FriedensPlenum Iserlohn
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An die Staatsanwaltschaft Hagen
Die Leitende Oberstaatsanwältin
Frau Birgit Cirullies
Lenzmannstrasse 16 – 22
58095 Hagen

Iserlohn 28.08.2009

Strafanzeige gegen Anthony Charles Lyton Blair wegen Verstosses gegen das Völkerstrafgesetzbuch § 1 und § 7 Abschnitt 1 Nr. 1 und § 12 Abschnitt 1 Nr. 1

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich Strafanzeige gegen Anthony Charles Lyton Blair geb. 06.05.1953 in Edinburgh (GB) wegen Verstosses gegen das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) § 1 und § 7 Abschnitt 1 Nr. 1 und § 12 Abschnitt 1 Nr. 1 sowie alle anderen im Zusammenhang mit dem Einsatz britischer Einheiten bei dem Krieg gegen den Irak ab 2003 und seine Folgen in Betracht kommenden Straftaten.

Begründung:

Zwischen April 2002 und Dezember 2003 nahm der Beschuldigte als Ministerpräsident des Vereinigten Königreichs von Grossbritannien und Nordirland an der Planung und Durchführung eines Angriffskrieges gegen die Republik Irak federführend teil, wissend, dass es hierfür keine Legitimation seitens des höchsten Forums der internationalen Gemeinschaft, der Vereinten Nationen, gab. Unter dem Vorwand, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen in erheblichen, die westlichen Staaten unmittelbar bedrohenden Umfange verfüge, täuschte der Beschuldigte die internationale Öffentlichkeit über den eigentlichen Beweggrund des Krieges, den „Regime Change“, hinweg. In diesem Zusammenhang hat er sich in mehreren Punkten nach dem Völkerstrafgesetzbuch schuldig gemacht.

Vorbereitung des völkerrechtswidrigen Angriffs auf den Irak

In einem Treffen mit dem ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush am 06.04.2002 in Crawford, Texas stimmte er dem Plan Bushs, das irakische Regime zu stürzen, zu. Dies wurde auf einer Pressekonferenz am gleichen Tag bestätigt.(1) Nach seiner Rückkehr nach Grossbritannien befahl er seinen Ministern und Angestellten, die juristische und völkerrechtliche Begründbarkeit sowie die technische Durchführbarkeit einer militärischen Invasion des Irak zu prüfen. In einem Memorandum des Amtes des Ministerpräsidenten an seine Minister vom 22.07.2002 erklärte er sein Einverständnis mit dem Plan George W. Bushs, das irakische Regime zu stürzen. In der Sitzung des britischen Kabinetts am 23.07.2002 betonte der Aussenminister, dass die rechtliche Grundlage der Invasion auf dünner Basis stehe, da die Fähigkeit Saddam Husseins, Massenvernichtungswaffen einzusetzen, geringer sei als bei Ländern wie Libyen, Nordkorea oder Iran. Der Justizminister stellte fest, dass der Wunsch nach einem Regimewechsel im Irak kein juristische Grundlage für einen militärischen Angriff darstelle. Er nannte drei mögliche juristische Begründungen für einen Angriff: Selbstverteidigung, Humanitäre Intervention oder ein Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Die erste und zweite Begründung wurden als untaugliche Rechtsgrundlage verworfen. Eine juristische Begründung des Angriffs unter Bezugnahme auf die Resolution 1205 des UN-Sicherheitsrats würde schwierig. Der Aussenminister schlug ein Ultimatum gegen den Irak zur sofortigen Wiederaufnahme der UN-Waffenkontrollen vor. Der Beschuldigte, der damalige Premierminister Blair betonte, dass es politisch und rechtlich einen grossen Unterschied mache, wenn Saddam Hussein die Untersuchungen der UN-Waffenkontrolleure verweigere.(2)

