinnern, haben jetzt Paten bekommen: Schülerinnen und Schüler der Realschule werden künftig dafür sorgen, dass die Messingplaketten sauber und lesbar bleiben.

Die Patenschaft hat sich spontan am Mittwochnachmittag ergeben: Friedensplenum und Heimatverein Letmathe hatten zu einer Putzaktion aufgerufen, um die beiden in den Gehweg vor dem Wohnhaus Bahnhofstraße 2 eingelassenen Messingplatten mit den persönlichen Daten von Cäcilia und Julius Meyberg zu säubern. Das hatte zuletzt vor einem Jahr stattgefunden, und da auch vor dem internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, der an die Verfolgung und Ermordung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger während des Dritten Reiches erinnert. Der Gedenktag geht auf den 27. Januar 1945 zurück, als die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit hat. Die beiden Stolpersteine weisen darauf hin, dass auch Cäcilie und Julius Meyburg aus Letmathe deportiert und später ermordet wurden; sie wurden zunächst nach Theresienstadt verschleppt und starben im Konzentrationslager Treblinka.

„Wir tragen persönlich keine Schuld an der Vergangenheit. Aber wir sind in die Geschichte verwickelt“, stellte Pfarrer i. R. Burckhardt Hölscher zu Beginn des Treffens an den Stolpersteinen fest. Jeder trage heute „Verantwortung für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft“, formulierte der Theologe und leitete daraus auch ab, nicht Rechtsextremen und Neonazis die Deutungshoheit über den Begriff Heimat zu überlassen: Zur Heimat gehöre auch „die ungeschönte Erinnerung“ daran, was während der Nazi-Herrschaft geschehen sei, damit sich Geschichte nicht wiederhole. Burckhardt Hölscher erinnerte an die Aussage des AfD-Politikers Alexander Gauland, der die zwölf Jahre Nazi-Diktatur als „Vogelschiss“ in der langen deutschen Geschichte zu relativieren und abzutun versucht hatte.

Wie schnell – wenn auch in diesem Fall unbeabsichtigt – Erinnerungskultur auch verschwinden kann, hat sich jetzt auch in Letmathe gezeigt: Beim Bau des neuen Doppelkreisverkehrs ist versehentlich der Stolperstein, der an der Hagener Straße in Höhe Haus Nr. 57 an das Schicksal von Julius Koppel erinnert, bei Tiefbauarbeiten ausgehoben und im Bauschutt gelandet. Allerdings ist das noch rechtzeitig aufgefallen: Burckhardt Hölscher hat den Stein samt Messingplakette inzwischen in Verwahrung genommen und am Mittwoch mitgebracht. Auch diese Plakette ist gereinigt worden. „Der Stein kommt nach Abschluss der Bauarbeiten wieder zurück an seinen Platz“, berichtete Hölscher.

Damit die Messingplaketten künftig das ganze Jahr glänzen und so auch ins Auge fallen, hat die Realschule die regelmäßige Reinigung übernommen. Lehrerin Ursula Dorsch sagte die Übernahme am Mittwoch zu. Mit Lara und Daniella haben zwei Schülerinnen der Jahrgangsstufe 9 am Mittwoch bereits zu Schwamm, Stahlwolle und Polierpaste gegriffen.


Hunderte Menschen folgten dem Aufruf zur Demonstartion auf dem Alten Rathausplatz.
Mit selbstgestalteten Plakaten machten die Teilnehmer deutlich, worum es ihnen ging.
Iserlohner Kreisanzeiger, 20.01.2024

Iserlohn sagt deutlich „Nein“ zu Rassismus

Rund 400 Menschen setzen in Iserlohn ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und die AfD

Miriam Mandt-Böckelmann

Iserlohn Am Freitagnachmittag setzte die Iserlohner Bürgerschaft ein Zeichen für Demokratie und Menschlichkeit, gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und das Erstarken der AfD. Rund 400 Menschen vor allem aus Iserlohn, aber auch aus Hemer waren dem Aufruf des Friedensplenums rund um Detlev Paul und Andreas Demke gefolgt und mit selbst gestalteten Plakaten und bunten Fahnen zum Alten Rathausplatz gekommen. In zum Teil bewegenden Reden machten Vertreter der Stadt, von Parteien, Interessensgruppen, Kirchen sowie Privatpersonen klar: „Die demokratische Grundordnung ist unser höchstes Gut! Nie wieder sollen in Deutschland Rassismus und Antisemitismus die Oberhand gewinnen“, sagte Detlev Paul.