In den folgenden Monaten verfolgte die britische Regierung unter dem Beschuldigten Blair aktiv die Planung der Stationierung britischer Truppen in der Region, um an einer Invasion einer „Coalition of the Willing“ teilzunehmen. In denselben Zeitraum wurde Justizminister Goldsmith beauftragt, eine rechtliche Begründung für die Invasion zu finden. Am 08.11.2002 beschloss der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1441, in der der Irak aufgefordert wurde, die Waffeninspektoren der UN ihre Arbeit im Irak wieder aufnehmen zu lassen. Am 13.11.2002 akzeptierte der Irak diese Resolution und ermöglichte somit die Wiederaufnahme der Arbeit von Dr. Hans Blix und seines UN-Waffeninspektionsteams.

In einem Bericht an das britischen Unterhauses vom 20.01.2003 berichtete das Verteidigungsministerium über die Stationierung britischer Streitkräfte in der Golfregion. Demnach waren bereits zu diesem Zeitpunkt etwa 26,000 britischer Bodentruppen in der Golfregion stationiert.(3)

Am 27.01.2003 berichtete der Leiter der UN-Waffeninspekteure im Irak, Dr. Hans Blix, dem UN-Weltsicherheitsrat über den Stand der Inspektion. Danach hat der Irak den Inspektoren zu allen gewünschten Einrichtungen Zugang gewährt und auch an der Vernichtung von Raketen, die mit Massenvernichtungswaffen bestückt werden könnten, mitgewirkt. Massenvernichtungswaffen wurden bis zu diesem Zeitpunkt nicht entdeckt. Blix plädierte dafür, die Inspektionen fortzusetzen.

Am 05.02.2003 präsentierte der amerikanische Aussenminister Colin Powell dem UN-Sicherheitsrat Beweise für den Besitz von Massenvernichtungswaffen durch den Irak. Eine der Quellen hatte seinen Ursprung beim deutschen Bundesnachrichtendienst. Der BND befragte den Irakischen Asylbewerber Rafid Ahmed Alwad (Deckname: Cur­veball), der behauptete, dass der Irak über Massenvernichtungswaffen verfüge und solche produziere. Der BND stufte die Quelle als fragwürdig ein, gab die Information aber trotzdem an die CIA weiter. Diese Information ist mittlerweile als Fehlinformation bestätigt, und Colin Powell hat im Nachhinein sein Bedauern über sein Statement vor dem Sicherheitsrat ausgedrückt.

Am 17.3.2003 forderten Bush, Blair und der damalige spanische Ministerpräsident Az­nar in einer Pressekonferenz auf den Azoren, den Irak erneut auf, „voll“ zu kooperieren und drohten andernfalls mit den in der UN-Resolution 1441 und früheren Resolutionen angekündigten ernsten Konsequenzen.(4)

Am selben Tag veröffentlichte die britische Regierung eine Botschaft an den Irak und das irakische Volk, in dem ihre „Vision“ für eine Nach-Saddam-Ära im Falle eines militärischen Eingreifens beschrieben wird.(5)

Einen Tag später, am 18.03.2003, begründete der Beschuldigte Blair vor dem britischen Unterhaus die Entscheidung seiner Regierung, Krieg gegen den Irak zu führen. Am selben Tag wandte sich der damalige US-Präsident Bush an die amerikanische Öffentlichkeit. Er stellte Saddam Hussein und seinen Söhnen ein Ultimatum, den Irak innerhalb von 48 Stunden zu verlassen und rief das irakische Militär dazu auf, keine Massenvernichtungswaffen einzusetzen und entsprechende Befehle zu ignorieren. In Erinnerung blieb vor allem ein Satz: Kriegsverbrechen werden vor Gericht gebracht, Kriegsverbrecher werden bestraft.