Die Stimmung unter den Demonstranten war gut, mit warmen Herzen trotzten sie der Eiseskälte. Alt und Jung einte ein Ziel: „Wir sollen zueinander alle nett sein“, erklärt Lena (5) aus Iserlohn. So haben es die Eltern ihr und dem kleinen Bruder Felix (3) erklärt. Die Botschaft des Abends in sechs Worte gepackt – es kann so einfach sein.

Gottfried Pielhau aus Hemer hatte einen Spruch des Musikers Udo Lindenberg auf ein Plakat geschrieben. Darin geht es darum, sich zu inspirieren und zu respektieren. Schöner könne er es nicht sagen, meinte Pielhau: „Es ist höchste Zeit, dass wir alle den ,Arsch hoch‘ bekommen.“

AfD entzaubern und ihr das Wasser abgraben
Andreas Emerling aus Altena hofft, dass die „schweigende Mehrheit endlich aufgewacht ist“. In Deutschland seien die „Sofasitzer“ zu verbreitet. Die Botschaft auf Emerlings selbst gemaltem Plakat ist klar: Sie richtete sich an die AfD und ist weder nett noch jugendfrei. Von einem AfD-Verbot hält er nichts: „Wir müssen sie entzaubern und ihr das Wasser abgraben.“

Ayman Alaiz, Vorsitzender des Iserlohner Integrationsrates, begeisterte mit seinen emotionalen und kämpferischen Worten. Zwar bestehe die Identitäre Bewegung bundesweit nur aus rund 500 Menschen, aber ihre Ideen seien von der AfD übernommen worden und so in der Mitte der Gesellschaft angekommen. „Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund denken inzwischen darüber nach, Deutschland zu verlassen, weil sie den Alltagsrassismus nicht mehr aushalten“, sagte Alaiz.

Ich bleibe und ich kämpfe. Denn ich bin stolz, ein Iserlohner zu sein. Iserlohn ist meine Heimat, und ich lasse mich nicht vertreiben.
Ayman Alaiz, Vorsitzender des Integrationsrates

Auch er selbst habe schon darüber nachgedacht, gab er zu – und in der Menge wurde es ganz still. Wer jeden Tag Diskriminierung erfahre, sei es auf der Wohnungs- oder Jobsuche, wer jeden Tag erlebe, dass er unter Generalverdacht stehe und die Diskussionen um eine deutsche Leitkultur höre, wer angegriffen und beleidigt werde, müsse sich fragen, ob er in Deutschland noch zu Hause sein wolle, so Alaiz.

Doch aufgeben, diesen Gefallen wolle er den Kämpfern gegen die Demokratie nicht machen: „Ich bleibe und ich kämpfe. Denn ich bin stolz, ein Iserlohner zu sein. Iserlohn ist meine Heimat, und ich lasse mich nicht vertreiben“, so der Vorsitzende des Integrationsrates.

Bürgermeister Michael Joithe rief die „stille Mehrheit“ auf, das Feld nicht der AfD zu überlassen. „Wir haben viele Probleme in Deutschland, die endlich angegangen werden müssen“, sagte Joithe. „Aber die Alternative ist es nicht, Extremisten zu wählen, die unsere demokratische Grundordnung in Frage stellen.“ Grünen-Ratsfrau und Flüchtlingshelferin Sylvia Olbrich meinte: „Das Grundgesetz ist keine Verhandlungssache, es ist das Fundament, das unsere Gesellschaft zusammenhält.“

Ercan Atay („DieIserlohner“) erklärte: „Deutschland ist ein Einwanderungsland. Und das wird auch immer so bleiben.“ Fest stehe aber auch, dass das Herausforderungen mit sich bringe: „Denn es gibt Menschen, die sich nicht integrieren wollen und sich nicht an die freiheitlich demokratische Grundordnung halten.“ Diese gehörten „hier nicht hin“. Gezielte Maßnahmen, zum Beispiel im Bereich der Bildung, könnten hier sinnvoll sein.