Die Chronologie der Kriegsplanungen lässt keinen Zweifel daran, dass der ausgedehnte Angriff auf den Irak vom Beschuldigten Blair über einen langen Zeitraum hinweg systematisch mit geplant wurde. Gleichzeitig ist der Versuch die Invasion auf eine wie auch immer geartete rechtlich begründete Grundlage zu stellen gescheitert. Dies hat ihn aber nicht dazu bewegt von dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg abzusehen, sondern er hat ohne jede internationale Legitimation den Überfall auf den Irak mit betrieben. Die Invasion des Irak ab dem 20.03.2003 führte zum Tod zehntausender irakischer Staatsbürger, darunter in erheblichem Umfang Frauen, Kinder und weitere Zivilpersonen. Damit hat er gegen § 7 Absatz 1 Nr. 1 VStGB verstossen. Der Angriff führte zu einer langjährigen und noch andauernden Destabilisierung des zivilen Lebens im Irak auch in den Gebieten, in die die britischen Truppen einmarschiert sind, die sie bis 2008 besetzt gehalten haben und die sie verlassen haben, ohne die Ziele „Frieden, Wohlstand, persönliche Freiheit, eine gut funktionierende Regierung, und Rechtsstaatlichkeit, die unter der Verantwortung des Beschuldigten Blair vor den Kriegseintritt am 17.03.2003 formuliert wurden, erreicht zu haben. Bis zum heutigen Tage sind die Lebensbedingungen der Bevölkerung des Irak als Folge des Angriffes zum Regimewechsel und der folgenden Besatzung nachhaltig gestört.

Der Einsatz uranummantelter Munition durch britische Truppen während der Kampfhandlungen führte zu einer Vergiftung der betroffenen Gebiete. Munition mit abgereichertem Uran ist toxisch und radioaktiv. Die Verstrahlung der betroffenen Gebiete hat für die ansässige Bevölkerung katastrophale Folgen wie die Zunahme von Leukämie und Missbildungen bei Neugeborenen. Dies wird aktuell aus dem Irak berichtet,(6) musste dem Beschuldigten aber bereits vor dem Einsatz im Irakkrieg 2003 bekannt gewesen sein. Denn bereits nach dem Irakkrieg 1991 wurden die langfristigen Folgeschäden von Uranmunition gerade in dem Gebiet um Basra (dem Einsatzgebiet der britischen Truppen im Krieg 2003) untersucht und von unabhängiger Seite veröffentlicht. Dies stellt einen bewussten Verstoss gegen § 12 Absatz 1 Nr. 1 VStGB dar, der die Verwendung von Gift und vergifteten Waffen in Zusammenhang mit einem internationalen Konflikt unter Strafe (Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren) stellt.

Der Einsatz von Streubomben durch die britische Armee verstösst auch gegen das Völkerrecht, weil in einem hohen Mass auch Zivilisten gefährdet und getötet werden. Auch wenn die britische Regierung den Einsatz verharmlost, wurden 66 Abwürfe durch die britische Regierung zugegeben.(7) Die britische Nachfolgeregierung hat inzwischen auf den Einsatz dieser Waffen verzichtet.

Die sofortige Festnahme unmittelbar vor, während oder unmittelbar nach der angekündigten Rede des Beschuldigten auf dem Campus-Symposium in Iserlohn, Reiterweg 26, am 4. September gegen 17 Uhr ist möglich, weil Tony Blair als Privatperson zum Zwecke eines Vortrages ohne einen Auftrag von EU, UN oder der britischen Regierung einreist und daher keine diplomatische Immunität geniesst und geboten, weil Fluchtgefahr gegeben ist, da der Beschuldigte den Zuständigkeitsbereich deutscher Strafverfolgungsbehörden im Anschluss vermutlich bald wieder verlassen wird.

Da sich ohnehin genügend Polizeikräfte bei der Veranstaltung befinden werden, ist die Verhaftung leicht durchzuführen.

Ich bitte um eine kurze Eingangsbestätigung und um Mitteilung des Aktenzeichens.

Mit freundlichen Grüssen

John Bell

Friedensplenum Iserlohn