Klaus Stinn riet dazu, „die AfD zu entzaubern“, indem man die Fakten nenne, für die diese Partei stehe: „Sie sind strikt gegen Mindestlöhne, lehnen Gewerkschaften ab, haben gegen ein höheres Bürgergeld gestimmt, sind gegen den Klimaschutz und gegen Höherbesteuerung von Vermögenden“, sagte Stinn. Sein Rat: „Fragt die AfD, was sie uns allen denn eigentlich zu bieten oder nicht zu bieten hat.“ Manuel Huff (Die Linke) erzählte von seinem Großvater, der aufgrund seiner Herkunft selbst Verfolgung erlitten habe und im KZ saß. Für Huff ist klar: „Nie wieder! Antifaschismus ist und bleibt der Grundkonsens der Bundesrepublik Deutschland, und das werden wir gemeinsam verteidigen. Die Alternative für Deutschland ist keine Alternative.“

Kommentar

Guter Anfang

Torsten Lehmann

Das war am Freitagnachmittag doch schon mal ein gutes und wichtiges Zeichen: Auch in Iserlohn gehen die Menschen auf die Straße, weil sie der AfD und dem Rassismus die Stirn bieten wollen. In ihrer offiziellen Schätzung ging die Polizei von 300 bis 400 Teilnehmern aus. Wer auf dem Alten Rathausplatz in der Menge stand und sich umblickte, hatte den Eindruck, dass es mehr waren. Und das Erfreuliche war nicht nur diese Resonanz trotz der sehr kurzfristigen Ankündigung, sondern auch, dass sich die Breite unserer Gesellschaft auf dem Platz widerspiegelte. Von den Teilnehmern mit Migrationshintergrund, die beim nächsten Mal gerne noch stärker vertreten sein dürfen, hielt einer die eindringlichste Rede: Ayman Alaiz, der Vorsitzende des Integrationsrates. Es wäre gut und wichtig, wenn alle seinen Worten Taten folgen lassen und auch im Alltag überall dort, wo sie Rassismus und Ausgrenzung mitbekommen, aufstehen und dagegen angehen.


Iserlohner Kreisanzeiger, 19.01.2024

Friedensplenum: Demo gegen Rassismus

An diesem Freitag auf dem Alten Rathausplatz

Iserlohn Nachdem ein Geheimtreffen öffentlich wurde, bei dem Rechtsradikale unter anderem auch mit Vertretern der AfD Pläne für eine Deportation von Menschen mit Migrationshintergrund geschmiedet haben sollen, ruft das Friedensplenum zu einer Kundgebung gegen rassistisches Gedankengut auf. „Wir wollen uns auch in Iserlohn dagegenstellen und unsere Verbundenheit miteinander klar und deutlich zeigen“, heißt es in dem von Andreas Demke und Detlev Paul unterzeichneten Aufruf des Friedensplenums.

Die Demonstration findet an diesem Freitag, 19. Januar, um 16.30 Uhr auf dem Alten Rathausplatz statt. Eingeladen sind „alle gutwilligen und demokratisch gesinnten Menschen“. Die Kundgebung hat das Motto „Lasst uns mit ,diesen Deutschen‘ nicht allein“.

Alaiz und Joithe als Redner
Als Redner haben der Vorsitzende des Iserlohner Integrationsrates, Ayman Alaiz, und Bürgermeister Michael Joithe zugesagt. Dann soll möglichst vielen Menschen auch die Möglichkeit gegeben werden, ihre Erfahrungen oder Besorgnis zum Ausdruck zu bringen. Das Friedensplenum bittet die Menschen, die dazu etwas beitragen möchten, um eine kurze vorherige Rückmeldung per Mail unter info@friedensfestival.de .

Die Veranstalter machen in ihrem Aufruf klar: „Die schweigende Mehrheit darf auch in Iserlohn nicht schweigen, sondern soll sich klar gegen Rassismus und für das friedliche und freundliche Zusammenleben und den Erhalt der Demokratie in unserer Stadt und unserem Land einsetzen. Dafür veranstalten wir diese Kundgebung. Rassismus ist keine Meinung. Rassistischen Sprüchen und Plänen muss von vielen Menschen widersprochen werden.“

Nach dem Bekanntwerden des Geheimtreffens hatte es deutschlandweit schon in den vergangenen Tagen zahlreiche Kundgebungen gegen Rechtsextremismus mit insgesamt mehreren zehntausend Teilnehmern gegeben.